Gegen das Vergessen: Adressat unbekannt

by Zeichensetzerin Alexa

„Adres­sat unbe­kannt“ ist erst­mals 1938 im New Yor­ker Story Maga­zine erschie­nen. Damals waren die Leser so begeis­tert, dass die gesamte Auf­lage inner­halb von zehn Tagen aus­ver­kauft war. Ein Jahr spä­ter wur­den die fik­ti­ven Briefe eines Deut­schen und eines ame­ri­ka­ni­schen Juden als Buch ver­öf­fent­licht – ein vol­ler Erfolg. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

2012 ist das Buch schließ­lich auch in Deutsch­land erschie­nen. Auch heute noch beweist es die Wich­tig­keit und Aktua­li­tät die­ses The­mas. Man braucht sich nur die aktu­el­len Pres­se­be­richte anzu­se­hen, um zu ver­ste­hen, dass The­men wie Aus­län­der- oder Reli­gi­ons­feind­lich­keit kein Schnee von ges­tern sind, dass Feh­ler sich wie­der­ho­len kön­nen, wenn wir das, was gesche­hen ist, verdrängen.

„Ich würde wie­der mehr Ver­trauen in die­ses Land haben, wenn ich die­ses Buch in den nächs­ten Mona­ten und Jah­ren aus vie­len Jacken­ta­schen ragen sähe. Ich träume von einer mor­gend­li­chen vol­len U‑Bahn in Ber­lin, in der Hun­derte von Men­schen Kress­mann Tay­lor lesen, auf­se­hen und sich mit Bli­cken gegen­sei­tig ver­si­chern: nie wie­der!“, schreibt Elke Hei­den­reich in einem sehr emo­tio­na­len Nach­wort, das die Wich­tig­keit der The­ma­tik die­ses Buches nur noch verstärkt.

Die Bot­schaft, die aus den Brie­fen her­aus­zu­le­sen ist, ist an jeden von uns gerich­tet: Es sieht aus wie eine ewige Freund­schaft, man liest ehr­li­che Gefühle aus den Brie­fen der Freunde her­aus. Nur ganz lang­sam ver­än­dert sich der Schreib­stil des Deut­schen und schafft eine bedrü­ckende Stim­mung. Man liest die geschrie­be­nen Zei­len und ist fas­sungs­los. Die Worte sind so klar und prä­zise gewählt, dass sie einen tref­fen. Konnte das ein Freund geschrie­ben haben? Ist man so schnell und so ein­fach zu beein­flus­sen? Hat der Freund denn alles vergessen?

Die Autorin schafft es, auf nur weni­gen Sei­ten alles zu sagen, was gesagt wer­den muss, und dabei auch noch Emo­tio­nen zu wecken. „Adres­sat unbe­kannt“ ist große Lite­ra­tur, die es wert ist gele­sen und bespro­chen zu wer­den. Ein Meisterwerk!

Adres­sat unbe­kannt. Kath­rine Kress­mann Tay­lor. Über­set­zung: Doro­thee Böhm. Hoff­mann und Campe. 2012.

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8 comments

literatwo 29. Januar 2015 - 19:29

Ein Werk was ich nie ver­ges­sen werde – lebens­lang hat es sich in meine Lese­le­bens­seele gebrannt.

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Bücherstadt Kurier 29. Januar 2015 - 19:32

Es hat mich auch sehr bewegt und sich – du hast es schön aus­ge­drückt – in meine „Lese­le­bens­seele gebrannt“. (Alexa)

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Brasch & Buch 29. Januar 2015 - 21:15

Ein beein­dru­cken­des Buch, dass ich erst vor kur­zem ent­deckt habe, dann mich mit der Ent­ste­hungs- und Ver­brei­tungs­ge­schichte beschäf­tige und letzt­lich es zum Anlass nahm, ein ernüch­tern­des Resü­mee über den Wir­kungs­kreis von Lite­ra­tur zu ver­fas­sen: https://​tho​mas​brasch​.wor​d​press​.com/​2​0​1​4​/​0​8​/​0​2​/​b​u​c​h​e​r​-​s​t​u​m​p​f​e​-​w​a​f​f​e​n​-​g​e​g​e​n​-​v​o​r​u​r​t​e​i​l​e​-​z​-​b​-​g​e​g​e​n​u​b​e​r​-​j​u​d​en/

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chrkoehne 29. Januar 2015 - 21:33

Liebe Alexa,
Ich war vor­hin schon begeis­tert, dass Du es gele­sen hast und es dich so ähn­lich wie mich berührt hat. Eine Lek­türe, die ich immer mal wie­der aus dem Regal neh­men und noch so man­ches Mal ver­schen­ken werde.
Danke auch fürs verlinken 🙂
Liebe Grüße,
Chris

-der Lite­ra­tur­pi­rat-

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sirpamononen 29. Januar 2015 - 21:37

notiert!

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buchpost 1. Februar 2015 - 9:57

Schön, wie das Buch seine Kreise zieht, auch wenn ich denke, dass diese Bücher nie von denen gele­sen wer­den, die sie eigent­lich lesen soll­ten. Auch mir hat es gefal­len, gerade wenn man das Erschei­nungs­da­tum bedenkt. Wer mag, siehe auch:

LG, Anna

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Kathrine Kressmann Taylor: Address unknown (1938) | buchpost 14. Februar 2015 - 19:18

[…] Bücher­stadt Kurier […]

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Binea_Literatwo 7. Januar 2019 - 17:15

Ein sehr bewe­gen­des Buch – Pflichtlektüre

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