Nimm die Blume!

by Buchstaplerin Maike

Buch­stap­le­rin Maike hat sich letzt­end­lich zum Wohl der Ohren in der Bücher­stadt dage­gen ent­schie­den, ihr Lob­lied auf Amanda Pal­mers Buch „The Art of Asking“ auf der Uku­lele vor­zu­spie­len. Doch sie ist schon seit ein paar Jah­ren Fan der exzen­tri­schen Musi­ke­rin und hat dem Erschei­nen der ehr­li­chen und inspi­rie­ren­den Memoi­ren im Eich­born Ver­lag entgegengefiebert.

„Fra­gen kos­tet nichts, so lau­tet das Sprich­wort. Fra­gen kann aber weh­tun.“ (S. 196) Doch glaubt man Amanda Pal­mer – und es fällt schwer, es nicht zu tun – lohnt es sich, das Risiko ein­zu­ge­hen. Die Musi­ke­rin ist ein Phä­no­men, und ob man sie mag oder nicht, oder ob man sie über­haupt ken­nen muss, ist für viele Pas­sa­gen im Buch nicht von Belang, son­dern unter­malt die uni­ver­sel­len Rat­schläge, die das Buch so authen­tisch machen.

Pal­mers Erzäh­lung beginnt bei ihren Anfän­gen als lebende Sta­tue, bei denen sie von Selbst­zwei­feln geplagt für den Moment der Ver­bin­dung zwi­schen Künst­le­rin und Publi­kum lebt – mit einer über­reich­ten Blume als Sym­bol. Ein Bild, das sich durch das ganze Buch zieht und immer wie­der­kehrt als Quint­essenz. Danach springt Pal­mer hin und her zwi­schen Anek­do­ten mit ihren Bands und Ido­len und Freun­den. Gro­ßen Raum nimmt die Erklä­rung ihrer Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne ein, bei der sie ihre Fans um Hilfe gebe­ten und Geld gesam­melt hat, um ein Album zu finan­zie­ren – und warum es kein Bet­teln ist, son­dern eine Trans­ak­tion, bei der es um Frei­wil­lig­keit, Kunst und Liebe geht: „Wenn das Bit­ten ein Zusam­men­wir­ken dar­stellt, ist das Bet­teln eine For­de­rung […].“ (S. 76) Statt­des­sen setzt Pal­mer auf Nähe und Kom­mu­ni­ka­tion mit ihren Fans, sei es über Twit­ter oder auf Kon­zer­ten, wenn sie sich nackt mit Eddings bema­len lässt.

„Bei­nahe jeder mensch­li­che Kon­takt läuft am Ende auf den Akt und die Kunst des Bit­tens hin­aus.“ (S. 13)

Dann wie­derum prä­sen­tiert sie sich sehr mensch­lich, als sie die Ecken und Kan­ten ihrer Ehe mit Schrift­stel­ler Neil Gai­man dar­legt, oder die Weis­hei­ten ihres tod­kran­ken Men­tors Anthony teilt. Was in der Zusam­men­fas­sung schnell ego­is­tisch und selbst­dar­stel­le­risch klingt, wird im Buch so offen und ehr­lich prä­sen­tiert, dass man Pal­mer nichts ande­res als Sym­pa­thie ent­ge­gen­brin­gen kann, wenn sie fleht: „Bitte glaubt mir. Ich bin keine Lüg­ne­rin.“ (S.51)

Fast glaubt man, keine Memoi­ren zu lesen, son­dern eine Col­lage, die sich aus all­ge­mein gül­ti­gen Kurz­ge­schich­ten über Ver­trauen, Selbst­über­win­dung und Mensch­lich­keit zusam­men­setzt. Als Fazit für alle Bit­ten­den zieht Pal­mer, dass ehr­li­che Ver­bin­dung und Ver­trauen zwi­schen den Par­teien die Bitte nach allem recht­fer­tigt, sei es Geld, ein Sofa zum Über­nach­ten oder nur ein Tampon.

Der Stil ist, auch wenn er manch­mal derb und flap­sig daher­kommt, zugäng­lich und spie­gelt die Ehr­lich­keit und Offen­heit wider, die den Inhalt domi­nie­ren. Amanda Pal­mer erschafft auf über 400 Sei­ten einen berüh­ren­den Opti­mis­mus, an den man glau­ben will, und hin­ter­lässt beim Lesen stets das Gefühl, selbst mehr errei­chen zu kön­nen, wenn man sich zum Bit­ten überwindet.

Viel­leicht ist mein Urteil ein wenig par­tei­isch, immer­hin liebe ich Pal­mers Musik seit Jah­ren, aber für mich ist „The Art of Asking“ das inspi­rie­rendste Buch, das ich in den letz­ten Jah­ren gele­sen habe. Als Mischung zwi­schen Memoi­ren, Selbst­hil­fe­buch, Anek­do­ten und zau­ber­haf­ten Kurz­ge­schich­ten steckt es so vol­ler Weis­heit, die man nur so in sich ein­saugt: Es ist in Ord­nung, um Hilfe zu bit­ten. Es ist in Ord­nung, ver­letz­lich zu sein. Ein Buch für alle – nicht nur für ange­hende Künst­ler – um sich zu öff­nen, und sich zu trauen, ein­fach zu bit­ten.

The Art of Asking. Wie ich auf­hörte, mir Sor­gen zu machen und lernte, mir hel­fen zu las­sen; Amanda Pal­mer, Viola Krauß (Über­set­zung), Eich­born, 2015; Ihr seid neu­gie­rig auf Amanda Pal­mers Musik gewor­den? Die Musik zum Buch fin­det ihr hier.

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