Im Düsterwald

by Zeichensetzerin Alexa

„Eine schmale Mond­si­chel stand hoch am Him­mel und streute wei­ßes Licht über den Düs­ter­wald. Sterne leuch­te­ten. Ein leich­ter Wind trug den üppi­gen Duft des Som­mers über die nahen Wie­sen und Hügel. Der Düs­ter­wald lag ganz in Dun­kel­heit gehüllt.“ (S. 9)

„Im Düs­ter­wald“ ist eine Geschichte über eine mutige Maus, die für die Frei­heit und das Leben ihrer Fami­lie kämpft, geschrie­ben von Avi (Pseud­onym für Edward I. Wortis) und illus­triert von Felix Schein­ber­ger. Das Buch erschien 1999 im Ravens­bur­ger Buch­ver­lag. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Schon zu Beginn fällt der bild­hafte Schreib­stil auf. Die Situa­tio­nen wer­den so beschrie­ben, dass man sich die Umge­bung genau vor­stel­len kann, dass man das Gefühl hat, den Wind und den Duft selbst wahr­zu­neh­men. Von Anfang an ist man gefes­selt von der Geschichte, vor allem, weil im Wech­sel aus der Sicht der Eule Meis­ter Uhurru und den Mäu­sen Kraus­minz und Nel­lie erzählt wird. Die Anfangs­si­tua­tion ist bedroh­lich, denn es wird schnell klar: die Mäuse haben sich ohne Erlaub­nis raus geschli­chen und wer­den von der Eule beob­ach­tet. Dass der Mäu­se­rich Kraus­minz tat­säch­lich gefan­gen und gefres­sen wird, kann man zuerst nicht glau­ben, bis die Eule die unver­dau­ten Über­reste wie­der aus­spuckt. Nel­lie ist ent­setzt und beginnt um ihr Leben zu ren­nen. Nur knapp kann sie der Eule ent­kom­men und ihrer Fami­lie erzäh­len, was gesche­hen war.

Nel­lies Vater Ehren­preis ist außer sich. Wie konn­ten sich die bei­den Mäuse ohne die Erlaub­nis des Meis­ters Uhurru so weit ent­fer­nen? Denn die­ser ist Herr­scher über den Düs­ter­wald und es bedarf sei­nes Ein­ver­ständ­nis­ses, das Gebiet zu ver­las­sen. Dafür beschützt er die Mäu­se­fa­mi­lie vor gefähr­li­chen Tie­ren wie Sta­chel­schwei­nen. Das ist die Abma­chung. Kei­ner hin­ter­fragt diese Rege­lung, kei­ner außer Kraus­minz. Und nun ist er tot. Ob er für sei­nen Unge­hor­sam mit dem Tod bezah­len musste?

Als Nel­lie mit ihrem Vater zu Meis­ter Uhurru geht, um die Erlaub­nis ein­zu­ho­len, wegen Platz- und Fut­ter­man­gel umzu­zie­hen, ver­bie­tet die Eule ihnen das. Nel­lie spürt, dass Meis­ter Uhurru ner­vös wird, als Ehren­preis von dem neuen wei­ßen Haus erzählt. Sie beginnt sich zu fra­gen, was der wahre Grund für seine Absage ist. Was befin­det sich im neuen Haus? Nach eini­ger Zeit des Grü­belns nimmt sie all ihren Mut zusam­men und bricht auf, um es her­aus­zu­fin­den. Ein gro­ßes Aben­teuer im Düs­ter­wald beginnt…

Als Leser ist man mit­ten im Gesche­hen, denn man erfährt von der Umge­bung, von Nel­lies Gedan­ken und Gefüh­len. Der Autor schreibt so span­nend, dass man das Buch nur ungerne zur Seite legt. Bedroh­li­che Situa­tio­nen tau­chen dabei immer wie­der auf, jedoch nicht mehr auf die erschre­ckende Art und Weise wie zu Anfang. Auf der ande­ren Seite wird im Laufe der Geschichte der klei­nen Maus die Angst genom­men. Als sie von Meis­ter Uhur­rus Lügen erfährt, wird sie zuse­hends mutiger.

Die Illus­tra­tio­nen von Felix Schein­ber­ger sind magisch! Sein Stil erin­nert an Aqua­relle und Bunt­stifte und ver­stärkt emo­tio­nal die beschrie­be­nen Situa­tio­nen. Keine der Illus­tra­tio­nen wirkt jedoch über­trie­ben düs­ter, der wei­che Stil mil­dert die Bedro­hung eher. Ein schö­nes Zusam­men­spiel von Text und Illustration.

Der Hin­ter­grund­ge­danke erin­nert an das aktu­elle Thema „Mas­sen­über­wa­chung“. Denn wäh­rend die Eule den Mäu­sen weis­macht, es sei alles zu ihrer Sicher­heit, über­wacht sie diese unun­ter­bro­chen. Von Frei­heit kann keine Rede mehr sein, und ob diese Sicher­heit tat­säch­lich von Nöten ist, ist frag­wür­dig. Die Mäuse jedoch ver­trauen der Eule blind, und wol­len nicht sehen, dass sie in einer Falle sit­zen, ihr aus­ge­lie­fert sind und immer wie­der wel­che von ihnen ver­schwin­den… Es ist – wie auch in der Rea­li­tät – als wür­den die Betrof­fe­nen schla­fen und die Augen ver­schlie­ßen vor den Tat­sa­chen, als hät­ten sie keine Wahl, als ginge es sie nichts an.

Trotz des teils düs­te­ren The­mas ist das Buch auch für Kin­der geeig­net. Je nach Ent­wick­lungs­stand und Per­sön­lich­keit ist es ab 8–10 Jah­ren zu emp­feh­len. Aber auch Erwach­sene wer­den mit die­sem Buch ihre Freude haben und eine Moral dar­aus zie­hen kön­nen. Denn am Ende ist es egal, ob wir Kin­der oder Erwach­sene sind – den nöti­gen Mut auf­zu­brin­gen, um etwas zu errei­chen, muss jeder von uns.

Im Düs­ter­wald. Avi. Illus­tra­tio­nen: Felix Schein­ber­ger. Ravens­bur­ger Buch­ver­lag. 1999.

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4 comments

Büchernische 26. April 2014 - 23:54

Das muss ein rich­ti­ger Buch­schatz sein, ich habe das Buch auch hier und bin froh, dass es in mei­nem Bücher­re­gal steht. Ich muss es mir unbe­dingt noch ein­mal in Ruhe durchlesen ♥

Liebe Grüße in die Nacht!
Sandra

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Bücherstadt Kurier 1. Juni 2014 - 19:20

Es ist ein wah­rer Buch­schatz! Magst du uns deine Mei­nung zum Buch mit­tei­len, wenn du es gele­sen hast? LG, Alexa

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Büchernische 1. Juni 2014 - 20:55

Gerne, ich wollte es sowieso noch in mei­ner Kin­der­ni­sche vorstellen 🙂 

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Bücherstadt Kurier 5. Juni 2014 - 19:35

Liebe San­dra, da schaue ich doch gerne vor­bei! Du hast einen schö­nen, lie­be­voll gestal­te­ten Blog! LG, Alexa

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