Im Nebel nichts Neues

by Bücherstadt Kurier

Ein tod­brin­gen­der Nebel, ein Meis­ter-Atten­tä­ter und ein Inqui­si­tor, der Detek­tiv spielt. Bern­hard Treck­sel ver­ei­nigt diese Ideen in sei­nem Debüt „Nebel­ma­cher“ zu einer düs­ter-fan­tas­ti­schen Geschichte, die trotz der bekann­ten Inhalte doch anders auf­ge­baut ist als gedacht. Bücher­bän­di­ge­rin Eli­sa­beth hat sich in den Nebel gewagt und dem Toten­kai­ser auf die Fin­ger gesehen.

Der Nebel ist der Bote des Todes. Man sollte sich bes­ser nicht in ihm ver­lie­ren. Doch die Welt ist voll davon. In Bern­hard Treck­sels Debüt rund um den „Nebel­ma­cher“ gibt es nur Schutz in den soge­nann­ten Pen­tae, städ­ti­schen Zusam­men­schlüs­sen, weil diese durch magi­sche Schilde vom tod­brin­gen­den Nebel abge­schirmt sind. Halb­wegs sicher zumin­dest. Denn in den Städ­ten schleicht der Toten­kai­ser, ein Nebel­ma­cher. Einer der bes­ten. Er ist Atten­tä­ter und Auf­trags­kil­ler, im Namen sei­ner Her­rin, die über Leben und Tod entscheidet.
Es wer­den keine Fra­gen gestellt, der Name, der über ihre Lip­pen kommt, muss in den Nebel gehen. Und der Toten­kai­ser sorgt dafür. Doch nie­mals hätte er damit gerech­net, dass er fehl­bar wäre. Dass er ein­mal nicht der Jäger sein könnte. Dass die Worte sei­ner Her­rin trü­ge­risch sind. Doch er erkennt die Machen­schaf­ten erst, als es schon zu spät ist. Nun gilt es, die letz­ten Wei­chen zu stel­len, ehe er nicht mehr dazu fähig sein würde…

Städte im töd­li­chen Nebel

Die Welt von Bern­hard Treck­sel ist eine inter­es­sante, eine, die dem typi­schen Fan­tasy-Genre nichts nach­macht. Die Welt liegt im Nebel, die Städte sind mehr oder weni­ger in sich geschlos­sen, abge­schirmt. Doch an der Menge von Schlei­chern, Spit­zeln und Dop­pel­zün­gi­gen fehlt es nicht. Die Städte wir­ken her­un­ter­ge­kom­men, Reich­tum ist sel­ten und wenn, dann erschli­chen und ergau­nert. Schnell wer­den die Haupt­dar­stel­ler vor­ge­stellt: Clach, der Toten­kai­ser, Fen­nek Gres­ke­gard, der Inqui­si­tor – des­sen Arbeit der eines Detek­tivs ziem­lich nahe­kommt – und sein hünen­haf­ter Gehilfe Sanft­le­ben und Mor­wen, die Temp­le­rin, schein­bar wider Wil­len. Sowie Orm­gair, der Babar, der, wie alle ande­ren Bar­ba­ren immun gegen die tod­brin­gende Gif­tig­keit des Nebels ist.
Trotz der weni­gen han­deln­den Figu­ren bedarf es einer gewis­sen Zeit, die Cha­rak­tere auch ein­zu­ord­nen und mit ihnen zu sym­pa­thi­sie­ren. Oder eben nicht. Dies mag an der sehr aus­führ­li­chen und beschrei­ben­den Art des Autors lie­gen, der nicht an Wor­ten spart und dadurch einige Teile der Hand­lung und der Beschrei­bun­gen in die Länge zieht, wäh­rend Cha­rak­ter­be­schrei­bun­gen nur spo­ra­disch ein­ge­floch­ten sind und manch­mal eher seicht wir­ken. Die Cha­rak­tere ent­wi­ckeln sich zudem nur wenig, obwohl sie durch bestimmte, zum Teil ein­schnei­dende Ereig­nisse und Erkennt­nisse umden­ken müs­sen. Dies mani­fes­tiert sich in ihrem Ver­hal­ten aber lei­der kaum.

Hand­lungs­strang und Wortgeflecht

In der ers­ten Hälfte des Buches wird jedem Kapi­tel eine schein­bar unab­hän­gige Geschichte als Bericht aus ver­gan­ge­nen Tagen vor­ge­ge­ben. Zwar ist schnell klar, dass es sich um alte Über­lie­fe­run­gen han­deln mag, um einen Kampf, der zur Ent­ste­hung der heu­ti­gen Welt führte, doch der Zusam­men­hang mit der eigent­li­chen Hand­lung bleibt lange ver­bor­gen, bis die Erkennt­nis umso über­ra­schen­der kommt. Zudem arbei­tet der Autor mit drei ver­schie­de­nen Hand­lungs­strän­gen. Zumin­dest ein Hand­lungs­strang läuft sehr lange Zeit par­al­lel zu den ande­ren, so dass eine Ver­knüp­fung fast schon unmög­lich scheint. Dadurch wir­ken die Ereig­nisse die­ses Strangs lose, manch­mal sogar dem Fort­lau­fen der Erzäh­lun­gen entrissen.

Bern­hard Treck­sel war­tet mit einem, wie schon erwähnt, sehr aus­führ­li­chen und wort­ge­wand­ten Erzähl­stil auf. Er geht ab von der oft­mals eher ein­fach gehal­te­nen Erzähl­spra­che ande­rer Bücher und bedient sich manch­mal auch etwas geho­be­ner Wör­ter, die lei­der, ange­sichts der intri­gan­ten und wenig zivi­li­sier­ten Fan­tasy-Welt, in der er sich bewegt, fehl am Platz wir­ken. Zudem ste­hen diese immer wie­der im kras­sen Gegen­satz zu einer – situa­ti­ons­ab­hän­gig – ange­wand­ten „Gos­sen­spra­che“ oder blut­rüns­ti­gen Sze­nen, die sich mit Fort­lauf der Hand­lung zudem noch mehren.

Der Funke wollte beim Lesen sprich­wört­lich nicht über­sprin­gen. Auch wenn sich die zweite Hälfte des Buches flüs­si­ger liest und sich die Hand­lung lang­sam formt, reicht es nicht, um die sehr lang­at­mige und zusam­men­hang­los wir­kende erste Hälfte auf­zu­wie­gen. Sehr schade um eine Idee, die inno­va­tiv und gut ange­gan­gen wurde. Schade auch um einen Erzähl­stil, der sich von ande­ren abhebt und trotz­dem nicht fes­seln kann und sich manch­mal wider­spricht. Schade um Cha­rak­tere, die inter­es­sant wir­ken, aber denen die nötige Tiefe fehlt. Ein guter Ansatz, der lei­der nicht ziel­füh­rend aus­ge­ar­bei­tet wer­den konnte.

Nebel­ma­cher. Bern­hard Treck­sel. Blan­va­let. 2015.

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