Lesen geht durch den Magen #litadvent

by Worteweberin Annika

Mit „Little Library Cook­book“ und „Mit dem Little Library Cook­book durchs Jahr“ hat die Aus­tra­lie­rin Kate Young zwei Koch­bü­cher geschrie­ben, die nicht nur Genie­ßer, son­dern auch Lese­freunde anspre­chen. Worte­we­be­rin Annika hat sich darin den Mund wäss­rig gelesen.

Zwei Lei­den­schaf­ten sind es, die Kate Youngs Leben bestim­men: gute Bücher und gutes Essen. Sie hel­fen ihr durch kalte Win­ter­nächte oder ver­trei­ben das Heim­weh in ihrer neuen Hei­mat Eng­land. Auf­ge­wach­sen ist Kate Young in Aus­tra­lien und beschreibt ein­drück­lich das gemein­same Kochen mit ihrer Fami­lie, Din­ner­par­tys der Eltern oder ihre ers­ten Jobs als Jugend­li­che – natür­lich in Restau­rants. Mit der Zeit wurde aus ihren Lei­den­schaf­ten erst ein Blog über das Essen in der Lite­ra­tur und schließ­lich das „Little Library Cook­book“ und des­sen Nach­fol­ge­band. Das Kon­zept erin­nert an Cara Nico­letti, die eben­falls mit einem Blog begann und spä­ter das Koch­buch „Yummy Books“ ver­öf­fent­lichte.

„Honich“-Küchlein und Madeleines

Auch wenn sie sich sehr ähn­lich sehen, unter­schie­den sich die bei­den Koch­bü­cher nicht nur in den Rezep­ten, son­dern auch im Auf­bau und Kon­zept: Im ers­ten Band hat jedes vor­ge­stellte Rezept eine lite­ra­ri­sche Vor­lage – zum Bei­spiel gibt es „Honich“-Küchlein mit Ros­ma­rin nach „Pu der Bär“ oder Made­lei­nes nach Prousts „Auf der Suche nach der ver­lo­re­nen Zeit“. In einer Ein­lei­tung zu jedem Rezept erzählt die Autorin etwas über die jewei­lige Buch­vor­lage, bei­spiels­weise in wel­cher Situa­tion sie es gele­sen hat, und wie sie zu dem Rezept kam.

So lernt man beim Lesen auch gleich noch einen Hau­fen inter­es­san­ter Bücher ken­nen. Young kocht sich nicht nur durch Klas­si­ker der Welt­li­te­ra­tur wie Jane Aus­tens „Emma“ oder Syl­via Plath‘ „Die Glas­glo­cke“, son­dern nimmt sich auch aktu­elle Romane wie „Die Schlange von Essex“ von Sarah Perry oder „Meine geniale Freun­din“ von Elena Fer­rante vor.

Sai­so­nale Küche

Der Titel des zwei­ten Ban­des hebt schon her­vor, dass der Fokus hier auf sai­so­na­ler Küche liegt. Kate Young beginnt in lan­gen Win­ter­näch­ten und arbei­tet sich über erste Früh­lings­bo­ten bis zu der Zeit, in der die Tage wie­der kür­zer wer­den in ins­ge­samt sechs Abschnit­ten durchs Jahr. Sie ori­en­tiert sich in den Rezep­ten daran, was gerade auf dem Wochen­markt erhält­lich ist, Zuc­chi­ni­blü­ten im Hoch­som­mer zum Bei­spiel oder Rote Beete im Winter.

In jede Jah­res­zeit lei­tet sie mit einem stim­mi­gen lite­ra­ri­schen Zitat ein und wid­met sich dann ver­schie­de­nen The­men wie „Einen Pick­nick­korb packen“ oder „Sup­pen für die Seele“. Aber Youngs Her­an­ge­hens­weise an die lite­ra­ri­schen Texte hat sich hier geän­dert. In einer Kate­go­rie, die sie aus einem Roman bezieht, sam­melt sie ver­schie­dene Rezepte, die sie meis­tens unab­hän­gig von der Buch­vor­lage ent­wi­ckelt hat. So stellt sie in „Kochen für eine Per­son“ Gnoc­chi mit Gor­gon­zola und Wal­nüs­sen vor, die extrem lecker aus­se­hen, aber aus kei­ner Buch­vor­lage stam­men. Am Ende eines jeden Kapi­tels wer­den dafür zumin­dest ein paar Bücher gesam­melt, die die Autorin in den Jah­res­zei­ten beson­ders gerne liest.

Das Auge isst mit

Beide Bücher sind anspre­chend gestal­tet, etwa mit Farb­sei­ten oder stim­mungs­vol­len Fotos von Gemüse, gedeck­ten Tischen oder der Zube­rei­tung der Gerichte. Vom fer­ti­gen Essen gibt es aber nur bei weni­gen Rezep­ten ein Foto, was schade ist, denn das Auge isst nicht nur mit, son­dern ist bei vie­len Lese­rin­nen und Lesern von Koch­bü­chern ja auch ent­schei­dend dafür, wel­che Rezepte letzt­end­lich aus­pro­biert wer­den. Die bei­den Bände von Kate Young sind hin­ge­gen eher text­las­tig: Die Autorin schreibt nicht nur über Lite­ra­tur und Rezepte, son­dern erzählt in den Ein­lei­tun­gen außer­dem ver­schie­dene Anek­do­ten aus ihrer Jugend und ihrem jet­zi­gen Leben in England.

Kate Young prä­sen­tiert eine sehr breite Viel­falt an Rezep­ten, von auf­wän­di­gen Bra­ten und Kuchen bis zu einem schnel­len (und sehr lecke­ren!) Por­ridge zum Früh­stück oder einem fix gebra­te­nen Rösti. Auf eine Lan­des­kü­che ist sie dabei nicht fest­ge­legt, son­dern springt zwi­schen eng­li­schen, asia­ti­schen, ita­lie­ni­schen und skan­di­na­vi­schen Rezep­ten mun­ter hin und her. So ist für jede und jeden die ein oder andere Gau­men­freude mit dabei. Dazu kom­men hilf­rei­che Hin­weise, wie zum Bei­spiel, womit man bestimmte Zuta­ten oder Küchen­ge­räte erset­zen könnte oder wie man die Zube­rei­tung gut in eine Din­ner­party integriert.

Kate Young zeigt: Lesen geht durch den Magen! Für Lese­rat­ten mit einem Fai­ble für lecke­res Essen ist „Little Library Cook­book“ genau das rich­tige – und wohl eine bes­sere Wahl als der zweite Band „Mit dem Library Cook­book durchs Jahr“. Wer nur nach einem hüb­schen Koch­buch mit guten Rezep­ten sucht und den Lite­ra­tur­be­zug als rei­nes Extra sieht, kann auch getrost zum zwei­ten Band greifen.

  • Little Library Cook­book. 100 Rezepte aus den schöns­ten Roma­nen der Welt. Kate Young. Über­set­zung: Regina Raw­lin­son und Susanne Kam­me­rer. Fotos: Lean Timms. Wun­der­raum. 2018.
  • Mit dem Little Library Cook­book durchs Jahr. Neue Rezepte aus den schöns­ten Roma­nen der Welt. Kate Young. Über­set­zung: Susanne Kam­me­rer und Michael Meß­ner. Fotos: Lean Timms. Wun­der­raum. 2019.
Ein Bei­trag zum Spe­cial #lit­ad­vent. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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