Meins, deins, unseres? Lesekompass

by Worteweberin Annika

„Das ist aber meins!“ Tei­len fällt Kin­dern nicht immer leicht und wird daher im Kin­der­zim­mer und auf dem Spiel­platz oft zum Thema. Mit „Das ist mein Baum“ von Oli­vier Tallec hat Worte­we­be­rin Annika ein Bil­der­buch über das (Nicht-)Teilen gelesen.

Ob es nun um Kekse geht, um Sand­spiel­zeug oder um Auf­merk­sam­keit: Wer will schon gerne tei­len? Das Eich­hörn­chen im Buch von Oli­vier Tallec jeden­falls nicht. Mit weit aus­ge­brei­te­ten Armen stellt es sich wütend vor einen Baum und ver­kün­det: „Alle sol­len es wis­sen: Das hier sind meine Zap­fen, das hier ist mein Baum.“ Um den Baum vor ande­ren Tie­ren zu schüt­zen, möchte es eine Mauer bauen – eine große Mauer! Da stellt sich nur die Frage, was für Bäume und Zap­fen hin­ter die­ser Mauer auf das Eich­hörn­chen war­ten könn­ten … Ist es viel­leicht doch keine so gute Idee, die ande­ren auszusperren?

Das Eich­hörn­chen mit den gro­ßen Kul­ler­au­gen und der aus­drucks­star­ken Mimik und Ges­tik nimmt Betrachter*innen gleich für sich ein – noch dazu, weil seine Situa­tion so nach­voll­zieh­bar ist. Die Zeich­nun­gen in Gelb- und Braun­tö­nen sind auch wegen des put­zi­gen Eich­hörn­chens lus­tig anzu­se­hen, das in Rage und Ver­zweif­lung gerät, nur um einen Baum vor den „ande­ren“ zu schüt­zen. Große Vorleser*innen kom­men hier wohl ein­fach nicht umhin, an einen Mann mit ähn­lich oran­ger Gesichts­farbe zu den­ken, der eben­falls eine Mauer bauen wollte …

Das Ende des Buches bleibt offen. Kin­der dür­fen sich hier selbst über­le­gen, wie sich das Eich­hörn­chen wohl ent­schei­den wird und wel­ches Ver­hal­ten sinn­voll wäre. Das ist ein tol­ler Anlass, um ins Gespräch zu kom­men und auch das eigene Han­deln zu reflek­tie­ren. War ich schon ein­mal wie das Eich­hörn­chen? Wie sollte ich mich eigent­lich ver­hal­ten? „Das ist mein Baum“ wurde auch des­we­gen mit dem dies­jäh­ri­gen Lese­kom­pass aus­ge­zeich­net, weil es Kom­mu­ni­ka­tion und sozia­les Ver­hal­ten schult. „Humor­vol­les und tief­sin­ni­ges Gedan­ken­spiel!“, sagt die Jury. Da kann ich mich nur anschließen!

Das ist mein Baum. Oli­vier Tallec. Aus dem Fran­zö­si­schen von Ina Kro­nen­ber­ger. Gers­ten­berg. 2020.

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