Gott bewahre

by Bücherstadt Kurier

Doch natür­lich fügt er sich dem Wil­len des Vaters und kehrt auf die Erde zurück, um das Wort Got­tes zu ver­brei­ten – und das ist wirk­lich sim­pel: „Seid lieb“ (Benice). Von wegen Zehn Gebote – die hat sich Moses nur ausgedacht!

Cover © Heyne 

Jesus Christ Superstar

John Nivens „Gott bewahre“ mag auf den einen oder ande­ren wie eine Belei­di­gung wir­ken: Es ist vul­gär, stößt reli­giö­sen Fun­da­men­ta­lis­ten derbe vor den Kopf und ver­herr­licht Dro­gen­kon­sum gera­dezu. Aber es ist auch unglaub­lich komisch – und noch viel wich­ti­ger, über all das Geläch­ter ver­gisst man den­noch nie ganz das Nachdenken.

Die Geschichte beginnt aus­ge­rech­net im Him­mel und nie­mand gerin­ge­res als Gott ist gerade von einem ein­wö­chi­gen Angel­ur­laub zurück­ge­kehrt. Doch mit der Ent­span­nung ist es ganz schnell vor­bei. Denn ein Tag im Him­mel ent­spricht 57 Erden­jah­ren. Es sind also meh­rere Jahr­hun­derte ver­gan­gen, seit Gott das letzte Mal einen Blick auf seine Schöp­fung gewor­fen hat. Und was er da sieht, mün­det in einem Wut­an­fall des Schöp­fers. Umwelt­sün­den, Kriege, Hass­pre­di­ger und natür­lich der Kom­merz haben sich auf der Erde breit­ge­macht. Gott sieht nur einen Weg: Er muss erneut sei­nen Sohn zu den Men­schen schi­cken. Jesus Chris­tus, von sei­nen Freun­den JC genannt, ist von der Idee aber gar nicht begeis­tert, denn gerade wollte er mit Jimi Hen­drix Gitarre spie­len und einen Joint rau­chen. Doch natür­lich fügt er sich dem Wil­len des Vaters und kehrt auf die Erde zurück, um das Wort Got­tes zu ver­brei­ten – und das ist wirk­lich sim­pel: „Seid lieb“ (Benice). Von wegen Zehn Gebote – die hat sich Moses nur ausgedacht!

Jesus lan­det also in New York, wo er sich zunächst als Sän­ger und Gitar­rist ver­sucht. Die Geschichte scheint sich zu wie­der­ho­len. Als Sohn Got­tes schart er erneut Geschei­terte um sich, gibt ihnen Hoff­nung obwohl die Gesell­schaft sie schon längst ver­ges­sen hat. Doch die Welt hat sich in den ver­gan­ge­nen 2000 Jah­ren mäch­tig ver­än­dert. Um die Mas­sen zu errei­chen, greift Jesus schließ­lich zu här­te­ren Maß­nah­men und reist nach Los Ange­les, um dort aus­ge­rech­net in einer Cas­ting­show den Frie­den auf Erden wie­der her­zu­stel­len. „Ame­ri­can Pop Star“ ist eine bit­ter­böse Kari­ka­tur von Sen­dun­gen wie „Ame­ri­can Idol“ oder dem Pen­dant „Deutsch­land sucht den Super­star“. Und die Strip­pen zieht Ste­ven Stel­fox, ein bri­ti­scher Musik­pro­du­zent, der nicht zu unrecht an Simon Cowell oder Die­ter Boh­len erin­nert und der in Nivens Werk „Kill Your Friends“ noch Prot­ago­nist war. Nun rech­net Niven ab, mit die­sem Mann und die­sem Musik­busi­ness, denen es nur um eins geht: Die Quote.
Und ganz am Ende über­rascht Niven den Leser dann doch, nach all den der­ben Sprü­chen und dem Feh­len jed­we­der poli­ti­cal­cor­rect­ness, mit einem sehr berüh­ren­den Schluss, den sich kei­ner ent­ge­hen las­sen sollte, nur weil er sich auf den Schlips getre­ten fühlt.

Ann-Chris­tin

Titel: Gott bewahre
Autor: John Niven
Über­set­zer: Ste­phan Glietsch, Jörn Ingwersen
Ver­lag: Heyne
Erschei­nungs­jahr: 2011

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1 comment

Xeniana 2. Juni 2014 - 20:33

Hab das Buch sehr gern gele­sen, obwohl der par­ti­ell vul­gäre Sprach­ge­brauch eigent­lich nicht so meins ist. Aber sehr tref­fend das Ganze.....

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