Poesie als innere Musik

by Zeichensetzerin Alexa

Tros­ta­rie

nach dem Ende wird die Straße
sich in einer Wen­dung drehn
vor dem Ende das Geweinte
aus den Höh­len auferstehn

vor dem Ende bre­chen Flechten
aus dem Kinderpflasterstein
wer­den Weine vor dem Ende
Was­ser in der Wüste sein?
[…]

Wie Musik erklingt die Poe­sie in uns, sofern sie uns berührt. Nicht jedes Gedicht ver­mag Gefühle aus­zu­lö­sen, Bil­der her­vor­zu­ru­fen und Sehn­süchte zu wecken. „Es gilt, die Dich­tung wie­der mit dem magi­schen Moment des Auf­bruchs zu ver­bin­den“, so Autor die­ses Wer­kes Tom Schulz. Es ginge dabei um „Dich­tung voll ver­rück­tem Pathos und einer Unbe­dingt­heit, Wild­heit, Zärtlichkeit“.

Innere Musik? Wie schafft man es, Worte in musi­ka­li­schen Klang zu ver­wan­deln? Schulz ver­sucht es mit Rhyth­mik und gleich­blei­ben­dem Stil: Die meis­ten Verse bestehen aus 3–4 Zei­len, auf Satz­zei­chen ach­tet der Autor nicht, das „und“ wird schlicht durch ein „&“ ersetzt. Auch wenn so etwas wie Rhyth­mik zu spü­ren ist, spie­len Sil­ben und Reime eine gerin­gere Rolle. Viel­mehr wird Wert auf den Aus­druck von Gefüh­len und Ein­drü­cken gelegt. The­ma­tisch hält der Autor sich an den All­tag: So fin­den die Tages­mut­ter, die Schwes­tern, die Allein­ste­hen­den, Freun­din­nen, Brü­der, Groß­müt­ter, Män­ner, Frauen und Dinge aus Natur und Gesell­schaft ihren Platz in einem knapp 86-sei­ti­gen Büchlein.
An den Schreib­stil des Autors gewöhnt man sich schnell, bleibt er die­sem doch bis zum Schluss treu. Dies erweckt den Ein­druck der Wie­der­ho­lung; Wie­der­ho­lung in unse­rer Spra­che, im All­tag, im Leben. Dinge, die uns täg­lich beschäf­ti­gen, wer­den in Poe­sie umge­wan­delt. Doch reicht es, um die in uns tief schlum­mernde Musik zu wecken?

Der Autor Tom Schulz ist Dozent für Krea­ti­ves Schrei­ben und Lyrik­work­shops in Augs­burg. Umso mehr wun­dert mich der leicht ein­sei­tige Stil die­ser Texte, hat Krea­ti­vi­tät für mich doch etwas Expe­ri­men­tel­les an sich, das Gren­zen durch­bricht und Neues wagt. Man mag es als Kunst ver­ste­hen oder nicht – was ästhe­tisch ist, ent­schei­det schließ­lich jeder für sich selbst. Und des­halb wird es zukünf­tig keine Later­nen­be­wer­tun­gen mehr von mir im Bereich Lyrik geben.

Alexa

Innere Musik, Tom Schulz, Ber­lin Ver­lag, 2012

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