Perfekt unperfekt

by Bücherstadt Kurier

Ich bin dann mal ganz andersMöchte nicht jede Frau erfolg­reich, selbst­be­wusst und attrak­tiv sein? Mit die­ser Frage beschäf­tigt sich Jen­ni­fer Schrei­nen in ihrem fri­schen und erhei­ter­ten Roman „Ich bin dann mal ganz anders“. – Von Roma­n­akro­ba­tin Leona

Anna ist unzu­frie­den mit ihrem Leben: Sie ist 28 Jahre alt, wohnt noch zu Hause bei ihrer Mut­ter, ist Lang­zeit­stu­den­tin und ewi­ger Sin­gle. Sie lässt kein Fett­näpf­chen aus und wird stän­dig mit ihrer per­fek­ten Schwes­ter ver­gli­chen. Mit ihrer bes­ten Freun­din beschließt sie schließ­lich ihr Leben umzu­krem­peln. Sie zieht in eine WG, beginnt ein Sport­pro­gramm, sucht sich einen Job und kauft sich schließ­lich Perü­cken, um sich selbst­be­wuss­ter zu füh­len und ihre rote Locken­mähne ver­ste­cken zu können.

Somit gibt es nun drei Annas: Die rot­haa­rige chao­ti­sche Stu­den­tin, die erfolg­rei­che Brü­nette für ihre Mut­ter und ihre Schwes­ter, und der blonde Vamp mit fami­liä­ren Zügen. Da ist Chaos natür­lich vor­pro­gram­miert, gerade wenn ein inter­es­san­ter Mann in Annas Leben stolpert.

So oder so ähn­lich hat sich ver­mut­lich schon jede Frau gefühlt, sodass alle Kli­schees schon mal bestä­tigt wur­den. Man fühlt sich häss­lich, fin­det sich in einer beruf­li­chen Sack­gasse wie­der und über­haupt sind alle ande­ren so per­fekt. Vie­les ist natür­lich etwas über­spitzt beschrie­ben, aber das macht den Roman so herr­lich humorvoll.

Anna ist eine lie­bens­werte Prot­ago­nis­tin, da sie einen klas­si­schen Toll­patsch sym­bo­li­siert. Zu Beginn scheint es, als könne Anna nur auf­grund ihrer Perü­cken Selbst­be­wusst­sein erlan­gen, was gene­rell der fal­sche Ansatz ist. Auch wenn sie durch ihre Ver­klei­dung nur ihre Unsi­cher­heit ver­ste­cken möchte. Das ver­mit­telt eine fal­sche Bot­schaft und sorgt prin­zi­pi­ell für Ver­wir­rung. Darum ist es natür­lich erwäh­nens­wert, dass vie­les davon wider­legt wird.

Eine tolle Kon­stel­la­tion bil­det die Wohn­ge­mein­schaft, in der Anna lebt, weil sie so spe­zi­ell und unge­wöhn­lich ist und trotz­dem alle an einem Strang zie­hen. Viel­leicht ist der Roman ja auch ein guter Rat­ge­ber für femi­nine Pes­si­mis­ten oder Frauen, die sich in Selbst­mit­leid suh­len. Frei nach dem Motto: Liebt euch erst mal selbst so wie ihr seid, bevor ihr von ande­ren geliebt wer­den möchtet.

Ich bin dann mal ganz anders. Jen­ni­fer Schrei­ner. Pro-Talk. 2015.

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