Kaugummi-Essays

by Worteweberin Annika

Was tun, wenn sich ein Buch wie Kau­gummi zieht? Erst­mal ein ande­res Buch lesen, und noch eins, und… So toll es auch gestal­tet ist, Harry Mar­tin­sons „Schwär­mer und Schna­ken“ liegt noch immer ange­le­sen auf Worte­we­be­rin Anni­kas Nacht­tisch – das wird nichts mehr mit den beiden.

Ich liebe hoch­wer­tig und schön gestal­tete Bücher. Natür­lich habe ich mein Herz also auch an die Aus­ga­ben des Gug­golz-Ver­lags ver­lo­ren. Der Indie-Ver­lag aus Ber­lin bringt jedes Jahr vier Bücher her­aus, Über­set­zun­gen aus Nord- und Ost­eu­ropa, meist unbe­kannte und zu Unrecht ver­ges­sene Texte, die mit aktu­el­len Nach­wor­ten ver­se­hen wer­den und ein­fach wun­der­bar gestal­tet sind. Herrlich!

Zuletzt hatte mich „Schwär­mer und Schna­ken“ von Harry Mar­tin­son aus dem Früh­jahrs­pro­gramm des Ver­lags neu­gie­rig gemacht: Natur­es­says eines Schwe­den, das klang viel­ver­spre­chend. Der Ein­band: lila und grüne Mohn­blu­men auf Umwelt­pa­pier, dazu pas­sen­des Vor­satz­pa­pier und Lese­bänd­chen, also alles nach mei­nem Geschmack. Die Vor­freude auf die Texte war groß, doch sobald ich mich in den Essays ver­tie­fen wollte, schweif­ten meine Gedan­ken ab, nach weni­gen Sei­ten war ich regel­mä­ßig ein­ge­schla­fen. Warum?

Vor­der­grün­dig beschreibt Harry Mar­tin­son die Natur, die Sonne, die Sümpfe, Stau­den, Hirsch­kä­fer. Dabei kommt er, wie man so schön sagt, von Höck­schen auf Stöck­schen: Neben Abschwei­fun­gen zu poli­ti­schen The­men trifft man auf aller­hand ver­all­ge­mei­nernde Aus­sa­gen über „die Deut­schen“, „die Euro­päer“ oder „die Men­schen“ – gut, immer­hin kann man Mar­tin­son damit kei­nen Eska­pis­mus vor­wer­fen, denn seine Texte ent­stan­den Ende der 1930er Jahre, als es in Europa brodelte.

Aller­dings zogen sich die Essays für mich wie Kau­gummi und die poli­ti­schen Gedan­ken schie­nen mir wenig erhel­lend. Nach vier Mona­ten hing ich noch immer auf Seite 78 und hatte zwi­schen­durch meh­rere andere Bücher gele­sen. Auch die im Klap­pen­text gelob­ten „Glanz­lich­ter der Sprach­kunst“ ver­mochte ich nicht zu sehen. Kurz und gut: „Schwär­mer und Schna­ken“ war nicht mein Fall. Wer weiß, viel­leicht war es der fal­sche Zeit­punkt? Die fal­schen Erwar­tun­gen? Vor­erst werde ich das Buch bei­sei­te­le­gen, ganz offi­zi­ell. Denn wenn sich ein Buch wie Kau­gummi zieht, ist es auch in Ord­nung, es abzubrechen.

Schwär­mer und Schna­ken. Harry Mar­tin­son. Aus dem Schwe­di­schen von Klaus-Jür­gen Liedtke. Gug­golz. 2021.

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