Herr der Ringe meets Allgäu

by Bücherstadt Kurier

Was pas­siert, wenn man alt­her­ge­brachte, alpen­län­di­sche Sagen in einem gro­ßen Epos zusam­men­fügt und mit­ein­an­der ver­strickt? Wenn man aus ein­zel­nen Erzäh­lun­gen, die ihre Wur­zeln alle­samt im süd­bay­ri­schen All­gäu haben, ein zusam­men­hän­gen­des Aben­teuer macht, Gestal­ten aus grauer Vor­zeit erste­hen lässt und ein­fa­che Bewoh­ner zu Hel­den macht? Michael Pein­ko­fer zeigt es mit sei­nem Zwei­tei­ler „Land der Mythen“. – Von Bücher­bän­di­ge­rin Elisabeth

Land der MythenDas alte Volk der Syl­fen hat sich nach der letz­ten Schlacht gegen die Dun­kel­heit vor Tau­sen­den von Jah­ren aus der Welt zurück­ge­zo­gen. Frie­den herrscht im Land Allagain. Doch etwas regt sich. Ein Wild­fän­ger wird Zeuge eines grau­si­gen Über­falls durch Erle. Diese schreck­li­chen Gestal­ten gibt es nur in alten Geschich­ten, so heißt es. Doch sie kos­ten dem Bru­der des Wild­fän­gers das Leben. Er beschließt, seine Ein­sam­keit auf­zu­ge­ben, um die Men­schen im Dorf zu war­nen. Doch der allzu bequeme Vor­ste­her nimmt die War­nung nicht ernst. Er schickt den schein­bar dümms­ten Bau­ern zum Herr­scher, um ihm die Nach­richt zu überbringen.
Selbst in der gro­ßen Stadt stößt man auf taube Ohren. Auch wenn nicht von der rich­ti­gen Per­son, bleibt seine War­nung nicht unge­hört und einige wenige hor­chen auf. So schart er kurz dar­auf eine kleine Gruppe von Ver­bün­de­ten um sich, die, gemein­sam mit einem wis­sen­den Drui­den, eine aben­teu­er­li­che Reise auf­neh­men. Durch das unter­ir­di­sche Reich der Zwerge, zur Schlucht des Dra­chen bis zu den Gip­feln des Nebel­horns, wo sie auf Freund und Feind glei­cher­ma­ßen stoßen.
Wäh­rend sich das Eis wei­ter aus­wei­tet, der Win­ter här­ter wird und der dunkle Herr­scher an Macht gewinnt, hadern die Ver­bün­de­ten mit ihrem Schick­sal, dem sie unwei­ger­lich ent­ge­gen­tre­ten – auf der Suche nach dem mys­ti­schen Horn der Syl­fen, um die Schlacht zu gewin­nen und Schnee und Eis zu vertreiben.

Sage meets Fan­tasy meets Alpenland

Sagen sind fas­zi­nie­rend, auch weil sie an geo­gra­fi­sche Gege­ben­hei­ten, Orte, Bau­ten oder Gebiete gebun­den sind. So wird der Bezug per­sön­li­cher, inten­si­ver. Michael Pein­ko­fer – selbst ein All­gäuer – hat sich schon lange für die Sagen sei­ner Hei­mat fas­zi­niert. Mit „Land der Mythen“ hat er nun die ein­zeln ste­hen­den Sagen zu einer umfang­rei­chen Fan­tasy-Geschichte zusam­men­ge­scho­ben, einen roten Faden erfun­den, der nicht nur durch die Sagen des Gebie­tes führt, son­dern auch Aus­maße von gro­ßen Fan­tasy-Epen annimmt. Dabei unter­lässt er es aller­dings, kom­pli­zierte und weite Aus­schwei­fun­gen aus­zu­füh­ren, bleibt immer am Kern der Geschichte. Pein­ko­fers Schreib­weise ist ein­fach, bild­haft und flüs­sig gehal­ten, sodass eine breit gefä­cherte Leser­schaft Zugang fin­den kann.
„Land der Mythen“ zeich­net sich auch dadurch aus, dass die gesamte Erzäh­lung stim­mig und mit­rei­ßend ist. Der Span­nungs­bo­gen wird zu kei­ner Zeit unter­bro­chen und flaut auch nicht ab.

Ein Lese­er­leb­nis für Alt und JungLand der Mythen2

Die Prot­ago­nis­ten haben nicht immer Glück mit ihren Vor­ha­ben und die Geschichte nimmt immer wie­der Wen­dun­gen, die man so nicht vor­her­ge­se­hen hätte. Trotz der Viel­zahl an mythi­scher Gestal­ten, die Pein­ko­fer ein­baut und mit­bringt, wirkt die Geschichte nicht über­la­den oder muss sich mit über­flüs­si­gen Aktio­nen herumschlagen.
„Land der Mythen“ ist span­nend erzählt, straff und den­noch aus­führ­lich genug, um sich gut in die Eigen­ar­ten der Cha­rak­tere hin­ein­füh­len zu kön­nen. Die Cha­rak­tere sind authen­tisch beschrie­ben, es ist ein­fach, mit ihnen mit­zu­füh­len und mit­zu­fie­bern. Sel­ten wir­ken die Hand­lungs­stränge ein wenig durch­schau­bar, dies wird aber durch Über­ra­schungs­mo­mente und lie­be­voll aus­ge­ar­bei­tete Details und Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten wie­der wett­ge­macht. Durch die geo­gra­fisch fixier­ten Punkte macht es für jeden, der das Gebiet selbst kennt, noch zusätz­lich Spaß mit den Aben­teu­rern mitzufiebern.
„Land der Mythen“ ist ein gelun­ge­nes Werk für jugend­li­che und erwach­sene Leser glei­cher­ma­ßen, das zwar den Umfang eines gro­ßen Fan­tasy-Epos auf­weist, aber nicht des­sen Kom­ple­xi­tät und des­we­gen einen ein­fa­chen und schnel­len Zugang für alle inter­es­sier­ten Leser bie­tet. Abso­lute Leseempfehlung.

Land der Mythen – Unter der Erl­mond/Land der Mythen – Die Flamme der Syl­fen.
Michael Pein­ko­fer. Piper. 2015.

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2 comments

PoiSonPaiNter 27. Mai 2016 - 8:42

Hi,

ein­gangs habt ihr das Buch ja mit Herr der Ringe ver­gli­chen und auch die Nach­er­zäh­lung der Ereig­nisse klingt nach der Reise, die sie in Mit­tel­erde durch­ste­hen müssen.
Wie sehr fühlt man sich beim tat­säch­li­chen Lesen an HdR erin­nert und ist das störend?
Weil an sich klingt die Idee recht spannend.

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Bücherbändigerin Elisabeth 27. Mai 2016 - 12:21

Es war über­haupt nicht stö­rend. Auch wenn es diese Par­al­le­len immer wie­der gibt, gerade, wenn man von den Prot­ago­nis­ten aus­geht, ist schon allein die Schreib­weise ganz anders. Ein­fa­cher gehal­ten, zügi­ger durch­ge­plant (der Herr der Ringe besteht aus mas­sig Beschrei­bun­gen und Erklä­run­gen und noch mal Beschrei­bun­gen). Wäh­rend des Lesens hat man auch gar keine Zeit, dahin­ge­hend Par­al­le­len zu fin­den, da der Erzähl­stil sehr schnell und span­nend ist. Lang­wie­rige Pas­sa­gen gibt es nicht und wenn man ver­schie­dene Sagen – oder die geo­gra­fi­schen Gege­ben­hei­ten des All­gäus – ein wenig kennt, hat man ohne­hin nur noch Bil­der im Kopf. Die Ver­glei­che kom­men erst spä­ter, aber man darf auch nicht ver­glei­chen, als dass der Herr der Ringe ein­fach ein gro­ßes epi­sches Werk ist und das Land der Mythen wie eine große Sagen- und Mär­chen­er­zäh­lung wirkt, die zwar auch groß ange­legt ist, dann aber doch nicht diese Ver­schnör­ke­lun­gen und Ver­knüp­fun­gen auf­zeigt. Ich kann es abso­lut emp­feh­len. Lese­tempo sehr schnell, Span­nungs­bo­gen top. Die Bücher aus der Hand zu legen ist gar nicht leicht!

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