Familienzwist auf asgadianisch

by Geschichtenerzähler Adrian

Freun­din weg, Ham­mer weg, Papa weg und dann steht auch noch Ragna­rök bevor. Wenn das mal keine mie­sen Aus­sich­ten sind. Jetzt heißt es ent­we­der Trüb­sal bla­sen oder ordent­lich auf den Putz hauen. Regis­seur Taika Wai­titi hat sich für das letz­tere ent­schie­den und lie­fert mit „Thor – Tag der Ent­schei­dung“ ein Feu­er­werk der guten Laune. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian hat sich die­sen Spaß nicht ent­ge­hen lassen.

Nach­dem Thor (Chris Hems­worth) in „Aven­gers: Age of Ultron“ erfah­ren hat, dass eine große Bedro­hung für Asgard bevor­steht, begibt er sich auf die Suche nach Ant­wor­ten. Er fin­det sie bei dem Feu­er­dä­mon Sur­tur, der ihm eröff­net, dass Ragna­rök, die nor­di­sche Ver­sion der Apo­ka­lypse, kurz bevor­steht. Auch bringt er Thor auf die Fährte, dass der Odin, der in Asgard gerade regiert, nicht der ist, der er vor­gibt zu sein. Da Sur­tur eine wich­tige Rolle bei Ragna­rök spie­len wird, erschlägt Thor ihn kur­zer­hand und bringt seine Krone in die Schatz­kam­mer von Asgard. Er erhofft sich dadurch, das Ende aller Tage zu verhindern.

Zu Hause ange­kom­men, ent­tarnt er den fal­schen Odin als Loki (Tom Hidd­les­ton). Die­ser scheint dem Tod ein wei­te­res Mal ent­gan­gen zu sein. Auf Thors Drän­gen hin, gehen die bei­den Brü­der auf die Suche nach ihrem ver­schwun­den Vater. Sie fin­den ihn schließ­lich in Nor­we­gen. Kurz bevor Odin „stirbt“, offen­bart er sei­nen Söh­nen die Exis­tenz sei­ner Erst­ge­bo­re­nen: Hela, die Göt­tin des Todes (Cate Blan­chett). Nach Odins Tod würde Hela aus ihrem Gefäng­nis befreit wer­den, in das ihr Vater sie vor sehr lan­ger Zeit ein­ge­sperrt hat, und nach ihrem recht­mä­ßi­gen Erbe, dem Thron von Asgard, verlangen.

Es kommt wie von Odin pro­phe­zeit, denn kaum ent­schwin­det die­ser, taucht Hela auf und es kommt zum Kampf der drei Geschwis­ter. Bei die­sem zer­stört Hela ohne Pro­bleme Thors Ham­mer. Die bei­den Brü­der ver­su­chen durch den Bifröst zu ent­kom­men, wer­den jedoch von Hela ein­ge­holt und ins All geschleudert.

Wäh­rend Hela Asgard erobert, lan­det Thor durch ein Wurm­loch auf dem Müll­pla­ne­ten Sakaar, der vom exzen­tri­schen Grand­mas­ter (Jeff Gold­blum) beherrscht wird. Durch Scrap­per 142 (Tessa Thomp­son) gefan­gen genom­men, muss Thor nun zur Belus­ti­gung der Mas­sen als Gla­dia­tor in der Arena des Grand­mas­ters antre­ten, wo er auch sei­nen ehe­ma­li­gen Aven­ger-Kol­le­gen Hulk (Mark Ruf­falo) wie­der­trifft. Ebenso wie sei­nen Bru­der Loki. Trotz all der Ver­luste und Nie­der­la­gen gibt Thor nicht auf und will ein Team zusam­men­stel­len, um Asgard von Hela zurück zu erobern.

Die rich­tige Balance

Mit dem Film „5 Zim­mer, Küche, Sarg“ und den bei­den Thor-Kurz­fil­men bewies der neu­see­län­di­sche Regis­seur Taika Wai­titi, dass er trotz viel schrä­gem Humor die Ernst­haf­tig­keit nicht aus den Augen ver­liert. So merkt man bereits in den ers­ten Sze­nen, dass „Thor – Tag der Ent­schei­dung“ dem in kei­ner Weise nach­steht. Ist anfangs noch zu befürch­ten, der Film würde zu einem kin­di­schen Kla­mauk ver­kom­men, so zeigte sich, wie viel Tra­gik der Film trotz der vie­len Gags trans­por­tiert. Schließ­lich geht es in dem Film um Ver­lust – nicht nur auf der mate­ri­el­len Ebene, auch der Ver­lust von Kon­trolle. Die komi­schen Ele­mente sor­gen dafür, dass der Film nicht in die Schwer­mü­tig­keit abrutscht.

Auch das Set­ting ist von Wai­titi fan­tas­tisch gewählt. Er erschafft eine wun­der­bare Balance zwi­schen der Welt rund um Thor und die der neun Wel­ten sowie der Kulisse, in dem die „Guar­di­ans of the Galaxy“ agie­ren. So kommt durch Sci-Fi-Kulis­sen eine Ver­bin­dung zwi­schen den ver­schie­de­nen Mar­vel-Fil­men zustande und es ent­steht erst­mals der Ein­druck, dass diese bei­den Film­rei­hen im sel­ben Uni­ver­sum spielen.

Mar­vel und sein Pro­blem mit den Frauen

Weit­hin ern­tet Mar­vel viel Kri­tik, dass sie zu wenig Fokus auf ihre weib­li­chen Cha­rak­tere legen. Ein von Fans gewünsch­ter Film über die Vor­ge­schichte von Nata­sha Roman­off alias Black Widow blieb bis­her uner­füllt und scheint auch nicht in Pla­nung zu sein. Ebenso Gamora aus den „Guar­di­ans of the Galaxy“-Filmen schwankt auf dem­sel­ben Level zwi­schen bruch­stück­haf­ter, tra­gi­scher Vor­ge­schichte und Love Interest.

Nun warb Mar­vel mit Cate Blan­chett als Hela für die erste weib­li­che Gegen­spie­le­rin; also eine Haupt­ant­ago­nis­tin. Jetzt kann man natür­lich hof­fen, dass solch ein wich­ti­ger Cha­rak­ter gut beleuch­tet wird, um des­sen Motive für die Zuschauer ver­ständ­lich dar­zu­stel­len. Falsch gedacht. Helas Vor­ge­schichte und Motive sind in einem Satz erzählt – und zudem ohne Spoi­ler. Sie war wahn­sin­nig und ihr Vater Odin sperrte sie ein. Es ist eine ganz ein­fa­che „Daddy hat mich nicht mehr lieb“-Geschichte. Ja, Helas Geschichte ist tra­gisch, jedoch so platt prä­sen­tiert, dass es eine Schande ist für die Comic­ne­me­sis von Thor. All­ge­mein wirkt Oscar-Preis­trä­ge­rin Blan­chett ziem­lich unmo­ti­viert in ihrer Rolle, was man der Cha­rak­ter­schau­spie­le­rin kaum ver­den­ken kann. Ande­rer­seits muss man geste­hen, dass es auch eine ziem­lich schwere Auf­gabe ist, sich gegen Loki als Ant­ago­nis­ten durchzusetzen.

Ein Licht­blick ist dage­gen Tessa Thomp­son, wel­che als gefal­lene aber den­noch taffe Wal­küre eine wun­der­bare Rolle ablie­fert. Der kurze Ein­blick in ihre Ver­gan­gen­heit ist emo­tio­nal und packend, sodass es gar nichts wei­ter bedarf, um sich in ihren Cha­rak­ter hin­ein zu füh­len. Der ein­zige fade Bei­geschmack ist hier­bei, dass sie mit ihrer Rolle Jai­mie Alex­an­der – wel­che in den ers­ten bei­den Thor-Fil­men die Krie­ge­rin Sif ver­kör­perte – als star­ken weib­li­chen Cha­rak­ter ablöst. Diese hat näm­lich kei­nen Auf­tritt in „Thor – Tag der Entscheidung“.

Ein Hoch auf Charakterentwicklung

Bis auf Hela machen jedoch alle Haupt­cha­rak­tere eine merk­li­che Cha­rak­ter­ent­wick­lung durch. Thor durch­läuft, ver­gleich­bar mit dem ers­ten Thor-Film, eine wei­tere Selbst­fin­dungs­phase. Auf die Knie gezwun­gen durch viele Ver­luste macht sich Thor daran, neue Wege zu fin­den und nicht auf­zu­ge­ben. Dadurch ver­än­dert sich auch sein Cha­rak­ter, ebenso wie sein Haarschnitt.

Sei­nem Bru­der Loki merkt man an, dass er sich im Ver­gleich zum ers­ten Thor-Film stark wei­ter­ent­wi­ckelt hat. Zwar kann man ihm immer noch nicht ganz ver­trauen, was Teil sei­ner Rolle ist, aber den­noch glaubt man immer mehr, Lokis guten Kern zu sehen. Obwohl Hulks Geschichte um sein Welt­raumaben­teuer ziem­lich beschnit­ten wurde, basiert ein Groß­teil des Sze­na­rios in die­sem Film doch auf der Comic­sto­ry­line „Pla­net Hulk“. Es wird einem bewusst, dass der „Große Grüne“ nicht nur der bru­tale Hau-Drauf ist. Er ist nicht nur ein wüten­der Bruce Ban­ner, son­dern hat einen eige­nen eigen­stän­di­gen Cha­rak­ter und kämpft mit sich und sei­ner stän­di­gen Wut. Zur Ent­wick­lung von Wal­küre ist zu sagen, dass auch sie mit tra­gi­schem Ver­lust zu kämp­fen hat. Man erlebt, wie sie fällt, wie sie ver­sucht, den Schmerz mit Alko­hol zu unter­drü­cken, und durch das Anneh­men die­ses Schick­sals stär­ker als zuvor wie­der dar­aus hervorgeht.

Ein kur­zes sau­res Aufstoßen

Neben dem Ver­schwin­den von Sif und Jane Fos­ter ist es zudem trau­rig anzu­se­hen, wie die Freunde von Thor bei­nahe schon „pein­lich besei­tigt“ wer­den. Wäh­rend Hogun wenigs­tens noch ein paar Sätze sagen darf, bevor Hela ihn tötet, haben Fan­dral und Volstagg kei­ner­lei Chance mehr dazu. Es wirkt ziem­lich auf­ge­setzt wie Thors Freunde ein­fach aus­ge­tauscht wer­den. Ebenso wie das Aus­blei­ben jeg­li­cher Reak­tion von Thors Seite zum Tod sei­ner ehe­mals bes­ten Freunde.

Stop! Ham­mer­time!

Der Film ist bis auf die ent­täu­schende Ant­ago­nis­tin ein gelun­ge­ner Film. Nach dem schwa­chen zwei­ten Teil sorgt Num­mer drei wie­der für mehr Pepp im Thor-Uni­ver­sum. Die Cha­rak­tere brin­gen Stim­mung in den Kino­saal und vor allem das Zusam­men­spiel zwi­schen den bei­den Geschwis­tern Thor und Loki ist ein Fest für die Lach­mus­ku­la­tur. „Thor – Tag der Ent­schei­dung“ ist auf jeden Fall eine Emp­feh­lung für alle Fans von Super­hel­den-Fil­men und auch dar­über hinaus.

Thor – Tag der Ent­schei­dung. Regie: Taika Wai­titi. Dreh­buch: Chris­to­pher Yost et. al. Dar­stel­ler: Chris Hems­worth, Tom Hid­dels­ton, Jeff Gold­blum, Cate Blan­chett u.v.m. Walt Dis­ney. USA, 2017.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr