Postkarten gegen das Aussterben

by Worteweberin Annika

Im Mai 2019 ver­öf­fent­lichte die UN einen Bericht über die Arten­viel­falt auf unse­rem Pla­ne­ten und das Aus­maß der Bedro­hung, der viele Tier­ar­ten aus­ge­setzt sind – durch den Men­schen. Wel­che Arten unter ande­rem betrof­fen sind, kann man im Sach­bil­der­buch „Sel­tene Tiere. Atlas der bedroh­ten Arten“ von Mark Jenkins nach­le­sen, wie es Worte­we­be­rin Annika gemacht hat.

Fast jeder kennt wohl die Geschichte vom aus­ge­stor­be­nen Rie­sen­vo­gel Dodo. Zu sei­ner Zeit war sein von Men­schen her­bei­ge­führ­tes Schick­sal unge­wöhn­lich, heute jedoch könnte es ihm eine große Anzahl an Tier­ar­ten nach­tun und eben­falls von unse­rer Erde ver­schwin­den. Bedroht sind zum Bei­spiel der aus­tra­li­sche Num­bat, der euro­päi­sche Aal, der Par­del­luchs aus Spa­nien und die korea­ni­sche Fluss­jung­fer, eine Libelle.

Jedes der drei­ßig Tiere, die in die­sem Atlas vor­ge­stellt wer­den, wird auf einer Dop­pel­seite genauer unter die Lupe genom­men: Einem Erklär­text mit zusätz­li­chem Info­kas­ten wird eine ganz­sei­tige Illus­tra­tion im Brief­mar­ken­for­mat gegen­über­ge­stellt. Die Illus­tra­tio­nen von Tom Frost sind echte Hin­gu­cker – und das im wahrs­ten Sinne des Wor­tes, denn viele der Tiere star­ren den Betrach­tern des Buches direkt in die Augen. Beein­dru­ckend! Die Bil­der erin­nern an Sieb­dru­cke im Vin­tage-Look und ver­lei­hen dem Buch einen ein­zig­ar­ti­gen Charakter.

Schach­tel­sätze: Nicht gefährdet

Was in die­sem Atlas lei­der weni­ger gut gelingt, ist es, kom­plexe bio­lo­gi­sche Vor­gänge ein­fach zu erklä­ren. Immer wie­der gibt es lange Schach­tel­sätze mit Nomi­na­li­sie­run­gen, aus denen die wich­ti­gen Infor­ma­tio­nen nicht ganz so leicht gefil­tert wer­den kön­nen. Das Buch sollte man Kin­dern im Grund­schul­al­ter daher viel­leicht bes­ser nicht Wort für Wort vorlesen.

Etwas irri­tiert hat mich auch die Gestal­tung der erklä­ren­den Texte: Sie begin­nen jeweils mit einer fett gedruck­ten Ein­lei­tung, die viel­fach mit einer an die Illus­tra­tion ange­pass­ten Bor­düre vom Haupt­text getrennt wird. Text­lo­gisch schlie­ßen die Texte danach aber direkt an die Ein­lei­tung an, sodass man ab und zu noch ein­mal zurück­sprin­gen muss, um alle Infor­ma­tio­nen dar­aus wie­der parat zu haben.

Ähn­lich irri­tie­rend kön­nen die fett gedruck­ten Zitate wir­ken, die zwar für gestal­te­ri­sche Abwechs­lung im Text sor­gen, teil­weise aber nicht ganz an den rich­ti­gen Stel­len auf­tau­chen und so Infor­ma­tio­nen vor­weg­neh­men. Hier ent­steht der Ein­druck, als habe man bei der Text­ge­stal­tung mit den tol­len Illus­tra­tio­nen mit­hal­ten wol­len und dabei die Les­bar­keit etwas aus den Augen verloren.

Auf einen Blick

Als prak­tisch gestal­ten sich hin­ge­gen die Info­käs­ten, in denen man auf einen Blick erfährt, wie viele Tiere der Art noch leben, wo sie ver­brei­tet sind, und – für die beson­ders Inter­es­sier­ten – wie ihr latei­ni­scher Name lau­tet. Und auch, was man in den Tex­ten erfährt, ist sehr inter­es­sant: Es geht darum, wie es zur Bedro­hung der Arten kam, und Schuld ist lei­der meis­tens der Mensch. Doch es gibt auch Hoff­nung, denn oft kann Jenkins von Schutz­pro­gram­men berich­ten, die erste Früchte tragen.

Beson­ders schön ist auch der Brief des Autors und Natur­schutz­bio­lo­gen Mar­tin Jenkins an seine Lese­rin­nen und Leser, der auf den ers­ten Sei­ten zu lesen ist. Er weist hier expli­zit auf die Feh­ler der Men­schen hin und appel­liert, die Eis­bä­ren und Spitz­maul­nas­hör­ner, die Blau­wale und Oka­pis die­ser Welt zu bewah­ren. Bleibt zu hof­fen, dass es funk­tio­niert und auch noch die Enkel der jun­gen Lese­rin­nen und Leser die­ses Buches einen Pla­ne­ten erle­ben kön­nen, der mit mög­lichst vie­len der von Mar­tin Jenkins vor­ge­stell­ten Tier­ar­ten bevöl­kert ist.

Übri­gens: Laut UN sind inva­sive Arten eines der größ­ten Pro­bleme der Arten­viel­falt. Mehr dar­über, was genau das ist, wird in „Der Domi­no­ef­fekt“, einem mit dem Deut­schen Jugend­li­te­ra­tur­preis aus­ge­zeich­ne­ten Kin­der­sach­buch, erklärt.

Sel­tene Tiere. Ein Atlas der bedroh­ten Arten. Mar­tin Jenkins. Illus­tra­tio­nen: Tom Frost. Aus dem Eng­li­schen von Ebi Nau­mann. Thie­ne­mann Ver­lag. 2019.

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