Monster, mein Monster!

by Zeilenschwimmerin Ronja

Jede Kul­tur kennt Mons­ter. Men­schen erschaf­fen sie, wohin sie auch gehen und was sie auch tun. Wir wer­den sie nicht los. Aber wol­len wir das über­haupt? Zei­len­schwim­me­rin Ronja ist sich da, spä­tes­tens seit sie „Men­schen brau­chen Mons­ter“ gele­sen hat, nicht so sicher.

Mons­ter machen Angst. Sie ste­cken unter dem Bett, sie lau­ern in der Dun­kel­heit und wol­len den Men­schen Böses. Alle Kul­tu­ren haben ihre Mons­ter und auch wenn diese anfangs sehr unter­schied­lich wir­ken, so haben sie doch alle Ähn­lich­kei­ten, in ihrer Ent­ste­hung, ihrer Funk­tion, ihrem Aus­se­hen. Viele von ihnen haben etwas Tie­ri­sches, sind etwa trieb­ge­steu­ert oder gar Misch­we­sen aus Mensch und Tier. Doch Mons­ter sind nicht sta­tisch. Sie rei­sen mit den Men­schen, wenn sie umzie­hen, sie pas­sen sich an neue Gege­ben­hei­ten an. Man­che Mons­ter sind uralt, man­che erst spä­ter ent­stan­den. Einige Mons­ter aber, die frü­her reine Alb­traum­ge­stal­ten waren, ver­lie­ren etwas von ihrem Grauen und andere waren sogar noch nie grau­sam, wie etwa das Krümelmonster.

Ganz so wie Newt Sca­man­der in „Phan­tas­ti­sche Tier­we­sen und wo sie zu fin­den sind“ packt Hubert Fil­ser einen (meta­pho­ri­schen) Kof­fer mit aller­lei Mons­tern aus ver­schie­dens­ten Zei­ten und mit unter­schied­lichs­ter Her­kunft. Locker zu lesen und unter­halt­sam gibt es Wis­sens­wer­tes zu Mons­tern, ihrer Ent­ste­hung und ihrer Wand­lung zu ent­de­cken. Immer wie­der sind kleine oder auch grö­ßere Exkurse zu fin­den, die mal in die Sprach­wis­sen­schaft, mal in die Welt des Films oder der Psy­cho­lo­gie führen.
Auch wenn die ein­drucks­vol­len schwarz-wei­ßen Zeich­nun­gen von Peter M. Hoff­mann im Ver­hält­nis zum Text spär­lich gesät sind, ent­steht doch nie der Ein­druck, dass ein Bild jetzt unbe­dingt not­wen­dig wäre. Vie­les Ange­spro­chene (aus Kunst oder Film) ist weit­läu­fig bekannt und den Rest kann auf die Schnelle auch mal das Inter­net bebildern.

„Der ame­ri­ka­ni­sche Hor­ror­buch­au­tor Ste­phen King […] stellte fest, dass Hor­ror­ge­schich­ten in Zei­ten poli­ti­scher oder wirt­schaft­li­cher Kri­sen […] immer beson­ders erfolg­reich gewe­sen seien. Die gesell­schaft­li­chen Ängste der Men­schen tre­ten in die­sen Zei­ten stär­ker her­vor und wer­den dann als Mons­ter greif­bar.“ (S. 105)

Gedan­ken wie diese machen das Buch beson­ders inter­es­sant. Es ist ein – für mich – neuer Blick­win­kel auf Mons­ter. Sie als Not­wen­dig­keit der mensch­li­chen Phan­ta­sie und Ver­sinn­bild­li­chung sehr irdi­scher und mensch­li­cher Pro­bleme zu sehen, leuch­tet unbe­dingt ein. So scheint auch die Bedeu­tung man­cher Mons­ter recht offen­sicht­lich: Zom­bies etwa als Pro­dukt der Gefah­ren von Atom­kraft und Nukle­ar­waf­fen und gna­den­lose künst­li­che Intel­li­gen­zen ent­stei­gen den rasan­ten tech­ni­schen Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jahrzehnte.

Beim Lesen von „Men­schen brau­chen Mons­ter“ habe ich viel gelernt, das ich zuvor noch nicht wusste oder das mir noch nicht son­der­lich bewusst war. Dar­über hin­aus lädt es auch ein, sich nun noch mehr mit Mons­tern aus­ein­an­der zu setzen.

Zwei Anmer­kun­gen muss ich noch hin­zu­fü­gen. Zum einen: Wie der Autor auch schon in der Ein­lei­tung anmerkt, beschäf­tigt er sich über­wie­gend mit europäischen/westlichen Mons­tern. Das ist kein Kri­tik­punkt, ledig­lich ein Hin­weis. Zum ande­ren: Es gibt im Text keine kon­kre­ten Quel­len­nach­weise, ledig­lich ein Lite­ra­tur­ver­zeich­nis am Ende. Für ein unter­hal­ten­des Sach­buch ist das voll­kom­men akzep­ta­bel, eine wis­sen­schaft­li­che Abhand­lung würde jedoch Fuß­no­ten brauchen.

Men­schen brau­chen Mons­ter. Alles über gru­se­lige Gestal­ten und das Dunkle in uns. Hubert Fil­ser. Mit Illus­tra­tio­nen von Peter. M. Hoff­mann. Piper. 2017. Erhält­lich in der Buch­hand­lung eures Vertrauens.

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