Nett, so ein Skelett: Künstlerische Röntgenbilder

by Zeichensetzerin Alexa

Rönt­gen­bil­der als Kunst­werke gestal­ten – das schafft Arie van ’t Riet. Bevor er seine Lei­den­schaft für künst­le­ri­sche Fotos ent­deckte, arbei­tete er im Bereich der Kli­ni­schen Strah­len­phy­sik in einem Kran­ken­haus. Heute kön­nen seine Werke in Aus­stel­lun­gen auf der gan­zen Welt betrach­tet wer­den – und jetzt auch im Buch „Nette Ske­lette“, erschie­nen im Mixtvi­sion Ver­lag. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

„Die­ses Buch ist unge­wöhn­li­cher als du denkst“, meint Jan Paul Schutten, der Autor die­ses Buches, im Vor­wort. Und er hat Recht. Nicht nur, weil Rönt­gen­bil­der fas­zi­nie­rend sein kön­nen, son­dern auch auf­grund der Ent­ste­hungs­art der Bil­der in die­sem Buch. Dabei waren sie ursprüng­lich gar nicht für ein Buch gedacht. Arie van ’t Riet hat wäh­rend sei­ner Arbeit im Kran­ken­haus viele Rönt­gen­auf­nah­men gemacht und als ein Rönt­gen­ge­rät aus­ge­mus­tert wurde, durfte er es – unter Ein­hal­tung aller Sicher­heits­an­for­de­run­gen – mit in seine Werk­statt neh­men. Dort ent­stan­den dann die Rönt­gen­bil­der, die in die­sem Buch zu sehen sind.

Arie van ’t Riet sah das Rönt­gen von Tie­ren zunächst als eine Übung, aber dann fand er gro­ßen Gefal­len daran, Pflan­zen und Tiere so zu kom­bi­nie­ren, dass die Auf­nah­men zu Kunst­wer­ken wur­den. Ein wich­ti­ger Hin­weis: Alle Tiere, die Arie auf­nahm, leb­ten nicht mehr. Es wurde also kein Tier gequält – und natür­lich wurde auch keins für die­ses Pro­jekt getö­tet. Da man nicht ein­fach so ein totes Tier besit­zen kann, hat Arie jedes, das er mit in seine Werk­statt nahm, gemeldet.

Als Arie van ’t Riet seine Fotos schließ­lich an Jan Paul Schutten schickte, wusste die­ser sofort, „dass man dar­aus ein unge­wöhn­li­ches Buch machen konnte“ und schrieb die Texte dazu. Soweit zur Vor­ge­schichte des Buches „Nette Ske­lette“ – tau­chen wir ab in die groß­ar­ti­gen Röntgenaufnahmen!

Fas­zi­nie­rende Skelette

Es gibt viele Bücher über Tiere, die ihre Eigen­schaf­ten und Beson­der­hei­ten beschrei­ben, aber in die­sem Buch geht es vor­der­grün­dig um ihre Kno­chen! Vor­ge­stellt wer­den unter­schied­li­che Arten: Glie­der­fü­ßer und Weich­tiere, Fische, Amphi­bien, Rep­ti­lien, Vögel und Säu­ge­tiere. Sie unter­schei­den sich in ihrem Kör­per­bau und ihren Fähig­kei­ten, äußer­lich wie inner­lich. Klar, die Schne­cke hat ein Herz und eine Niere, aber sie ist im Inne­ren so weich, dass man auf den Rönt­gen­bil­dern nichts erken­nen kann. Die Sil­ber­nen Pam­peln hin­ge­gen sind vol­ler Grä­ten und das sieht man anhand der vie­len dün­nen Strei­fen auf der Aufnahme.

Man­che Tiere sind beson­ders span­nend: Das See­pferd­chen hat sowohl ein inne­res als auch ein äuße­res Ske­lett. Letz­te­res ist ein Pan­zer, der vor Raub­fi­schen oder ‑vögeln schützt. Haben sich diese durch das äußere Ske­lett gebis­sen, müs­sen sie sich noch durch das innere arbei­ten. Im End­ef­fekt haben sie aber nicht viel davon, denn das See­pferd­chen hat mehr Kno­chen als Fleisch – und das ist den meis­ten Tie­ren dann doch zu viel Aufwand.

„Wuss­test du, dass …?“

„Nette Ske­lette“ beinhal­tet einer­seits wun­der­schöne Auf­nah­men, die in einem anspre­chen­den Lay­out ein­ge­bet­tet sind, und ande­rer­seits sehr span­nende Infor­ma­tio­nen. Das bie­tet reich­lich Gesprächs­stoff: Wuss­tet ihr, dass sich man­che Vögel ein­an­der ähn­li­cher sind, als es von außen den Anschein hat? Die Ske­lette einer Els­ter, eines Eichel­hä­hers und einer Krähe glei­chen sich so sehr, dass sie kaum zu unter­schei­den sind. Erst durch die Federn ver­lie­ren sie ihre Ähnlichkeit.

Und da wir gerade bei Unter­schie­den sind: Eine Wespe und eine Hum­mel unter­schei­den sich sehr von­ein­an­der – oder? Zumin­dest was die äußer­li­che Erschei­nung betrifft. Denn auf den Rönt­gen­bil­dern wird ersicht­lich: Hum­meln haben genauso wie Wes­pen eine dünne Taille. Die ein­zel­nen Kör­per­teile sind lose mit­ein­an­der ver­bun­den, wes­halb die Hum­mel sehr ver­letz­lich ist.

Net­flix für die Hummel?

Ohne vor der Lek­türe den Klap­pen­text gele­sen zu haben, wirkt das Buch wie ein infor­ma­ti­ves Sach­buch für jedes Alter. Im Gegen­satz zu den Rönt­gen­bil­dern ist der Text aber nicht unbe­dingt für alle geeig­net – bezie­hungs­weise ist das Ziel­pu­bli­kum ein jün­ge­res. Dies ist zum einen an dem salop­pen Schreib­stil erkenn­bar und zum ande­ren an den Ver­wei­sen auf unter­schied­li­che Unter­hal­tungs­me­dien. So Schreibt Jan Paul Schutten, dass die Hum­mel zwar Füh­ler hat, damit aber kein WLAN emp­fan­gen kann, „aber das stört die Hum­mel nicht, denn sie inter­es­siert sich mehr für Nek­tar als für Netflix.“

Haha, wit­zig. Oder auch nicht. Jeden­falls ist der Schreib­stil zu Beginn sehr gewöh­nungs­be­dürf­tig, vor allem, wenn man mit einem erns­te­ren Sach­buch gerech­net hat. Manch­mal wirkt der Stil etwas erzwun­gen, so als ver­su­che der Autor beson­ders wit­zig zu sein, um die Ziel­gruppe zu errei­chen. Aber eigent­lich ist das gar nicht not­wen­dig. „Nette Ske­lette“ funk­tio­niert auch ohne Komik. Das Buch über­zeugt mit fas­zi­nie­ren­den Rönt­gen­bil­dern, die den Leser:innen zei­gen, was sie im All­tag nicht sehen kön­nen: das Ske­lett eines Tie­res – wun­der­schön kom­bi­niert mit Pflan­zen, die etwas Farbe in die Schwarz-Weiß-Auf­nah­men brin­gen. Und es punk­tet mit span­nen­den Infor­ma­tio­nen, die ganz sicher nicht so schnell aus dem Gedächt­nis verschwinden.

Wer sich also für Tiere und deren Ske­lette inter­es­siert, und über den etwas ner­vi­gen Schreib­stil hin­weg­se­hen kann, sollte unbe­dingt einen Blick in „Nette Ske­lette“ wer­fen. Emp­feh­lens­wert ab 8 Jah­ren und viel älter.

Nette Ske­lette. Text: Jan Paul Schutten. Bil­der: Arie van ’t Riet. Über­set­zung aus dem Nie­der­län­di­schen: Bir­git Erd­mann, Verena Kie­fer. Mixtvi­sion. 2020. Ab 8 Jah­ren. // Bil­der: Mixtvision

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