Infidel: Rassismus ist Horror

by Geschichtenerzähler Adrian

Mit dem Comic „Infi­del“ lie­fert Autor Porn­sak Piche­ts­hote 2020 eine gru­se­lige Geschichte über Ras­sis­mus, Angst und Miss­trauen, die von Zeich­ner Aaron Camp­bell und Kolo­rist José Vil­lar­ru­bia schau­rig illus­triert wurde. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian öff­net sich dem Hor­ror die­ser Thematiken.

Eigent­lich sollte der Umzug in eine andere Woh­nung ein neuer Start für Aisha, ihren Mann Tom und ihre Toch­ter Kris sein. Jedoch pla­gen die junge Mus­lima seit­dem unheim­li­che Alp­träume vol­ler gro­tes­ker Mons­ter, die sie angrei­fen und beschimp­fen. Selbst die Tablet­ten, die sie gegen diese Träume nimmt, hel­fen nicht.

Auch die Bewohner*innen des Hau­ses sind nicht beson­ders erfreut über den Ein­zug einer Mus­lima und begeg­nen ihr mit Ableh­nung, Miss­trauen und Arg­wohn. Schließ­lich war das Haus vor weni­gen Jah­ren noch Opfer einer Explo­sion, die durch einen mus­li­mi­schen Bewoh­ner her­bei­ge­führt wor­den war.

Als Aishas Alp­träume immer stär­ker wer­den und schließ­lich als grau­sige Visio­nen in ihre Rea­li­tät ein­drin­gen, kommt es durch einen Unfall zu ers­ten Toten und Aisha ist, wenn es nach den Hausbewohner*innen geht, die Schuldige.

Die Facet­ten des Rassismus

„Infi­del“ beleuch­tet Ras­sis­mus aus ver­schie­de­nen Blick­win­keln: seien es Per­so­nen mit schlech­ten Erfah­run­gen, die Unwis­sen­den oder jene, die ein­fach alle Frem­den ableh­nen. Wäh­rend die Bewohner*innen des Hau­ses, die teils Über­le­bende der Explo­sion sind, mit ihrem Trauma zu kämp­fen haben, kommt es sogar in Aishas Freun­des­kreis zu frem­den­feind­li­chen Anmer­kun­gen und Dis­kus­sio­nen. Mit all die­sen Blick­win­keln wirft „Infi­del“ nicht nur die Frage auf, wohin Ras­sis­mus füh­ren kann, wenn er immer wei­ter wächst, son­dern zeigt ebenso gut, dass das Miss­trauen gegen­über Anders­ar­tig­keit über­all ent­ste­hen kann.

Erschre­ckend eindrucksvoll

Die bild­li­che Umset­zung des Comics ist ein mar­kan­tes Wech­sel­spiel aus unter­schied­li­chen Zei­chen­sti­len, die die Sze­ne­rie wun­der­bar schau­rig und auf gro­teske Art und Weise unter­strei­chen. Wäh­rend die Far­ben all­ge­mein eher matt gewählt sind, unter­teilt sich ihr Spek­trum noch ein­mal in die Dar­stel­lung der Men­schen, der Mons­ter und Erin­ne­rungs­ab­schnitte. Teil­weise wirkt der Comic so, als hätte mehr als ein Zeich­ner daran mitgewirkt.

Es ist Aaron Camp­bell als Zeich­ner anzu­mer­ken, dass er einen gro­ßen Wert auf Details und den Wech­sel von Per­spek­ti­ven legt, um den Hor­ror zu unter­stüt­zen. Bei­spiels­weise der Fin­ger am Feu­er­zeug, das im dunk­len Kel­ler auch nach meh­re­ren Ver­su­chen nicht ange­hen will, oder eine rie­sige, ver­zerrte Fratze, vor der sich Aishas dun­kel­häu­tige Freun­din Medina zusam­men­kau­ert. Gepaart mit den pas­sen­den Licht-und-Schat­ten-Effek­ten ist der Hor­ror hier allgegenwertig.

Augen­öff­nend

Wenn man durch seine Haut­farbe, Reli­gion oder sons­tige schein­bare Abwei­chun­gen von der kul­tu­rel­len Norm nicht von Ras­sis­mus betrof­fen ist, kann man sich schwer vor­stel­len, wie das ist. Jedoch bie­ten Piche­ts­hote sowie Camp­bell und Vil­lar­ru­bia einen ver­stö­ren­den Ein­blick darin, wie es sich anfüh­len könnte. Viel­leicht ist man in die­sem Fall nicht tag­ein tag­aus mit gro­tes­ken und ver­stö­ren­den Mons­tern kon­fron­tiert, die einem das Blut in den Adern gefrie­ren las­sen, den­noch ist täg­li­cher, über­schwap­pen­der Ras­sis­mus für Betrof­fene ganz sicher eines: purer Horror.

Infi­del. Text: Porn­sak Piche­ts­hote. Zeich­nun­gen: Aaron Camp­bell. Kolo­rie­rung: José Vil­lar­ru­bia. Über­set­zung: Karin Aust. Split­ter Ver­lag. 2020.

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