Let’s talk about colorism

by Satzhüterin Pia

Ein Bil­der­buch über Colo­rism bezie­hungs­weise Shade­ism für Kin­der: Mit „Sulwe“ hat sich die Autorin Lupita Nyon­g’o einem sehr wich­ti­gen und an vie­len Stel­len unter­re­prä­sen­tier­ten Thema ange­nom­men. – Von Satz­hü­te­rin Pia

Sulwe hat eine dunk­lere Haut als alle ihre Fami­li­en­mit­glie­der: „Mama hatte die Farbe der Mor­gen­däm­me­rung. Baba die Farbe der Abend­däm­me­rung, und Hawi, ihre Schwes­ter, hatte die Farbe des Mit­tags­lichts“. Sul­wes Haut wird dage­gen als „mit­ter­nachts­far­ben“ bezeich­net. Wäh­rend also ihre light skin­ned Schwes­ter Kom­pli­mente bekommt, wird Sulwe von den eben­falls hel­le­ren Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­lern mit deut­lich weni­ger wohl­wol­len­den Äuße­run­gen bedacht. Das kleine Mäd­chen ver­sucht alles, um „schö­ner“ zu wer­den: Sie isst alle hel­len und wei­ßen Pro­dukte, die sie fin­den kann, geht an Mamas Schminke und ver­sucht sogar, sich die Haut hel­ler zu radie­ren ... Nach­dem sie sich end­lich ihrer Mut­ter offen­bart hat, ver­sucht diese, ihr zu hel­fen, aber nun ja, sagt nicht jede Mut­ter ihrem Kind, dass es schön ist? Sulwe braucht einen Hauch Magie, um auch selbst an sich und die eigene Schön­heit glau­ben zu können.

Rea­li­tät trifft auf Magie

Nach dem emo­tio­na­len Ein­stieg über eine Pro­ble­ma­tik, die für Mil­lio­nen Schwar­zer Men­schen die Rea­li­tät bedeu­tet (Stich­wort „Skin­bleaching“), nimmt die Geschichte eine magi­sche Wen­dung. Nachts wird Sulwe von einer Stern­schnuppe besucht und mit auf eine Reise in eine magi­sche Traum­welt genom­men. Sie lernt die Geschichte der Schwes­tern Tag und Nacht ken­nen und erfährt eine wich­tige Lek­tion in Eigen­liebe. Und am Ende zeigt sich: Erst mit einer ande­ren, inne­ren Ein­stel­lung sich selbst gegen­über, kann auch eine Ver­än­de­rung in der Außen­welt bewirkt werden.

„Du siehst“, erklärte die Stern­schnuppe, „wir brau­chen beide: den son­nigs­ten Tag und die dun­kelste Nacht, und alle Schat­tie­run­gen dazwischen. […].“

Die Geschichte um Tag und Nacht führt der klei­nen Sulwe etwas vor Augen, was ihr die nötige Akzep­tanz und Liebe sich selbst gegen­über ermög­licht. Wäh­rend es mir als Lese­rin am Anfang schier das Herz zer­reißt, wie das kleine Mäd­chen sich selbst zu ändern ver­sucht, tod­un­glück­lich einem Schön­heits­ideal nach­ei­fert, dem es nie­mals gerecht wer­den kann, ist die Ver­än­de­rung, die über Nacht in Sulwe vor­geht, ein­fach nur herz­er­wär­mend. Ihr inne­res Strah­len bringt auch ihr Äuße­res zum Leuchten.

Eine Hel­din für Schwarze Kinder

Lupita Nyong’o ist eine oscar­prä­mierte kenia­nisch-mexi­ka­ni­sche Schau­spie­le­rin (beste Neben­rolle in „12 Years a Slave“) und eine Autorin, die mit Sulwe eine Hel­din geschaf­fen hat, deren Geschichte beson­ders dark skin­ned Kin­dern hel­fen soll, von Anfang an in der Gewiss­heit auf­zu­wach­sen, auch mit ihrer dunk­len Haut schön zu sein.

Die Grat­wan­de­rung zwi­schen äuße­rer, sub­jek­ti­ver Schön­heit und dem Strah­len, das von inne­rer Schön­heit aus­geht, gelingt ihr in ihrer Geschichte gut. Ein wenig geht es sicher­lich auch um Tole­ranz, aber vor allem um die Selbst­liebe. Respekt­voll mit ande­ren umzu­ge­hen und dafür zu sen­si­bi­li­sie­ren, was wir mit abwer­ten­den Kom­men­ta­ren bei einem betrof­fe­nen Men­schen anrich­ten kön­nen, ist ein Teil der Leh­ren, die man aus dem Buch zie­hen kann. Die Macht der Spra­che darf nie­mals unter­schätzt werden.

Und nicht zuletzt ist es sicher­lich längst nicht allen wei­ßen Men­schen bewusst, wie oft sogar unter People of Colour (PoC) Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund der Haut­farbe (Colo­rism und Shade­ism) vor­kommt. Hier spielt auch die Reprä­sen­ta­tion von light skin­ned PoC in Wer­bung, Film und sons­ti­gen Medien eine deut­li­che Rolle. Um so wich­ti­ger ist es, dass auch in Büchern – wie hier in einem Bil­der­buch für Kin­der – die Prot­ago­nis­tin nicht nur Schwarz, son­dern auch noch dunk­ler als in ver­brei­te­ten Dar­stel­lun­gen ist.

Strah­lend illustriert

Sul­wes Geschichte gewinnt unheim­lich stark durch die inten­si­ven und strah­len­den Illus­tra­tio­nen von Vashti Har­ri­son. Das anfäng­li­che Leid des klei­nen Mäd­chens, die Hilf­lo­sig­keit und Betrof­fen­heit der Mut­ter, die Schön­heit der bei­den Schwes­tern Tag und Nacht und all die Details drum herum trans­por­tie­ren die Gefühle und die Magie zu den Betrach­te­rin­nen und Betrachtern.

Beson­ders die Far­ben und Farb­ver­läufe unter­strei­chen die Bot­schaf­ten. Zum Bei­spiel auf der Seite, deren Text ich Ein­gangs zitiert habe: Die vier Fami­li­en­mit­glie­der sind neben­ein­an­der abge­bil­det, die Far­ben im Hin­ter­grund unter­schei­den sich dabei genau so sehr, wie die Figu­ren selbst.

Dabei bil­det der Hin­ter­grund gleich­zei­tig sub­til eine Gedan­ken­blase von Sulwe. Viele Sei­ten oder auch Dop­pel­sei­ten wer­den von ein­zi­gen gro­ßen Bil­dern gefüllt, die aus­ge­spro­chen fili­gran und kon­trast­reich gestal­tet sind, sich aber über­wie­gend auf nur eine Bot­schaft kon­zen­trie­ren und damit nicht über­la­den wir­ken. Beson­ders die mär­chen­hafte Geschichte um Tag und Nacht ist magisch gestal­tet: kleine Orna­mente, fun­kelnde High­lights, gol­dene und vio­lette Töne, anstatt weiß und schwarz. So wir­ken die Kon­traste zwar stark, aber auch warm und weich.

Stim­mig-schö­nes Gesamtpaket

Auch mit der Über­set­ze­rin hat man eine gute Wahl getrof­fen – denn wer könnte bes­ser sen­si­bel diese The­ma­tik über­set­zen als eine Frau, die selbst dark skin­ned ist? Das Thema wird dabei immer kind­ge­recht erzählt, wobei es anfangs beglei­tet vor­ge­le­sen wer­den sollte. Das gilt durch­aus auch für Kin­der, die sich mit Sulwe iden­ti­fi­zie­ren kön­nen. Denn es kann trig­gernd wir­ken, dass beson­ders am Anfang der Geschichte unver­fälscht Sul­wes Ver­su­che des (zumin­dest kind­li­chen und unge­fähr­li­chen) Auf­hel­lens der Haut abge­bil­det und geschil­dert werden.

Auch die Repro­duk­tion von ras­sis­ti­scher Spra­che bei den Belei­di­gun­gen der Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­ler von Sulwe scheint mir wenig hilf­reich dabei zu sein, andere Schwarze Kin­der zu empowern. Aller­dings ist es auch nicht an mir, dar­über zu urtei­len oder dies gene­rell ein­zu­ord­nen. Und die rele­van­ten (Presse-)Stimmen zu „Sulwe“ schei­nen es genauso zu emp­fin­den: empowernd und empfehlenswert.

Sulwe. Lupita Nyong‘o. Illus­tra­tion: Vashti Har­ri­son. Über­set­zung: Prof. Dr. Mai­sha M. Auma. Men­tor Ver­lag. 2021. BK-Alters­emp­feh­lung: Ab 5 Jahren.

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