Ocean‘s Eleven auf Kaffeejagd

by Bücherstadt Kurier

Der KaffeediebHis­to­ri­scher Roman, Kaf­fee und „Ocean’s Ele­ven“ … Eine eigen­ar­tige Mischung, die Zei­len­schwim­me­rin Ronja in „Der Kaf­fee­dieb“ von Tom Hil­len­brand begeg­net. Doch keine Sorge, es ist nicht halb so abge­dreht wie es klingt.

Aus­ge­hen­des 17. Jahr­hun­dert: Ganz Europa ist im Kaf­fee­fie­ber. Auch Obediah Cha­lon, ein ver­arm­ter eng­li­scher Landad­li­ger, der sich mit halb­sei­de­nen Bör­sen­ge­schäf­ten und Geld­fäl­sche­rei über Was­ser hält. Schließ­lich wird er erwischt und lan­det in einem nie­der­län­di­schen Gefäng­nis. Doch schon nach weni­gen Tagen wird er unter einer Bedin­gung frei­ge­las­sen: Obediah soll für eine mäch­tige Han­dels­ge­sell­schaft einen Schatz der etwas unge­wöhn­li­che­ren Art steh­len: Kaf­fee­spröss­linge. Das klingt leich­ter als es ist, denn das
Osma­ni­sche Reich, will um jeden Preis sein Han­dels­mo­no­pol auf Kaf­fee erhal­ten. Unter größ­ter Geheim­hal­tung stellt Obediah sich eine Mann­schaft mit allen not­wen­di­gen Fähig­kei­ten zusam­men. Gemein­sam machen sie sich auf den lan­gen und gefähr­li­chen Weg, nicht wis­send, dass sie vom fran­zö­si­schen Geheim­dienst ver­folgt wer­den, der viel mehr als einen Dieb­stahl zu ver­hin­dern sucht.

Wer die­ses Genre mag, wird durch­aus Par­al­le­len zu „Ocean’s Ele­ven“, „The Ita­lian Job“ oder ähn­li­chen Fil­men erken­nen: ein intel­li­gen­ter Kri­mi­nel­ler, der sich eine Gruppe Spe­zia­lis­ten zusam­men­stellt, um gemein­sam mit ihnen einen schein­bar unmög­li­chen Raub durch­zu­füh­ren. Es ist ein inter­es­san­ter Ansatz, die­ses Prin­zip in einem his­to­ri­schen Roman anzu­wen­den, der meis­tens erstaun­lich gut funktioniert.
Für einen his­to­ri­schen Roman ist „Der Kaf­fee­dieb“ in der Hand­lung unge­wöhn­lich schnell­le­big, was aller­dings etwas im Kon­trast zur Dauer des Raubs (Vor­ge­schichte und Vor­be­rei­tungs­zeit mit­ein­be­rech­net) steht. Dadurch und durch die teil­weise dem 17. Jh. ange­pass­ten Spra­che des Romans sind ein paar lang­at­mige Stel­len ent­stan­den, die jedoch im Gesamt­ein­druck untergehen.

Die his­to­ri­schen Daten und Ereig­nisse schei­nen gut recher­chiert zu sein. Tom Hil­len­brand hat sich auch einen Spaß dar­aus gemacht, Per­so­nen, die heute sehr bekannt sind, aber damals erst noch ihren Ruf auf­bauen muss­ten oder als ‚Spin­ner‘ abge­tan wur­den, bei­läu­fig ein­zu­wer­fen oder als einen der vie­len Brief­kon­takte Obediahs vorzustellen.
Auch wenn die meis­ten Figu­ren kaum eine Ent­wick­lung durch­ma­chen und neben Obediah als Haupt­per­son nur begrenzte Mög­lich­kei­ten erhal­ten, sich vor­zu­stel­len, sind die bei­den Frauen in der Die­bes­runde über­ra­schend eman­zi­piert. Das mag nicht unbe­dingt mit his­to­ri­schen Gege­ben­hei­ten im Ein­klang ste­hen, wird jedoch neben der Rezen­sen­tin noch wei­te­ren Lese­rin­nen (und Lesern) die Iden­ti­fi­ka­tion erleichtern.

„Der Kaf­fee­dieb“ ist ein his­to­ri­scher Roman, der mit Intri­gen, Ver­fol­gung, Ker­kern, „Ihr“ und „Euch“ sowohl sprach­lich als auch inhalt­lich alles ent­hält, was von einem his­to­ri­schen Roman erwar­tet wird, gleich­zei­tig aber durch Obediah’s Seven etwas moder­ner daher kommt.

Der Kaf­fee­dieb. Tom Hil­len­brand. Kie­pen­heuer & Witsch. 2016.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr