Quantenverschränkung und Liebe?

by Worteweberin Annika

Zufall, Schick­sal, Phy­sik – was hat eigent­lich einen Ein­fluss auf unser Leben, auf Bezie­hun­gen und Ent­wick­lun­gen? Die­ser Frage geht Katy Mahood in „Die Wege, die wir kreu­zen“ nach. Worte­we­be­rin Annika hat den Weg des Romans gekreuzt.

Zwei Paare: John und Stella ler­nen sich an der Uni ken­nen. Als sie unge­plant schwan­ger wird, hei­ra­ten die bei­den. Stella ist nun vor allem Mut­ter, ihre aka­de­mi­sche Arbeit bleibt auf der Stre­cke. Schließ­lich wird John auch noch krank und ver­lernt prak­tisch alles. Hält die Bezie­hung der bei­den diese Her­aus­for­de­run­gen aus?

„Sie schlug die Hände vors Gesicht und ver­suchte, die rich­ti­gen Worte zu fin­den, um ihm ver­ständ­lich zu machen, wie es sich anfühlt, von dem gefan­gen gehal­ten zu wer­den, was man am meis­ten liebt. […] Und den­noch fühlte sie sich in die­sem Moment abge­hängt, in einem ein­zi­gen Seins­zu­stand gefan­gen, obwohl sie doch so viel mehr war. Mut­ter, ja, und auch Ehe­frau, aber auch Geliebte, Schrift­stel­le­rin, Frau.“ (S.101)

Die Liebe von Char­lie und Beth hin­ge­gen wird vor andere Her­aus­for­de­run­gen gestellt: Char­lies Hang zum Alko­hol, die Anzie­hungs­kraft ande­rer Män­ner und Frauen, die Erwar­tun­gen an die Zukunft, das lange War­ten auf ein gemein­sa­mes Kind. Und auch wenn das schließ­lich doch noch gebo­ren wird, geht es mit den Eltern bald aus­ein­an­der. Hier ist Char­lie die im Roman domi­nan­tere Figur der Beziehung.

Quan­ten­ver­schrän­kung

Katy Mahoods Roman erin­nert the­ma­tisch an David Nicholls‘ „Zwei an einem Tag“ und auch Laura Bar­netts „Drei mal wir“. In bei­den geht es um die Zufälle unse­res Lebens und unse­rer Liebe. Hier, bei Mahood, kreu­zen sich immer wie­der zufäl­lig die Wege zweier Pär­chen, bis sie auf einer ande­ren Hoch­zeit schließ­lich zusam­men­ge­führt wer­den. Diese Begeg­nun­gen fin­den an Schei­de­we­gen für die ein­zel­nen Figu­ren statt und füh­ren zu kur­zem Inne­hal­ten. Ver­gli­chen wird das durch die Kapi­tel­über­schrif­ten mit einem Phä­no­men der Quan­ten­me­cha­nik, das die Aus­wir­kun­gen zweier von­ein­an­der ent­fern­ter Teil­chen auf­ein­an­der beschreibt: die Quan­ten­ver­schrän­kung. Die­ses Phä­no­men hat John erforscht, bevor er krank wurde, sodass der Bezug auf die Geschichte dop­pelt moti­viert ist.

Sche­ma­li­te­ra­tur?

Wäh­rend in Johns und Stel­las Bezie­hung die weib­li­che Per­spek­tive domi­nan­ter ist, erhält im zwei­ten Pär­chen Char­lie mehr erzäh­le­ri­schen Raum. Doch auch wenn so eine weib­li­che und eine männ­li­che Figur im Fokus ste­hen, wäre es falsch anzu­neh­men, aus die­sen bei­den würde schließ­lich noch ein Paar wer­den – Glück gehabt also, kein Roman nach Schema F. Letzt­end­lich sind es andere Figu­ren, die hier zuein­an­der finden.

„Die Wege, die wir kreu­zen“ ist kein Wohl­fühl­ro­man, eher eine Berg- und Tal­fahrt, die auch die Nega­tiv­sei­ten des Lebens nicht aus­spart. Trotz vie­ler Schick­sals­schläge fin­det sich für die Figu­ren am Ende so etwas wie ein klei­nes Happy End. Ein Roman, der sich locker liest und der unter­hält, ohne zu stark zu verkitschen.

Die Wege, die wir kreu­zen. Katy Mahood. Aus dem Eng­li­schen von Gabriela Schön­ber­ger. Droemer. 2019.

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