Marion Poschmann in Bremen

by Zeichensetzerin Alexa

Am 19.01.14 las Marion Posch­mann im Lite­ra­tur­café Ambi­ente in Bre­men aus ihrem neuen Roman „Die Son­nen­po­si­tion“. Viele Zuhö­rer waren erschie­nen, um die Autorin live zu erle­ben, nicht zuletzt, weil ihr Roman für den Deut­schen Buch­preis 2013 nomi­niert war. – Von Zei­chen­set­zer­lin Alexa

Schon vor Beginn der Lesung ist allen klar: der Raum der Lesung hätte viel grö­ßer sein müs­sen. Das Inter­esse des Publi­kums ist höher als erwar­tet und so müs­sen die Anwe­sen­den näher zusam­men­rü­cken und Platz machen für wei­tere, neu dazu geholte Stühle. Ein biss­chen impro­vi­siert, aber kein Welt­un­ter­gang – das Publi­kum ent­spannt sich bei einem Glas Wein und begrüßt die Autorin mit einem kräf­ti­gen Applaus.

Prof. Dr. Gert Sau­ter­meis­ter spricht einige ein­lei­tende Sätze und stellt die Autorin vor. Marion Posch­mann, gebo­ren 1969 in Essen, stu­dierte Ger­ma­nis­tik, Phi­lo­so­phie und Sla­wis­tik in Bonn und Ber­lin. Für ihre Werke erhielt sie zahl­rei­che Aus­zeich­nun­gen, zuletzt den Wil­helm-Raabe-Lite­ra­tur­preis. „Die Son­nen­po­si­tion“ erschien 2013 im Suhr­kamp-Ver­lag und lan­dete auf der Short­list des Deut­schen Buchpreises.

Für diese Lesung wählte Posch­mann vier ver­schie­dene Stel­len aus ihrem Roman. Als sie zu lesen beginnt, ist alles still und es wirkt, als sei die Zeit ste­hen geblie­ben. Das ein­zige, das man ver­neh­men kann, ist Posch­manns ruhige Stimme. „Die Sonne brö­ckelt. […] Schat­ten lässt sich nur ablei­ten. Schat­ten ist da, wohin mein Blick nicht fällt. Den­noch weiß ich um ihn, denn das Licht ent­steht aus der Fins­ter­nis.“ Lyri­sche Worte, ruhige Worte, ent­spannte Atmo­sphäre, in der man ver­sinkt. Ein Blick in Rich­tung der Zuhö­rer ver­rät: sie haben den Raum bereits ver­las­sen und schwe­ben in ihrer Fan­ta­sie davon, in eine Welt, die der unse­ren fremd und doch so ver­traut ist.

Was ist nor­mal? Ab wann ist jemand oder etwas unnor­mal? Das sind die Fra­gen, die sich einem beim Zuhö­ren stel­len. Marion Posch­mann gibt uns mit ihrem Roman die Ant­wort dar­auf: es ist nicht ein­fach zu defi­nie­ren, ab wann jemand unnor­mal ist, aber wenn man genauer hin­schaut, so sieht man doch, dass eigent­lich jeder von uns Schwä­chen hat.

Auch wenn die Autorin auf jede noch so tief­sin­nige Frage eine Ant­wort fin­det: am Ende bleibt die nach­denk­li­che Stim­mung und das Gefühl von lyri­scher Ruhe.

„Die Son­nen­po­si­tion“ – Kurzbeschreibung:

Der rund­li­che Rhein­län­der Alt­fried Janich fin­det nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung eine Stelle im »Ost­schloss«, einem her­un­ter­ge­kom­me­nen Barock­bau, der neu­er­dings eine psych­ia­tri­sche Anstalt beher­bergt. Hier hält er es für seine Auf­gabe, sei­nen Pati­en­ten gegen­über die Son­nen­po­si­tion ein­zu­neh­men, ihnen Ori­en­tie­rung und eine Quelle des Tros­tes zu sein. Als sein Freund Odilo durch einen rät­sel­haf­ten Auto­un­fall zu Tode kommt, gerät er selbst auf die Nacht­seite der Dinge. Tags­über rücken ihm die Pati­en­ten zu nahe, nachts geis­tert er durch die Säle, es bedrän­gen ihn Erin­ne­run­gen, und auch seine Fami­li­en­ge­schichte mit ihren Ver­lus­ten holt ihn ein. Alt­frieds gan­zes bis­he­ri­ges Leben scheint auf die Situa­tion im Schloss zuzu­lau­fen: Alle Geschich­ten enden hier, und bald stellt sich die Gewiss­heit ein, dass er aus dem Schloss nicht mehr weg­kom­men wird.

Marion Posch­manns lange erwar­tete neue Prosa ist ein Roman über Deutsch­land aus der Sicht der Kriegs­en­kel. Ein Roman über die Macht der Zeit, über Erin­ne­rung und zeit­lose Ver­bun­den­heit. Ein Roman über fra­gile Iden­ti­tä­ten, über den schö­nen Schein und die Suche nach dem inne­ren Licht – fun­kelnd, glas­klar und von sub­ti­ler Spannung.

Unsere Rezen­sion zum Buch fin­det ihr in der nächs­ten Aus­gabe des „Bücher­stadt Kuriers“, wel­che am 01.03.14 erscheint.

Diese Lesung fand im Rah­men der Lite­ra­TourNord statt. Wei­tere Lesun­gen mit Marion Poschmann:
21.01.2014, 20:00 Uhr, Ros­tock / 22.01.2014, 20:00 Uhr, Lüne­burg / 23.01.2014, 19:30 Uhr, Hannover

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2 comments

buzzaldrinsblog 21. Januar 2014 - 15:39

Danke für dei­nen schö­nen Bericht! 🙂 In Momen­ten wie die­sen bereue ich immer, dass ich nicht mehr in Bre­men wohne. Schön, dass ich durch deine Bei­träge zumin­dest ein klein wenig dabei sein konnte. 🙂

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Bücherstadt Kurier 21. Januar 2014 - 22:06

Ja, schade, dass du nicht mehr in Bre­men wohnst... :/

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