Flusskreuzfahrt mit dreifachem Wortwert

by Worteweberin Annika

In der Nor­man­die reg­net es tote Vögel – und nur der Prot­ago­nist in Vic­tor Pou­chets Debüt „Warum die Vögel ster­ben“ scheint sich dafür zu inter­es­sie­ren. Mit ihm ist Worte­we­be­rin Annika auf Fluss­kreuz­fahrt gegangen.

Der Ich-Erzäh­ler des Romans begibt sich von Paris aus auf der Seine Princess auf Fluss­kreuz­fahrt, um dem rät­sel­haf­ten Vogel­ster­ben in der Nor­man­die auf den Grund zu gehen. Immer­hin ging der Regen auch auf sein Hei­mat­städt­chen nie­der – sollte die dro­hende Apo­ka­lypse mit ihm selbst zu tun haben?

Mit „land­schaft­li­cher Unge­duld“ und Voll­pen­sion schip­pert er einer sehn­süch­tig erwar­te­ten Lösung ent­ge­gen. Sie wird ihn hof­fent­lich ange­mes­sen berühmt machen, wenn das seine nie­mals fer­tig­wer­dende Dok­tor­ar­beit schon nicht kann. Wahl­los beginnt er mit Recher­chen in der Bibel, bei Pli­nius, im „Buch der Ver­damm­ten“, kramt in Kind­heits­er­in­ne­run­gen an Hitch­cocks Film „Die Vögel“ und geret­tete Tau­ben. Auch wenn er dem Natur­phä­no­men so nicht wirk­lich bei­kom­men kann, nähert er sich ande­ren Ant­wor­ten, über sich, über das Leben.

„Scrabble ist so frus­trie­rend wie das Leben: […] Es gibt Men­schen mit zwei­fa­chem Wort­wert, Nach­mit­tage mit drei­fa­chem, Y‑Tage (zehn Punkte), sehr viele E‑, A- und S‑Vormittage (ein Punkt), vor allem aber gibt es Tage, wo wir aus all den vor uns lie­gen­den Buch­sta­ben nicht ein ein­zi­ges Wort zusam­men­set­zen kön­nen.“ (S. 105)

Wie sein Autor und wie ein Natur­for­scher und Muse­ums­grün­der, auf den er unter­wegs stößt, heißt der Erzäh­ler Vic­tor Pou­chet. Auf sei­nem Scrabble-Brett­chen hat er lau­ter unver­knüpf­bare Buch­sta­ben ange­sam­melt: eine been­dete Bezie­hung, die ange­fan­gene Dok­tor­ar­beit, ein belas­te­tes Ver­hält­nis zum Vater und zur Hei­mat, wenig Zuversicht.

Auch wenn es dem Erzäh­ler am Ende nicht gelingt, alle losen Fäden zu ver­knüp­fen, ist „Warum die Vögel ster­ben“ doch ein Buch der klei­nen Wahr­hei­ten, klug beob­ach­tet und sprach­schön erzählt. In die­sen Beschrei­bun­gen schwelgt man gerne, lässt sich auch über die Recher­chen aus­führ­lich infor­mie­ren, ohne dass Lan­ge­weile auf­kommt. Die­ses Debüt ist ange­nehme anspruchs­volle Unter­hal­tung, ein Buch, das Spaß macht, aber nicht unbe­dingt lange nachwirkt.

Warum die Vögel ster­ben. Vic­tor Pou­chet. Aus dem Fran­zö­si­schen von Yvonne Eglin­ger. Ber­lin Ver­lag. 2019.

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