Frauen, die lesen, sind gefährlich

by Zeichensetzerin Alexa

Ste­fan Boll­mann beschäf­tigt sich in sei­nem Werk „Frauen, die lesen, sind gefähr­lich“ (Eli­sa­beth Sand­mann Ver­lag, 2005) mit der Geschichte weib­li­chen Lesens. Er führt uns durch die Epo­chen, gibt uns Ein­blick in die Male­rei und Foto­gra­fie und erklärt, warum Künst­ler so fas­zi­niert von lesen­den Frauen waren. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Frauen, die lesen, sind gefähr­lich. In einem Vor­wort beschreibt Elke Hei­den­reich, warum: „Wer liest, denkt nach, wer nach­denkt, bil­det sich eine Mei­nung, wer eine Mei­nung hat, weicht ab, wer abweicht, ist ein Geg­ner. So ein­fach lässt sich das erklä­ren.“ Ein Grund, wes­halb Lesen lange Zeit ver­bo­ten war und als etwas Böses ange­se­hen wurde, als Sünde, Feind. Wer nicht las, blieb in sei­ner ver­trau­ten Welt und hin­ter­fragte diese nicht. Wer keine eigene Mei­nung hatte, folgte den Anwei­sun­gen des Herrn, nahm alles hin, als gäbe es nichts Selbst­ver­ständ­li­che­res. Das ein­zige Buch, das nicht ver­bo­ten war, war die Bibel.

Bücher wur­den ver­brannt, die Frauen unter­drückt. Nur Män­ner durf­ten lesen, nur die Rei­chen konn­ten sich ein Buch über­haupt leis­ten. Erst seit weni­gen Jahr­zehn­ten wird den Frauen das Lesen zuge­stan­den, nicht allen und nicht über­all, aber immer­hin. Dabei waren es gerade sie, die das Buch zu schät­zen wuss­ten, ergrif­fen wur­den von den Geschich­ten und Gedich­ten, die meist von Män­nern geschrie­ben wur­den, über Ängste, Liebe, das Leben und den Tod. Lesende Frauen waren jedoch nicht gern gese­hen, denn wenn sie sich erst in ein Buch ver­tief­ten, ver­ga­ßen sie ihre Ver­pflich­tun­gen, zu denen der Haus­halt und die Kin­der­er­zie­hung gehörten.

Was Frauen beim Lesen füh­len und den­ken, kann man in den Wer­ken der Künst­ler erken­nen. Die Stim­mung, in der sich die dar­ge­stellte Frau befin­det, kommt stets rüber, die Bedeu­tung von Büchern und Lesen wird deut­lich. Räum­lich­kei­ten wer­den dar­ge­stellt, Situa­tio­nen, in denen sich die Frauen gerade befin­den, z.B. auf dem Weg in einen ande­ren Raum wird schnell ein Brief gele­sen. Sobald die Her­rin aus dem Haus ist, wird schnell das Buch wei­ter­ge­le­sen, auch wenn dar­un­ter der Haus­halt leidet…

Kon­zen­trierte Frauen, lächelnde, trau­rige. Einige sind dem Betrach­ter zuge­wandt, nach­denk­lich, als hät­ten sie gerade etwas gele­sen, das sie nicht mehr los­lässt. Andere schauen weg, in die Ferne, träu­mend. Wie­der andere keh­ren dem Betrach­ter den Rücken zu, als woll­ten sie mit ihrem Buch alleine sein, unge­stört und in Stille, für sich. Auf eini­gen Bil­dern sind Frauen zu sehen, die vor­le­sen oder denen man vor­liest. Zwei Ver­liebte lesen zusam­men, sind so ergrif­fen von dem Text, dass die Gefühle sich auf sie über­tra­gen und die Lese­zeit mit einem Kuss been­det wird.

Bücher wer­den als Ver­gnü­gen und Unter­hal­tung dar­ge­stellt, als etwas, das zum Nach­den­ken anregt und die Fan­ta­sie stei­gert. Sie bie­ten einen Zufluchts­ort und Bil­dung, erwei­tern das Blick­feld und wecken Gefühle. Sie kön­nen aber auch als Trau­er­be­wäl­ti­gung die­nen, Trost und Schutz spen­den in schwe­ren Zei­ten, ein Heil­mit­tel sein. Lesen zur Ent­span­nung im Gar­ten oder im Café. Lesen als kleine Reise in fremde Wel­ten. Lesen zur Kommunikation.

Die­ses Buch zeigt Werke gro­ßer Künst­ler wie Rem­brandt, van Gogh, Ver­meer und Feu­er­bach. Zu jedem Bild gibt es eine kleine Beschrei­bung und Inter­pre­ta­tion. Dabei wer­den der Stil des Künst­lers und die Epo­che berück­sich­tigt. Die Vor­stel­lung der Werke bil­det den Schwer­punkt des Buches. Am Ende fasst Ste­fan Boll­mann die Geschichte des Lesens vom 13. bis 21. Jahr­hun­dert zusam­men. Der Text ist sehr inter­es­sant geschrie­ben und nicht über­la­den mit Fak­ten, wes­halb man das Buch schnell durch­le­sen kann. Den­noch würde ich es vor allem den­je­ni­gen emp­feh­len, die sich für Male­rei und Foto­gra­fie inter­es­sie­ren, da dies der Schwer­punkt des Buches ist. Wer mehr über die Geschichte weib­li­chen Lesens erfah­ren möchte, sollte eine wei­tere Lek­türe hinzuziehen.

Frauen, die lesen, sind gefähr­lich. Ste­fan Boll­mann. Eli­sa­beth Sand­mann Ver­lag. 2005.

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7 comments

docugraphy 10. Januar 2014 - 11:45

Frauen, die lesen, sind gefähr­lich. Stimmt! Und Män­ner, die den­ken. Lei­der gibt es ers­tere viel häu­fi­ger als letztere 😉
Meine Buch­tipps: http://​docu​gra​phy​.wor​d​press​.com/​2​0​1​4​/​0​1​/​1​0​/​g​e​h​e​i​m​e​-​r​o​m​a​n​e​-​s​e​c​r​e​t​-​n​o​v​e​ls/

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Bücherstadt Kurier 11. Januar 2014 - 11:34

Danke für die Buchtipps!

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buzzaldrinsblog 10. Januar 2014 - 12:33

Ich lese gerade „Frauen und Bücher“ von Boll­mann, was mir bis­her aus­ge­zeich­net gefällt. Da wan­dert die­ses hier gleich auf die Wunschliste. 

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Bücherstadt Kurier 10. Januar 2014 - 17:18

Ah, wun­der­bar! Und bei mir lan­det „Frauen und Bücher“ auf die Wunschliste. 🙂

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Dorothea Ender 10. Januar 2014 - 19:05

Meine Tante las alle Bücher,die sie bekom­men konnte. Ich ging für sie zur Biblio­thek und sorgte für Nach­schub. Ich habe sie bewun­dert. Sie hat das Gelesene
in Erin­ne­rung behal­ten, ver­ar­bei­tet und mit mir geteilt. Dafür bin ich ihr noch heute dankbar.

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Bücherstadt Kurier 11. Januar 2014 - 11:37

Es ist schön, wenn man über Lite­ra­tur spre­chen, sie wei­ter­ver­brei­ten kann! Ich bin all jenen, die mir frü­her vor­ge­le­sen haben, auch dank­bar. Genauso wie all die Bücher­ge­schenke, die meine Lite­ra­tur­be­geis­te­rung nur noch ver­stärkt haben. 🙂

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Aaron 13. Januar 2014 - 17:53

klasse Buch! Auch aus kunst­wis­sen­schaft­li­cher Sicht wert­voll. Die Bil­der sind sorg­sam aus­ge­wählt und wis­sens­wert beschrieben.

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