Elias Vorpahl im Interview

by Zeichensetzerin Alexa

Phy­si­ker benut­zen die Mathe­ma­tik als ihre Spra­che. Das Fun­da­ment der Mathe­ma­tik ist Logik. Es darf keine Wider­sprü­che geben. Kann man aus einer Behaup­tung einen Wider­spruch ablei­ten, gilt dies in der Mathe­ma­tik als Beweis dafür, dass die Behaup­tung nicht stimmt. Dies hat mir gehol­fen, als ich mir für das Buch über­le­gen musste, wie die Welt der Spra­che funktioniert.

Nach­dem Zei­chen­set­ze­rin Alexa in „Der Wort­schatz“ tief in die Welt der Spra­che ein­ge­taucht ist, wollte sie nun mehr vom Autor Elias Vor­pahl erfah­ren. Im Inter­view erzählt er unter ande­rem, wie es zu der Koope­ra­tion mit der Illus­tra­to­rin Julia Stolba und der Desi­gne­rin Lena Stad­ler kam, was es mit dem Buch­blatt Ver­lag auf sich hat und wie sich Mathe­ma­tik mit Spra­che ver­knüp­fen lässt.

BK: Es geht in dei­nem Debüt „Der Wort­schatz“ um das Wort, das seine Bedeu­tung ver­lo­ren hat, und unter ande­rem um Wör­ter, die „wich­ti­ger“ sind als andere. Gibt es wel­che, die dir per­sön­lich wich­tig sind oder die für dich eine grö­ßere Bedeu­tung haben?

EV: Im Buch trifft das Wort auf ver­meint­lich wich­tige Wör­ter: Hoch­mut, Beflis­sen­heit, Facet­ten­reich­tum. Aber auch kleine Wör­ter, die auf den ers­ten Blick unwich­tig erschei­nen, kön­nen große Bedeu­tung haben. Ich per­sön­lich lerne im Moment ganz viele neue Wör­ter ken­nen und sogar neue Buch­sta­ben – ich lerne Bul­ga­risch. Ein neues Wort, das mir gefällt, ist ъгъл. Es ist das ein­zige Wort, das mit dem kyril­li­schen Buch­sta­ben ъ beginnt. Erstaun­lich, nicht wahr?

BK: Das ist tat­säch­lich erstaun­lich! Bis­her ist mir kein ver­gleich­ba­res Wort im Kyril­li­schen begeg­net. In „Der Wort­schatz“ spielst du ja viel mit Spra­che – es fin­det sich aber auch so man­cher Ver­weis auf andere Geschich­ten, bei­spiels­weise „Alice im Wun­der­land“. Inwie­weit haben diese Geschich­ten beim Schrei­ben an dei­nem eige­nen Roman eine Rolle gespielt?

EV: Sie haben eine große Rolle gespielt. Bei „Alice im Wun­der­land“ fas­zi­niert mich die Leich­tig­keit, mit der Lewis Car­roll die Geschichte erzählt. Auf ganz natür­li­che Weise ist im Wun­der­land alles mög­lich, so lange sich die erzähl­ten Wun­der ähn­lich anfüh­len. Beim „Wort­schatz“ ist es die Welt der Spra­che, die der Fan­ta­sie alle Mög­lich­kei­ten eröff­net. In dem Kapi­tel „Eine ver­rückte Tee­party“ habe ich das Set­ting aus dem Kapi­tel „A Mad Tea-Party“ aus Carroll’s Roman auf­ge­grif­fen. Es gibt sogar einen Hutmacher.

BK: Inter­tex­tua­li­tät, Sprach­wan­del – es wirkt bei­nahe so, als hät­test du zumin­dest die Ein­füh­rungs­kurse der Ger­ma­nis­tik besucht, stu­diert hast du aber Mathe­ma­tik. Lässt sich Spra­che auch mit Mathe­ma­tik verknüpfen?

EV: Phy­si­ker benut­zen die Mathe­ma­tik als ihre Spra­che. Das Fun­da­ment der Mathe­ma­tik ist Logik. Es darf keine Wider­sprü­che geben. Kann man aus einer Behaup­tung einen Wider­spruch ablei­ten, gilt dies in der Mathe­ma­tik als Beweis dafür, dass die Behaup­tung nicht stimmt. Dies hat mir gehol­fen, als ich mir für das Buch über­le­gen musste, wie die Welt der Spra­che funk­tio­niert. Wie spre­chen Wör­ter? Was pas­siert mit den Wor­ten, die von Wör­tern gespro­chen wer­den usw.? Mathe­ma­ti­ker ten­die­ren dazu, Fra­ge­stel­lun­gen bis an ihre logi­schen Gren­zen, also ad absur­dum zu füh­ren. Ich glaube, auch „Alice im Wun­der­land“ ist so ent­stan­den. Lewis Car­roll war auch Mathematiker.

BK: Wie kam es eigent­lich zu der Koope­ra­tion mit der Illus­tra­to­rin Julia Stolba und der Desi­gne­rin Lena Stad­ler? Sind wei­tere gemein­same Pro­jekte geplant?

EV: Ich hatte damals ver­schie­dene Hoch­schu­len ange­schrie­ben, ob sie Stu­den­ten ken­nen, die Lust auf die Illus­tra­tion eines Buches hät­ten. Julia hat sich dar­auf­hin bei mir gemel­det. Sie war an der LMU in Mün­chen in Kunst­ge­schichte und Bil­dende Kunst ein­ge­schrie­ben. Ich hatte gro­ßes Glück. Ihre Illus­tra­tio­nen sind wun­der­bar. Lena habe ich durch Zufall in Ber­lin ken­nen­ge­lernt. Sie war die Mit­be­woh­ne­rin von Freun­den. Als ich erfuhr, dass sie Desi­gne­rin ist und gro­ßes Inter­esse spe­zi­ell am Buch­de­sign hatte, ent­schlos­sen wir, zusam­men am „Wort­schatz“ zu arbei­ten. Ich will defi­ni­tiv wie­der mit den bei­den zusam­men­ar­bei­ten. Bei mei­nem nächs­ten Pro­jekt wird es zwar keine Illus­tra­tio­nen im Innen­teil geben, aber viel­leicht kann Julia auch wie­der etwas zum Cover beitragen.

BK: An wel­chen lite­ra­ri­schen Pro­jek­ten arbei­test du denn derzeit?

EV: Ich schreibe regel­mä­ßig Kurz­ge­schich­ten, die auf www​.pro​s​a​thek​.de ver­öf­fent­licht wer­den. Der „Wort­schatz“ soll auch ins Eng­li­sche über­tra­gen wer­den. Da würde ich gerne eng mit dem Über­set­zer zusam­men­ar­bei­ten, weil sich inhalt­lich viele Dinge nicht so ein­fach aus der deut­schen Spra­che ins Eng­li­sche über­tra­gen las­sen. Außer­dem habe ich die Idee für einen zwei­ten Roman. 2020 möchte ich mit der Arbeit daran beginnen.

BK: Was hat es eigent­lich mit dem Buch­blatt Ver­lag auf sich?

EV: „Der Wort­schatz“ ist im Eigen­ver­lag erschie­nen. Auf dem Weg zur Ver­öf­fent­li­chung haben wir viel gelernt und sind ein gut ein­ge­spiel­tes Team gewor­den, sodass ich unser Wis­sen auch gerne ande­ren Autoren zur Ver­fü­gung stel­len möchte. Dies soll unter dem Namen Buch­blatt Ver­lag gesche­hen. Wer mir also Manu­skripte schi­cken möchte, die auch ins Mär­chen­hafte gehen und gut zum „Wort­schatz“ pas­sen, ist dazu herz­lich eingeladen.

BK: Dann sol­len wei­tere Bücher – auch von ande­ren Autoren und Autorin­nen – im Buch­blatt Ver­lag erscheinen?

EV: Ja! Das wäre toll, wird aber ver­mut­lich noch eine Weile dauern.

BK: Im Buch steht der Hin­weis „Schi­cke uns Deine Geschichte aus der Welt der Spra­che, und sorge dafür, dass eine Welt leben­dig bleibt: www​.der​-wort​schatz​.de“ – der Inter­net­auf­tritt ist zwar noch nicht ver­füg­bar, aber was kön­nen Inter­es­sierte dahin­ter erwar­ten? Und steht schon fest, wann die Seite auf­ruf­bar sein wird?

EV: Im „Wort­schatz“ geht es auch darum, wie wir mit Fan­ta­sie Geschich­ten zum Leben erwe­cken. Im Buch ist nur ein klei­ner Teil der Welt der Spra­che beschrie­ben. Es gibt in die­ser Welt Orte, die ich gerne besu­chen würde. Es braucht aber jeman­den, der diese Orte zugäng­lich macht. www​.der​-wort​schatz​.de soll des­halb eine Platt­form wer­den, auf der jeder, der gerne schreibt, Geschich­ten aus der Welt der Spra­che hoch­la­den kann. Auch Illus­tra­tio­nen soll es geben. Ich suche im Moment jedoch noch jeman­den, der die Seite programmiert.

BK: Kann man dir in nächs­ter Zeit irgendwo beim Lesen zuhören?

EV: Am 21. März lese ich auf der Leip­zi­ger Buch­messe. Am 25. Mai lese ich bei Pro­sa­Tanzt im Ampere in Mün­chen. Das ist ein beson­de­res Kon­zept: Zuerst gibt es eine Stunde Lesung und danach Musik von DJ Rupidoo.

BK: Zwei bücher­städ­ti­sche Fra­gen zum Schluss: Wenn du ein Buch wärst, wel­ches wäre es?

EV: „Der Distelfink“.

BK: Und: Wel­che Frage hast du dir in einem Inter­view schon immer gewünscht? Wie würde deine Ant­wort auf die Frage lauten?

EV: Wem ist die Illus­tra­tion in Kapi­tel 10 nach­emp­fun­den, die den alten Mann mit Tin­ten­fass und Feder­kiel am Schreib­tisch sit­zend zeigt? Meine Ant­wort: Schau mal genau hin.

BK: Vie­len Dank, dass du dir die Zeit genom­men hast, die Fra­gen zu beantworten!

EV: Sehr gerne! Vie­len Dank für die tol­len Fragen.

Foto: pri­vat

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