Jeder braucht einen Helden

by Bücherstadt Kurier

Jeder braucht einen Hel­den. Das fin­det zumin­dest die sie­ben­jäh­rige Elsa, Prot­ago­nis­tin in Fre­drik Back­mans neuem Roman „Oma lässt grü­ßen und sagt, es tut ihr Leid“. Darin erzählt der schwe­di­sche Autor eine lus­tige und berüh­rende Geschichte, und noch dazu ein wun­der­schö­nes Weih­nachts­mär­chen. Worte­we­be­rin Annika war jeden­falls von die­ser Mär­chen­stunde begeistert.

Elsas Oma ist klasse: Sie lässt ihre Enke­lin im Klei­der­schrank über­nach­ten, bricht mit ihr in den Zoo ein, um sie auf­zu­hei­tern, hat ihr eine Geheim­spra­che bei­gebracht und noch dazu nimmt sie Elsa jede Nacht mit ins Land-fast-noch-wach, eine Mär­chen­welt aus sie­ben König­rei­chen vol­ler Träume und Geschich­ten. Doch Oma ist nicht nur Elsas Hel­din, son­dern sie ist auch krank, und eines Mor­gens kommt sie nicht mehr aus dem Land-fast-noch-wach zurück. Für Elsa hat sie ein Aben­teuer zurück­ge­las­sen, und nun muss die Fast-acht­jäh­rige aller­hand Briefe aus­tei­len, in denen sich ihre Oma bei den Nach­barn für ziem­lich viel ent­schul­digt. Auf ihrem Aben­teuer fin­det Elsa viele neue Freunde, und das, obwohl Oma sonst immer ihre ein­zige Freun­din gewe­sen war. An Weih­nach­ten schließ­lich spitzt sich das Aben­teuer zu, doch Elsa ist sich sicher, dass alle Weih­nachts­mär­chen gut aus­ge­hen müs­sen. Ob sie Recht behält?

Was viel­leicht erst wie ein Kin­der­buch klingt, ist doch alles andere als das. Elsa ist eine enorm kluge und auf­ge­weckte Fast-acht­jäh­rige, die auch vor Wor­ten wie „dys­funk­tio­nal“ und „Apart­heid“ nicht zurück­schreckt, eigent­lich schon fast alles ein­mal bei Wiki­pe­dia nach­ge­le­sen hat und nicht so rich­tig gut damit umge­hen kann, wenn jemand Gram­ma­tik­feh­ler macht. Das ist es auch, was Back­mans Roman so sym­pa­thisch macht, denn Elsas Blick auf die Welt ist ein ganz beson­de­rer. Das ist auch sprach­lich umge­setzt, wenn Elsa zum Bei­spiel vom „Hal­ben“ statt von ihrem unge­bo­re­nen Geschwis­ter­chen spricht, aber gleich­zei­tig mit Fremd­wör­tern um sich schmeißt. Außer­dem ent­ste­hen dadurch Ver­glei­che, die auf­re­gen­der und lus­ti­ger sind, als es ein Aus­flug in eine Bon­bon­fa­brik je sein könnte. Dazu kommt noch die zau­ber­hafte Mär­chen­welt, das Land-fast-noch-wach, das auch Ein­zug in Elsas rich­tige Welt hält. Die Mär­chen­ele­mente sind sehr lie­be­voll aus­ge­ar­bei­tet und machen Lust, selbst ein­mal in die­ser Welt vorbeizuschauen.

Neben Elsa machen auch die ande­ren Figu­ren Spaß: allen voran natür­lich Oma, die Nach­ba­rin­nen mit Paint­ball­ge­weh­ren beschießt, die Toi­let­ten­tür immer offen ste­hen lässt und auch sonst aller­hand skur­rile Ein­fälle hat, aber auch die rest­li­chen Haus­be­woh­ner, wie die Frau im schwar­zen Rock, die um ihre im Tsu­nami ver­stor­bene Fami­lie trau­ert. Und hier sieht man schon, dass Back­man auch vor den dunk­len Punk­ten des Lebens nicht Halt macht. Kriegs­t­rau­mata, Depres­sio­nen, Ehe­bruch, und Mob­bing sind nur einige Dra­men, die genau so zur Mär­chen­welt gehö­ren wie die fröh­li­chen Stun­den am Weih­nachts­abend. Auch hier wie­der ist es Elsas kind­lich-erwach­se­ner Blick, der all diese trau­ri­gen Gescheh­nisse viel inten­si­ver, aber gleich­zei­tig weni­ger ver­zwei­felt erschei­nen lässt. Schließ­lich glaubt Elsa immer noch daran, dass es ein gutes Ende geben muss.
Wer Lust auf eine lus­tige, aber gleich­zei­tig auch sehr bewe­gende und nach­denk­li­che Lek­türe hat, sollte hier auf jeden Fall zugreifen.


Oma lässt grü­ßen und sagt, es tut ihr Leid. Fre­drik Backman.

Aus dem Schwe­di­schen von Ste­fa­nie Wer­ner. Fischer Krü­ger Ver­lag. 2015.

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