Monotones Puppenleben

by Bücherstadt Kurier

Nora oder ein Puppenheim_Bild _Theater Bremen

Hen­rik Ibsens Thea­ter­stück „Nora oder Ein Pup­pen­heim“ von 1879 ken­nen viele Schü­ler heute aus dem Unter­richt. Ob ihnen die Insze­nie­rung von Regis­seur Felix Rothen­häus­ler im Thea­ter Bre­men gefal­len würde? Worte­we­be­rin Annika hat sie sich angesehen.

Nora lebt mit ihrem Mann Thor­vald und den gemein­sa­men Kin­dern seit inzwi­schen acht Jah­ren zusam­men. Als es Thor­vald vor eini­gen Jah­ren gesund­heit­lich sehr schlecht ging, nahm Nora im Gehei­men ein Dar­lehn beim Anwalt Krog­stad für eine Kur auf, fälschte dafür eine Unter­schrift und ret­tete so ihre Ehe. Eine Ehe aller­dings, in der sie als „Singler­che“ nur die Rolle einer Puppe im Häus­chen ihres Man­nes spielt. Nun kommt Krog­stad dem Betrug auf die Schli­che und möchte Thor­vald die Wahr­heit sagen, wenn Nora nicht ein gutes Wort für Krog­stad ein­legt. Der ist inzwi­schen bei Thor­vald ange­stellt und muss um sei­nen Pos­ten fürch­ten. Die Ereig­nisse spit­zen sich zu, und schließ­lich steht Noras Leben vor der Wende. Jetzt muss nur noch eine Ent­schei­dung her.

Fünf Men­schen ste­hen in einer Reihe, zwei Frauen, drei Män­ner (Karin Enz­ler, Robin Son­der­mann, Mat­t­hieu Svecht­ine, Lisa Guth, Sieg­fried W. Maschek). Die Frauen, mit lan­gen dunk­len Haa­ren, tra­gen beide ein­heit­lich ein blau-rot gemus­ter­tes Kleid und die glei­chen Schuhe, die Män­ner den glei­chen Anzug mit einer iden­ti­schen Kra­watte. Wer von ihnen ist nun aber wer? Mal so, mal so: Auch über Geschlech­ter­gren­zen hin­weg schlüp­fen die fünf Schau­spie­ler in alle betei­lig­ten Rol­len und tau­schen dabei von Szene zu Szene, so scheint es, will­kür­lich. Fast durch­gän­gig ver­wei­len sie dabei an ihrem Platz, in Reih‘ und Glied, spre­chen an das Publi­kum gewandt. Und zwar sehr mono­ton, sehr emo­ti­ons­los, ohne Mimik und oft in wie­der­keh­ren­den Phra­sen – wie Puppen.
Das passt zu Noras Situa­tion, die in einem gefühl­lo­sen Käfig vor sich hin­lebt. Den­noch ist es für die Zuschauer auf Dauer eine Her­aus­for­de­rung, denn was zu Anfang noch als kurz­wei­li­ger Ein­stieg erscheint, dau­ert die gan­zen 90 Minu­ten an und lässt die Vor­stel­lung sehr lang wer­den. Zudem blei­ben die ein­zel­nen Figu­ren durch die stän­di­gen Rol­len­wech­sel kon­tur­los und flach, teil­weise wird es schwie­rig, dem Hand­lungs­ver­lauf zu folgen.

Gar­niert wird die Mono­to­nie mit Lachern und Applaus aus der Kon­serve und von den Schau­spie­lern vor­ge­tra­ge­nen Aus­schnit­ten aus Bal­la­den der ame­ri­ka­ni­schen Sän­ge­rin Lana Del Rey. Wie diese Momente haben sicher­lich auch jene, in denen sich die Schau­spie­ler ent­klei­den oder auf dem Boden wäl­zen, eine Bedeu­tung – diese Bedeu­tung zu erken­nen ist lei­der nicht ganz leicht.
Das Büh­nen­bild, bestehend aus einem Dickicht aus Dschun­gel­pflan­zen, bil­det einen schö­nen Kon­trast zu Noras ste­ri­ler Pup­pen­welt. In diese kehrt sie am Ende, anders als in Ibsens Fas­sung, auch zurück, nach­dem sie einen Bogen durch das Grün gedreht hat. Mög­lich, dass hier auf die Ver­sion Bezug genom­men wird, die in Deutsch­land 1880 urauf­ge­führt wurde: Dort blieb Nora aus gesell­schaft­li­chen Grün­den bei ihren Kin­dern. Im Thea­ter Bre­men wird für das Ende eine Art Mit­tel­weg gewählt.

Am Ende der Vor­stel­lung fällt der Applaus beschei­den aus. Zu viel Inno­va­tion, zu viel Mono­to­nie, zu viel Her­aus­for­de­rung für das Publi­kum? Viel­leicht. Oder viel­leicht ein­fach zu viel gewollt.

Nora oder Ein Pup­pen­heim. Thea­ter Bre­men. Regie: Felix Rothen­häus­ler. Schau­spie­ler: Karin Enz­ler, Robin Son­der­mann, Mat­t­hieu Svecht­ine, Lisa Guth, Sieg­fried W. Maschek, Carola Marsch­hau­sen. Nach Hen­rik Ibsen.

Foto: Thea­ter Bremen

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