Endlich groß werden!

by Zeichensetzerin Alexa

Wie sehr wün­schen sich Kin­der, so schnell wie mög­lich groß zu wer­den! So groß, dass sie an das Regal mit den Süßig­kei­ten her­an­kom­men, groß genug, um auf einem Karus­sell fah­ren zu dür­fen und schließ­lich so groß, um ernst genom­men zu wer­den. Denn Größe – so glau­ben sie – hat auch etwas mit Aner­ken­nung zu tun. Um diese kämpft der Dackel in Hans de Beers Bil­der­buch „Gus­tav ganz groß“ zwar nicht, doch ärgert er sich dar­über, dass er auf­grund sei­ner Größe nicht alles erbli­cken kann.

Gus­tav ist kaum ein Jahr alt und unglück­lich dar­über, dass er viel zu klein ist. Er sieht nicht, was auf dem Tisch steht, er schafft es nicht, irgendwo hin­auf zu kom­men und kommt sich in dem gro­ßen Park doch recht ver­lo­ren vor. Sein Blick­feld reicht nicht über seine Augen­höhe hin­aus und da hilft es auch nichts, dass ihn eine Dogge auf den Rücken nimmt – da oben bekommt er eher Angst als eine erwei­terte Sicht. Doch dann kommt dem klei­nen Dackel die Idee, zur gro­ßen Brü­cke zu gehen, um von dort aus eine bes­sere Aus­sicht zu haben. Dass sein Vor­ha­ben zu einem tur­bu­len­ten Aben­teuer wird, ist zu erwar­ten: Hoch­häu­ser, Stra­ßen­ver­kehr, Men­schen­ge­tum­mel – es ist für den klei­nen Dackel gar nicht so ein­fach, sich zurecht­zu­fin­den. Doch gerade dadurch, dass er sich die­ser Her­aus­for­de­rung stellt, zeigt er wahre Größe.

„Gus­tav ganz groß“ ist eines von vie­len Bil­der­bü­chern zum Thema „Groß­wer­den“, das sich nicht von der Masse abhebt. Zwar wird ein Lösungs­an­satz ange­bo­ten, jedoch schei­tert die Aus­sage des Bil­der­bu­ches an der Wahl der Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur: Fast schon tra­gisch endet die Geschichte damit, dass Gus­tav seine Größe nicht mehr als ein „gro­ßes Pro­blem“ ansieht, aber wei­ter­hin den Wunsch hegt, zu wach­sen – dass gerade der Dackel nie­mals wirk­lich „groß“ wird, ist in die­sem Kon­text trau­rig und komisch zugleich.

Viel­leicht hätte es mit dem Dackel als Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur auch funk­tio­niert. Aber dann hätte die Geschichte anders auf­ge­baut sein müs­sen: mehr „Größe von innen“, weni­ger in die Rich­tung „kör­per­li­che Größe“ – und wenn doch, dann hätte ich mir doch zumin­dest das Auf­zei­gen der Vor­teile, die das Klein­sein mit sich brin­gen, gewünscht. Viel­leicht aber liegt es schlicht an dem Aus­gang der Geschichte, der schluss­end­lich nur vor Augen führt, was in die­sem Fall nie­mals mög­lich sein wird.

„Gus­tav ganz groß“ ist damit ein net­tes Bil­der­buch für zwi­schen­durch, aber kei­nes, das ich für die päd­ago­gi­sche Arbeit nut­zen würde, um das Thema „Groß­wer­den“ mit den Kin­dern anzugehen.

Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Gus­tav ganz groß. Hans de Beer. Über­set­zung: Monika Götze. Nord­Süd-Ver­lag. 2015.

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