„Ist das Kitsch?“

by Zeichensetzerin Alexa

„Ist das Kitsch?“ So die erste Reak­tion von Sei­ten­künst­ler Aaron, als er das Bil­der­buch „Der Nuss­kna­cker“ auf­schlug. Eine berech­tigte Frage, wie Zei­chen­set­ze­rin Alexa fin­det. Über bunte Bil­der, pau­sen­los tan­zende Figu­ren und Neuinterpretationen.

Über den „Nuss­kna­cker“ müs­sen sicher­lich kaum Worte ver­lo­ren wer­den. Schließ­lich han­delt es sich um einen Titel von Tschai­kow­ski, der seit der Urauf­füh­rung im Jahre 1892 immer wie­der trans­me­dial umge­setzt wird: auf der Bühne und als Hör­spiel ebenso wie lite­ra­risch. The­ma­tisch geht es um das Mäd­chen Marie, das am Weih­nachts­abend von ihrem Paten­on­kel einen Nuss­kna­cker bekommt. Aller­dings han­delt es sich hier­bei um kein nor­ma­les Spiel­zeug. Denn mit­ten in der Nacht wird der Nuss­kna­cker leben­dig und eine mär­chen­hafte Reise beginnt – natür­lich tanzend.

„Zuerst gab es einen wun­der­voll tem­pe­ra­ment­vol­len Tanz spa­ni­scher hei­ßer Scho­ko­lade, der von Trom­pe­ten­stö­ßen und schnip­pen­den Fin­gern ange­kün­digt wurde.“

Kürz­lich ist im mixtvi­sion-Ver­lag ein Bil­der­buch zu „Der Nuss­kna­cker“ erschie­nen; eine Inter­pre­ta­tion, die vom New York City Bal­let prä­sen­tiert wird, illus­triert nach einer Geschichte von E.T.A. Hoff­mann von Vale­ria Docampo. Betrach­tet man frü­here, im mixtvi­sion-Ver­lag ver­öf­fent­lichte Werke der Illus­tra­to­rin, merkt man eine Ver­än­de­rung im Stil: Wäh­rend „Der Bär und das Wör­ter­g­lit­zern“ auf wenige Far­ben redu­ziert ist und mit gra­fi­schen Ele­men­ten spielt, ist der „Nuss­kna­cker“ ein kun­ter­bun­tes Büh­nen­spiel. Der Stil ist in die­sem weni­ger ver­spielt-krea­tiv, son­dern viel­mehr ein­fach-klas­sisch. Auch die beson­dere Atmo­sphäre und die Authen­ti­zi­tät, wel­che unter ande­rem beim Bil­der­buch „Die große Wör­ter­fa­brik“ zum Aus­druck kommt, sprüht das neue Werk nicht aus – zu bunt, zu kon­ven­tio­nell erschei­nen ver­gleichs­weise die Illus­tra­tio­nen: Lich­ter, Glit­zer, Süßig­kei­ten in Mas­sen, präch­tige Klei­der, Zucker­blü­ten und Blu­men­gär­ten – die Liste ließe sich noch wei­ter fort­set­zen – in bun­ten Far­ben, domi­niert von Blau- und Rosatönen.

„Danach tra­ten die sprin­gen­den Zucker­stan­gen auf, die hoch in die Luft flo­gen und durch bunte Rei­fen tanz­ten. Was konnte nach den Zucker­stan­gen noch kom­men? Mar­zi­pan-Schä­fe­rin­nen tra­ten her­vor und tanz­ten Flöte spie­lend auf ihren Zehenspitzen.“

Nun könnte man dar­über strei­ten, ob sol­cher­lei „Neu­in­ter­pre­ta­tio­nen“ in der heu­ti­gen Zeit über­haupt von­nö­ten sind. Bedeu­tet „Klas­si­ker“ schluss­end­lich, die immer­wäh­ren­den Kon­ven­tio­nen wei­ter­zu­ge­ben, auch wenn es sich um eine eigene, künst­le­ri­sche Umset­zung han­delt? Ohne Zwei­fel hat Vale­ria Docampo das Bal­lett gut in Szene gesetzt und sicher­lich wer­den viele Leser und Lese­rin­nen – vor­wie­gend wahr­schein­lich eher Lese­rin­nen im Kin­der­gar­ten­al­ter – Gefal­len daran fin­den. Aber es ist nicht eines die­ser Werke, das man ein­rah­men möchte, weil es so wert­voll erscheint. Wie „Die große Wör­ter­fa­brik“ zum Bei­spiel. Oder „Im Gar­ten der Pus­te­blu­men“. Sol­che Bücher eben, bei denen man das Gefühl hat, einen klei­nen Schatz in den Hän­den zu halten.

Der Nuss­kna­cker. New York City Bal­let. Illus­tra­to­rin: Vale­ria Docampo. mixtvi­sion. 2016.

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