Es gibt einige LGBTIQ-Hel­den (Les­bian, Gay, Bise­xual, Trans­sex, Inter­sex, Queer) im DC- und Mar­vel-Uni­ver­sum. Geschich­ten­zeich­ne­rin Celina geht auf geschicht­li­che Aspekte ein und stellt euch einige Figu­ren vor.

Bis 1989 war es bei den ame­ri­ka­ni­schen Comic­ver­la­gen auf­grund des Comic-Codes – einer Quasi-Selbst­zen­sur – ein Tabu, LGBTIQ-Cha­rak­tere in ihren Geschich­ten zu prä­sen­tie­ren. Dies geht auf den ame­ri­ka­ni­schen Psych­ia­ter Fred­ric Wert­ham zurück, wel­cher in den 1950er Jah­ren der Ansicht war, dass Comics für Kin­der zu bru­tal und per­vers seien. Er sah bei­spiels­weise in Bat­man und Robin eine homo­ero­ti­sche Beziehung.

Wert­hams Ana­ly­sen wur­den dem US-Senat vor­ge­tra­gen und die Comics, weil man ihm Glau­ben schenkte, als eine Gefähr­dung für die jun­gen Leser ange­se­hen. Dar­auf­hin kam es zur Selbst­zen­sur der Ver­lage und somit waren vor­erst auch LGBTIQ-Cha­rak­tere kein Bestand­teil mehr in die­sen. Erst nach der Abschaf­fung des Comic-Codes ab Ende des 20. Jahr­hun­derts, konnte die Frei­heit wie­der­erlangt wer­den, ver­schie­denste Geschlech­ter und sexu­elle Ori­en­tie­run­gen dar­zu­stel­len. Wel­che Hel­den dies nun bei DC und Mar­vel unter ande­rem sind, wird im Fol­gen­den gegenübergestellt.

Bat­wo­man vs. Miss America

Als Bei­spiel les­bi­scher Cha­rak­tere sind hier Kate Kane alias Bat­wo­man (DC) und Ame­rica Cha­vez alias Miss Ame­rica (Mar­vel) zu nen­nen. Bat­wo­man wurde – zusam­men mit Bat­girl – in den 1950er Jah­ren erschaf­fen, um den ursprüng­lich Gedan­ken daran zu unter­bin­den, dass Bruce Wayne alias Bat­man und Dick Gray­son alias Robin homo­se­xu­ell seien. Ihr Debüt hatte Bat­wo­man in „Detec­tive Comics 233“ (1956), wo sie aller­dings noch kei­nen gro­ßen Anklang bei den Lesern fand, sodass sie von der Bild­flä­che ver­schwand und erst im Jahre 2006 eine neue Bat­wo­man ein­ge­führt wurde. Erschaf­fen wurde diese von Geoff Johns, Grant Mor­ri­son, Greg Rucka, Mark Waid und Ken Lash­ley. Nun wird sie, iro­ni­scher­weise, als erste offen les­bi­sche Super­hel­din des DC-Uni­ver­sums dar­ge­stellt. Wie ihr Name schon ver­rät, han­delt es sich um eine Frau, die mit Fle­der­maus­maske, viel Geld und ent­spre­chend kost­spie­li­ger Aus­stat­tung ihre Ant­ago­nis­ten bekämpft.

In ihrer sechs­tei­li­gen Solo­se­rie „Bat­wo­man“ (Panini, 2012 – 2015) wird auch ihre feste Bezie­hung zur Poli­zis­tin Mag­gie Sawyer in Szene gesetzt. Diese wird immer wie­der the­ma­ti­siert sowie nach und nach wei­ter­ge­führt. Es wirkt nicht auf­ge­setzt, son­dern ein­fach als ein wich­ti­ger Teil von Kate Kanes Leben. Auch zeich­ne­risch wer­den „Bett­sze­nen“ im ansehn­li­chen Stil mit den­noch ein­fa­chen Mit­teln dar­ge­stellt. Wie in fast jedem Jugend­co­mic sieht man nur Andeu­tun­gen und der Rest bleibt der Fan­ta­sie der Lesen­den überlassen.

Bei Miss Ame­rica ver­hält sich das wie­derum anders. Eigent­lich gehört Miss Ame­rica, mit ihrer Ent­ste­hung 1943, zu Mar­vels ältes­ten Hel­din­nen und sollte sozu­sa­gen ein Gegen­stück zu Won­der Woman (DC) sein. Hin­ter der Maske steckte lange die blonde Made­leine Frank, aber seit 2011 tritt Ame­rica Cha­vez unter die­ser Iden­ti­tät auf.

In „Ame­rica“ (Mar­vel, 2017, auf Deutsch noch nicht erschie­nen) wird Ame­rica Cha­vez als arro­gante Super­hel­din mit latein­ame­ri­ka­ni­schen Wur­zeln dar­ge­stellt. Ihre Super­kräfte sind über­mensch­li­che Stärke, sie kann flie­gen und durch die Dimen­sio­nen reisen.

Sie führt zwar offen les­bi­sche Bezie­hun­gen, jedoch wer­den diese recht platt dar­ge­stellt, da es keine wirk­li­che Ein­füh­rung von Frauen gibt, mit denen sie inti­mer wird. Gene­rell wirkt es recht ober­fläch­lich, wie ihre sexu­elle Ori­en­tie­rung in Szene gesetzt wird. So wer­den viele Sym­bole, wie etwa eine Regen­bo­gen-Fahne – ein Sinn­bild der LGBTIQ-Szene – ver­wen­det, um auf ihre sexu­el­len Inter­es­sen hin­zu­wei­sen. Diese weht zum Bei­spiel im Hin­ter­grund, wäh­rend Miss Ame­rica mit einer Frau spricht, mit der sie kurz dar­auf im Bett lan­det. Auch ihre All­tags­schwie­rig­kei­ten wir­ken recht aus dem Zusam­men­hang geris­sen, etwa ver­fällt sie mit­ten in einem Kampf in Trauer, auf­grund ihres schwe­ren Schick­sals als Toch­ter les­bi­scher Eltern.

Mid­ni­gh­ter vs. Iceman

Eben­falls sind schwule Cha­rak­tere bei Mar­vel und DC ver­tre­ten, wie hier bei­spiel­haft Mid­ni­gh­ter (DC) und Ice­man (Mar­vel). Mid­ni­gh­ter hatte sein Debüt in „Storm­watch (Vol.2) 4“ (1998). Er ist ein düs­te­rer Cha­rak­ter – ähn­lich wie Bat­man – der arro­gant ist und gerne Gewalt aus­übt. Er ist ein mäch­ti­ger Anti­held, der dank sei­nes Kampf­com­pu­ters im Gehirn alle mög­li­chen Züge der Ant­ago­nis­ten im Vor­aus berech­nen kann. Daher sind seine Geg­ner kaum bis gar keine Bedro­hung für ihn. Er hatte bereits eine feste Bezie­hung mit einem männ­li­chen Super­hel­den namens Apol­lon, die so weit reichte, dass die bei­den heirateten.

Im „Mid­ni­gh­ter Mega­band 1 – Gna­den­los“ (Panini, 2016), einer Solo­se­rie zum Mid­ni­gh­ter, mischt sich Action und Gewalt mit Roman­zen sowie fan­tas­ti­schen und Sci­ence-Fic­tion-Ele­men­ten. Die Geschichte spielt nach dem Ende der Bezie­hung zu Apol­lon, sodass wie­der neue Roman­zen für den mäch­tig zuschla­gen­den Anti­hel­den mög­lich wer­den. Dabei wer­den die „Sex­sze­nen“ typisch für Jugend­co­mics ange­deu­tet und man kann sich den Rest den­ken. Zum Bei­spiel wird gezeigt, wie zwei Per­so­nen ver­liebt und ein­an­der küs­send ins Bett stei­gen und im Panel spä­ter sind Stun­den ver­gan­gen und sie lie­gen mit nack­tem Ober­kör­per da. Gene­rell wer­den Mid­ni­gh­ters Bezie­hun­gen nach­voll­zieh­bar dar­ge­bo­ten, obwohl im Comic an sich die Geschichte fokus­siert wird. Zum Mega­band lässt sich noch kri­tisch anmer­ken, dass es teils schwer fällt zu fol­gen, da räum­lich und zeit­lich sehr viel hin und her gesprun­gen wird.

Ein männ­li­cher, homo­se­xu­el­ler X‑Men-Cha­rak­ter ist Bobby Drake alias Ice­man, wel­cher ein Omega-Level Mutant und jüngs­tes Grün­dungs­mit­glied der ers­ten X‑Men ist. Sein Com­ing-out wird unter ande­rem im Comic „Uncanny X‑Men 7“ (Panini, 2016) gezeigt. Darin kommt der jün­gere Ice­man per Zeit­reise aus der Ver­gan­gen­heit in die Gegen­wart und wird geoutet, indem Jean Gray seine Gedan­ken liest. Dar­auf­hin geht der jün­gere zum älte­ren Ice­man und outet somit auch sein älte­res Ich. Jedoch sorgt die­ses inhalt­li­che Kon­zept bei den Lesen­den, die auch die frü­he­ren Hefte ken­nen, für etwas Ver­wir­rung. Frü­her war er ein Woma­ni­zer und wurde nie offi­zi­ell als schwul dar­ge­stellt. Die­ser Aspekt wurde erst im Nach­hin­ein ergänzt. Das ist per se nichts Schlech­tes, wirkt aber in die­ser Form merk­wür­dig, plump und auf­ge­setzt; zumal die Art des Com­ing-outs des jun­gen Ice­man durch Jean Grey für seine unkrea­tive Art auch von­sei­ten der LGBTIQ-Szene kri­ti­siert wurde.

Wenn man den Fall von Ice­man mit Bat­wo­man ver­gleicht, war die Situa­tion dort nach­voll­zieh­ba­rer gelöst: Im Nach­hin­ein hat man nichts am bestehen­den Cha­rak­ter ver­än­dert, son­dern sie wurde kom­plett über­ar­bei­tet und in einer völ­lig neuen Heft­reihe prä­sen­tiert. Bei Ice­man muss nun rück­wir­kend eini­ges erklärt wer­den, was zum Bei­spiel in „Ice­man 11“ (Mar­vel, 2017/18, nur auf Eng­lisch ver­füg­bar) geschieht, wo das Pri­vat­le­ben des gegen­wär­ti­gen Ice­man, nach des­sen Com­ing-out, beleuch­tet wird.

Aller­dings sollte dazu auch ange­merkt sein, dass es in eini­gen Bän­den wie etwa „Die neuen X‑Men 1“ eigent­lich keine wirk­li­che Rolle spielt, wel­che sexu­elle Ori­en­tie­rung die Cha­rak­tere haben, da das nie zur Spra­che kommt. Es wird eine bestimmte Pro­ble­ma­tik fokus­siert, aber über die Figu­ren erfährt man gene­rell recht wenig.

Har­ley Quinn vs. Mystique

Bise­xu­ell ori­en­tierte Cha­rak­tere sind zum Bei­spiel Har­leen Fran­ces Quin­zel alias Har­ley Quinn (DC) und Mys­tique (Mar­vel). Bei Har­ley Quinn wurde, blickt man auf ihre Anfänge zurück, eher davon aus­ge­gan­gen, dass sie hete­ro­se­xu­ell sei. Sie ver­liebte sich in den Böse­wicht Joker und wurde von ihm benutzt. Als seine Freun­din war sie stark sei­ner Stim­mung aus­ge­lie­fert und musste eini­ges an Schlä­gen sowie psy­chi­schen Tor­tu­ren durch­ste­hen. Doch ab dem Moment, als sie begann, sich von Joker zu lösen, schloss sie eine immer engere Freund­schaft zu Poi­son Ivy. Diese Freund­schaft ver­tiefte sich, wie in der drei­tei­li­gen Comic­reihe „Got­ham City Sirens“ (Panini, 2010–16) zu sehen ist. Dies wird in der dar­auf fol­gen­den Har­ley Quinn-Stand-Alone-Reihe (Neues DC-Uni­ver­sum, Panini, 2014–16) auf­ge­grif­fen. Aller­dings fin­den sich nun immer wie­der anzüg­li­che Bemer­kun­gen und Momente zwi­schen den bei­den Frauen, in denen es schon wirkt als wäre da mehr als eine Freund­schaft. Fest steht, dass Har­ley Augen für Frauen sowie für Män­ner hat.

Mys­tique, die mit­un­ter berühm­teste Famme Fatale bei den X‑Men, ist einer der ers­ten bise­xu­el­len Cha­rak­tere in der Geschichte der Comics. Die blau­häu­tige Gestalt­wand­le­rin führte mit der Mutan­tin Irene Adler alias Destiny eine lange Bezie­hung. Diese dau­erte Jahr­zehnte an und endete erst, als Destiny getö­tet wurde. Beide haben sogar ein Kind, den Tele­por­ter Night­craw­ler, wel­ches gezeugt wurde, indem Mys­tique vor­über­ge­hend die Gestalt eines Man­nes annahm. Hier­bei zeigt sich wie umfang­reich die Bezie­hung war, da sogar beim Groß­zie­hen eines Kin­des eine Rolle spielt. Zusätz­lich hatte Mys­tique im Laufe der Zeit auch einige männ­li­chen Romanzen.

Trans- und Intersex?

Nach län­ge­rem recher­chie­ren fällt lei­der auf, dass kaum trans- und inter­se­xu­ell ori­en­tierte Super­hel­den zu fin­den sind. Bei Ver­tigo (einem Imprint von DC, das Erwach­se­nen­co­mics fokus­siert) ist Hilde Mora­les alias Lord Fanny als trans­se­xu­elle Figur ver­tre­ten. Sie gehört den „Invi­si­bles“ an und ist eine starke Hexe, wie zum Bei­spiel im Comic „Invi­si­bles 1: Revo­lu­tion gefäl­lig?“ (2008) zu sehen ist. Sie wurde mit dem bio­lo­gisch männ­li­chen Geschlecht gebo­ren, lebt aber als Frau und als sol­che ist sie im Comic auch zu erkennen.

Als inter­se­xu­el­ler Cha­rak­ter sind „Shi­ning Knight“ (DC) und „Cloud“ (Mar­vel) zu nen­nen, zu denen aber keine Comics auf Deutsch zu fin­den sind. Es han­delt sich um ältere Cha­rak­tere, die nicht so bekannt sind; es ist schwie­rig, an die eng­li­schen Comics heranzukommen.

Genug Queer-Cha­rak­tere?

Im Schnitt schei­nen LGBTIQ-Comic­cha­rak­tere in den DC-Comics authen­ti­scher und nach­voll­zieh­ba­rer in ihrem jewei­li­gen Kon­text dar­ge­stellt zu sein als beim Kon­kur­ren­ten Mar­vel – eine große Aus­nahme ist hier jedoch Mys­tique (Mar­vel). Trotz­dem wäre es schön, wenn wei­tere trans- und inter­se­xu­elle Prot­ago­nis­ten in den Ver­la­gen Prä­senz fin­den würden.

All­ge­mein ist zu sagen, dass es noch einige LGB­TIG-Super­hel­den bei Mar­vel und DC gibt, weit­aus mehr als in die­sem Arti­kel ange­führt sind. Alle vor­zu­stel­len würde den Rah­men spren­gen, des­halb habe ich mich für einige Bei­spiele ent­schie­den. Kennt ihr noch wei­tere Cha­rak­tere? Dann erwähnt sie gerne in den Kommentaren.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #Kun­ter­bunt. Hier fin­det ihr alle Beiträge.
Illus­tra­tio­nen: Geschich­ten­zeich­ne­rin Celina

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