Motivation in Pink

by Zeilenschwimmerin Ronja

„Ich bin Femi­nis­tin.“ Lange hatte ich den Ein­druck, dass die­ser Satz regel­recht ver­pönt war. Feminist*innen schie­nen gera­dezu furcht­erre­gend zu sein, so sel­ten woll­ten sich Frauen (geschweige denn Män­ner) mit ihnen iden­ti­fi­zie­ren. Das scheint sich jetzt zu ändern, wie „The Future Is Female“ zeigt. – Von Zei­len­schwim­me­rin Ronja

Her­aus­ge­ge­ben von der Autorin und Akti­vis­tin Scar­lett Cur­tis ver­eint „The Future Is Female – Was Frauen über Femi­nis­mus den­ken“ eine große Band­breite von Bei­trä­gen, die so unter­schied­lich sind wie ihre Autorin­nen. Das Ange­bot reicht von wirk­lich sehr kur­zen Bei­trä­gen, die nicht ein­mal eine Seite umfas­sen, über erzäh­lende Arti­kel und sogar Poe­sie bis zu Erfah­rungs­be­rich­ten und Kom­men­ta­ren. Genauso viel­fäl­tig sind die Gefühle, die diese Texte aus­lö­sen kön­nen. Ein gro­ßer Teil davon ist inspi­rie­rend und moti­vie­rend. Einige Berichte zei­gen die Ernüch­te­rung, die frau durch­aus ver­spü­ren kann, und sor­gen gleich­zei­tig dafür, dass diese nicht über­hand­nimmt. Man­che Texte sind zor­nig, andere wei­sen sach­lich auf Miss­ver­hält­nisse hin und wie­der andere machen deut­lich, was alles schon erreicht wurde.

Die­ser Sam­mel­band wirbt mit den Namen berühm­ter Frauen wie Emma Wat­son (S. 396–403) und Keira Knight­ley (S. 155–160), deren Bei­träge auch wirk­lich lesens­wert sind. Ers­tere gibt Lite­ra­tur­emp­feh­lun­gen, die der BK gerne unter­stützt, und letz­tere schreibt mit beein­dru­cken­der Inbrunst und Ehr­lich­keit über die Geburt ihrer Toch­ter. Ob und wie viele andere Namen dir etwas sagen oder nicht, spielt jedoch für die Wir­kung der Texte keine Rolle. Viele der Bei­träge, die mich beim Lesen am meis­ten beweg­ten, stam­men von Frauen, deren Namen mir über­haupt nichts sagten.

„Femi­nis­mus ist heute wich­ti­ger denn je.“ (Ste­fa­nie Lohaus, S. 361)

Die Bei­träge stam­men zu einem gro­ßen Teil von Schau­spie­le­rin­nen und eini­gen Akti­vis­tin­nen. Andere Pro­fes­sio­nen sind dage­gen kaum bis gar nicht ver­tre­ten. Die Namens­viel­falt aller­dings zeigt, dass Wert auf ein brei­tes kul­tu­rel­les Abbild gelegt wurde, auch wenn sich die Mehr­heit der Bei­träte auf Zustände in den USA bezieht. Die deut­sche Aus­gabe aller­dings wurde erfreu­li­cher Weise um sechs Bei­träge ergänzt. Dadurch wird auch auf Ent­wick­lun­gen Bezug genom­men, die Europa und Deutsch­land im Spe­zi­el­len betref­fen. So macht etwa Kat­rin Bau­er­feind (S. 95–99) deut­lich, warum Femi­nis­mus im All­ge­mei­nen und auch hier­zu­lande noch immer wich­tig ist, Tijen Onaran (S. 314–322) gibt aus­ge­hend von ihren Erfah­run­gen moti­vie­ren­den Zuspruch und Ste­fa­nie Lohaus (S. 352–361) geht auf aktu­elle poli­ti­sche Ent­wick­lun­gen ein.

„Wir sind nicht das schwä­chere Geschlecht.“ (Keira Knight­ley, S. 160)

Und ja, es wird auch kör­per­lich. Femi­nis­mus lässt sich ohne den Kampf gegen Sexis­mus und den Bruch von Tabus, mit denen die Eigen­schaf­ten des weib­li­chen Kör­pers belegt sind, nicht den­ken. So offen die Autorin­nen hier auch über die Peri­ode, die Vulva, Sex und Geburt schrei­ben mögen, sie alle ken­nen die Scham, die das Spre­chen über diese The­men immer noch mit sich bringt.

Auf Grund sei­ner Viel­fäl­tig­keit und nicht-wis­sen­schaft­li­chen Her­an­ge­hens­weise rich­tet sich die­ser Sam­mel­band an alle – ja, unbe­dingt auch an Jungs und Män­ner, denn Femi­nis­mus ist kein Kampf gegen das männ­li­che Geschlecht, son­dern für Gleich­be­rech­ti­gung aller Geschlech­ter –, die gerade in das Thema Femi­nis­mus ein­stei­gen (für einen Ein­stieg in die Geschichte des Femi­nis­mus ist der Essay von Claire Horn emp­feh­lens­wert – S. 371–394), und auch an bereits beken­nende Feminist*innen und jene, die noch oder wie­der im Zwei­fel dar­über sind, ob und womit sie sich da eigent­lich (nicht) identifizieren.

Ich bin Feministin.

Anmer­kung: Der Titel „The Future Is Female“ wird sicher nicht bei allen Feminist*innen auf Zustim­mung tref­fen. Es gibt den Vor­wurf, dass die­ser schon län­ger kur­sie­rende Satz Inter- und Trans­se­xu­elle aus­schließt. Diese Kri­tik möchte ich nicht wei­ter auf­grei­fen. Wie es so schön heißt: Das Kind muss einen Namen haben. Der Titel der eng­li­schen Ori­gi­nal­aus­gabe ist „Femi­nist Don’t Wear Pink (and other lies).“

The Future Is Female – Was Frauen über Femi­nis­mus den­ken. Scar­lett Cur­tis (Her­aus­ge­be­rin). Mit Bei­trä­gen von: Emma Wat­son, Keira Knight­ley, Kat­rin Bau­er­feind u.v.m. Mit Über­set­zun­gen von: Antje Alt­hans, Kat­rin Har­laß, Elke Link, Kris­tin Loh­mann, Johanna Ott und Sophie Zeitz. Gold­mann. 2018.

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