Parole Spielplatzrettung!

by Worteweberin Annika

Hoch­be­gabt und tief­be­gabt gesellt sich gern, wis­sen wir seit inzwi­schen vier Bän­den „Rico und Oskar“ von Andreas Stein­hö­fel. Mit „Rico, Oskar und das Mist­ver­ständ­nis“ ist jetzt ein fünf­ter und letz­ter Teil erschie­nen. Worte­we­be­rin Annika hat die Freunde darin nach Hes­sen und in die Ver­gan­gen­heit begleitet.

Fast sieht es zu Beginn von „Rico, Oskar und das Mist­ver­ständ­nis“ so aus, als würde jetzt alles zu Ende gehen: die Freund­schaft zwi­schen Rico und Oskar wegen eines dum­men Mis(t)verständnisses und ein wenig Eifer­sucht und die Zeit auf dem Spiel­platz mit der Cli­que noch dazu. Der Spiel­platz in einem Ber­li­ner Hin­ter­hof wurde samt eini­ger neuer Freunde im letz­ten Teil „Rico, Oskar und das Vom­him­mel­hoch“ ein­ge­führt. Gang und Spiel­platz sind inzwi­schen aus dem Leben der bei­den Freunde aus der Dief­fen­bach­straße nicht mehr wegzudenken.

Doch jetzt ist die Besit­ze­rin, Magda Pom­mer, auf­ge­taucht und will das wert­volle Grund­stück ver­kau­fen – oder viel­mehr möchte das ihr Groß­neffe, Jérôme Bür­ger. Jetzt müs­sen Rico und Oskar han­deln und bald schon wit­tern sie Betrug. Liegt der Schlüs­sel zu die­sem Fall in der Ver­gan­gen­heit von Magda Pom­mer und ihrem Bru­der? Oder hat die kränk­li­che Toch­ter von Jérôme Bür­ger etwas zu verbergen?

Freunde wie Messing

Um den Ver­kauf zu ver­hin­dern, soll­ten Rico und Oskar eigent­lich zusam­men­ar­bei­ten. Zuerst sieht es so aus, als könnte das wie gewohnt gut funktionieren:

„Und dann, völ­lig ohne Vor­anmel­dung, war da wie­der unser altes Rico-und-Oskar-Gefühl. Wir waren ein­fach rich­tig gut zusam­men, das wusste ich. Und Oskar wusste es auch.“ (S. 39)

Aber dann gibt es Streit. Rico ist näm­lich bis über beide Ohren in Sarah ver­liebt und Oskar benimmt sich immer selt­sa­mer. Weil er Rico nicht tei­len möchte, kommt es zum Bruch zwi­schen den Jun­gen. Sie gehen getrennte Wege: Rico über­win­det seine Angst vor Vul­kan­aus­brü­chen und besteigt mit Frau Dah­ling und dem Che­cker einen Zug nach Hes­sen. Oskar obser­viert der­weil die Lage in Ber­lin. Aber Rico ohne Oskar, ist das mög­lich? Nein, da ist sich die Gang sicher. Immer­hin sind die bei­den Jun­gen Freund-Freunde, argu­men­tiert der Che­cker. So wie aus Zink und Kup­fer zusam­men das här­tere Mes­sing wird, so erge­ben Rico und Oskar zusam­men ein per­fek­tes Team. Ob die bei­den das auch einsehen?

Parole Emil!

Wie in den ande­ren „Rico und Oskar“-Bänden arbei­tet Andreas Stein­hö­fel auch in die­sem wie­der inter­tex­tu­ell: Es gibt Ver­weise auf andere Romane und Filme, ins­be­son­dere auf die Lie­bes­ro­mane von Hed­wig Courths-Mah­ler (die Rico der Ein­fach­heit hal­ber „Kurz­ma­ler“ tauft). Er kann sogar den coo­len Che­cker davon über­zeu­gen, auf der Zug­fahrt seine Nase in ein Buch von ihr zu ste­cken. Wer kann schon stun­den­lang nur den Schrift­zug auf der Rück­seite sei­nes toten Han­dys anstarren?

Außer­dem geht Rico unter die Schrift­stel­ler. Durch sei­nen Streit mit Oskar und die Reise nach Hes­sen ist er bei den Gescheh­nis­sen in Ber­lin gar nicht dabei. Die Ermitt­lun­gen der Cli­que um Oskar gibt Rico des­we­gen nicht in sei­nem Tage­buch, son­dern in Roman­form wie­der. Da er von Frau Dah­ling Courths-Mah­lers „Gri­sel­dis“ aus dem Jahr 1917 aus­ge­lie­hen hat, ver­legt er auch die Ermitt­lungs­hand­lung in diese Zeit zurück. In „Oscars kapi­tale Aben­teuer“ tau­chen daher ver­frem­dete Figu­ren auf, und aus einer Hacke­rin wird kurzum eine Tele­fo­nis­tin. Beson­ders schön ist hier­bei die Begeg­nung mit einem klei­nen Erich, dem der Oscar in Ricos Roman die „Parole Emil!“ zuraunt – wenn ihn das spä­ter mal nicht zu „Emil und die Detek­tive“ inspi­riert hat...

Nie ohne Seife waschen

Auch wenn Rico inzwi­schen längst nicht mehr so „tief­be­gabt“ wie im ers­ten Band ist und die Bin­go­trom­mel in sei­nem Kopf immer bes­ser unter Kon­trolle hat, ent­hält auch „Rico, Oskar und das Mist­ver­ständ­nis“ wie gewohnt die lus­ti­gen Info-Käs­ten zu schwie­ri­gen Wör­tern und andere wit­zige Über­le­gun­gen. Was zum Bei­spiel pas­siert, wenn man sich doch mal ohne Seife wäscht, ord­nen sich die Him­mels­rich­tun­gen dann um zu „Wir stin­ken nur ober­fläch­lich“? Über Ricos ganz beson­dere Logik kann man nicht nur immer wie­der schmun­zeln, sein Blick auf die Welt (und auf alles rechts und links davon) macht auch mal nachdenklich.

„Rico, Oskar und das Mist­ver­ständ­nis“ bleibt bis zum Ende span­nend, ist gewohnt wit­zig und voll mit dem ver­trau­ten Rico-und-Oskar-Gefühl. Und, so viel sei ver­ra­ten, letzt­end­lich geht dann doch nicht alles zu Ende. Nur die Reihe um Rico und Oskar lei­der schon.

Rico, Oskar und das Mist­ver­ständ­nis. Andreas Stein­hö­fel. Mit Bil­dern von Peter Schös­sow. Carl­sen. 2020.

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