Sandra Lüpkes

by Zeichensetzerin Alexa

Als Kind konnte ich mich nicht ent­schei­den, was ich ein­mal wer­den will, wenn ich groß bin: Schrift­stel­le­rin, Schau­spie­le­rin oder Sän­ge­rin ... Jetzt kann ich bei Lesun­gen alles mit­ein­an­der verbinden.

San­dra Lüp­kes, san​dral​uep​kes​.de *Klick*

Ein neuer Roman, eine Lese­reise und das Krimi-Camp – Kri­mi­nal­au­torin San­dra Lüp­kes besuchte uns in der Bücher­stadt und stellte sich Ale­xas Fragen.

BK: Frau Lüp­kes, vie­len Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Inter­view genom­men haben. Könn­ten Sie sich kurz unse­ren Lesern vorstellen?

SL: Mein Name ist San­dra Lüp­kes, ich bin Anfang vier­zig, lebe in Müns­ter und bin seit 12 Jah­ren Schriftstellerin.

BK: Am 1. August erschien ihr neuer Kri­mi­nal­ro­man „Göt­ter­fall“. Wie kamen Sie über­haupt auf das Thema Göt­ter? Und warum wähl­ten Sie Island als Ort des Geschehens?

SL: Auf einer Nord­land­reise lernte ich Island nur kurz ken­nen und war gleich fas­zi­niert von die­ser Insel, auf der die Ent­ste­hung der Welt noch so greif­bar erscheint. Ein Jahr spä­ter bin ich dann noch mal zur Recher­che nach Island gefah­ren, und wurde über­all mit den dort ange­sie­del­ten Sagen kon­fron­tiert. Ich liebe sol­che Geschich­ten, in denen es um Liebe und Tod, Hoff­nung und Ver­zweif­lung geht – und da es in Kri­mis ja nicht anders ist, habe ich mich ent­schie­den, die bei­den Lite­ra­tur­gat­tun­gen zu verweben.

BK: Was hat Sie zu „Göt­ter­fall“ inspi­riert? Wie ent­stand die Geschichte?

SL: Ich ver­glei­che das Schrei­ben eines Buches ganz gern mit dem Kuchen­ba­cken: Es gibt spe­zi­elle Zuta­ten, die man in genauer Dosie­rung und in vor­ge­schrie­be­ner Rei­hen­folge zusam­men­mischt, in der Hoff­nung, dass alles am Ende rich­tig auf­geht und nicht fade wird. Meine Zuta­ten waren neben Island und den Sagen noch die Figur der Sil­vie – eine Frau in mei­nem Alter, die mit einem bedeu­ten­den, aber inzwi­schen alters­se­ni­len Poli­ti­ker ver­hei­ra­tet ist – und der Wunsch, einen Kri­mi­nal­ro­man zu schrei­ben, in dem eine alte, längst ver­drängte Geschichte noch ein­mal auf­ge­rollt wird.

BK: Das Schick­sal wird in „Göt­ter­fall“ eben­falls the­ma­ti­siert – glau­ben Sie selbst an das Schicksal?

SL: Ich glaube daran, dass wir nicht wirk­lich freie Ent­schei­dun­gen tref­fen kön­nen, son­dern unser Ent­schluss durch das, was wir in der Ver­gan­gen­heit erlebt haben, bereits fest­steht. Selbst wenn wir mei­nen, dass wir einen muti­gen Weg ein­schla­gen, den uns nie­mand je zuge­traut hätte, war die Rich­tung in Wirk­lich­keit schon längst vor­ge­ge­ben. Ob man das auch Schick­sal nen­nen kann? Vielleicht ...

BK: „Göt­ter­fall“ ist nun das 9. Buch aus der Reihe „Wencke Tyd­mers“. Seit der Erschei­nung des ers­ten Teils (2001) sind bereits 12 Jahre ver­gan­gen. Wie ist es für Sie, über einen so lan­gen Zeit­raum über die glei­che Prot­ago­nis­tin zu schrei­ben? Hat sich die Bezie­hung zu Wencke Tyd­mers für Sie im Laufe der Jahre verändert?

SL: Wencke und ich haben uns ja par­al­lel ent­wi­ckelt. Als ich aus mei­ner Hei­mat Ost­fries­land weg­ge­zo­gen bin, wurde Wencke nach Han­no­ver ver­setzt. Ich habe beschlos­sen, keine rei­nen Lokal­kri­mis mehr zu schrei­ben – und Wencke lan­dete beim LKA, was ihr Ermitt­lun­gen im grö­ße­ren Rah­men ermög­licht. So ver­lie­ren wir uns nicht aus den Augen. Und da ich zwi­schen den Wencke-Tyd­mers-Roma­nen immer andere Pro­jekte schreibe, z.B. Hei­tere Romane, Sach- oder Dreh­bü­cher, bin ich dann auch immer wie­der neu­gie­rig dar­auf, einen neuen Fall zu schrei­ben. Fast wie bei einer sehr guten Freun­din, die man nur sel­ten sieht, mit der man aber sofort über Gott und die Welt quat­schen kann, als läge keine Zeit dazwischen.

BK: Soll es noch wei­tere „Wencke Tydmers“-Romane geben? Wenn ja, wie viele? Besteht bereits eine neue Idee zum nächs­ten Fall der Protagonistin?

SL: Solange es mir Spaß macht, diese Bücher zu schrei­ben, wird es immer wie­der neue geben – und das ist noch der Fall, abso­lut. Es gibt schon eine vage Idee für einen neuen Roman, doch die­sen kann ich frü­hes­tens Mitte 2014 begin­nen, davor bin ich mit ande­ren Pro­jek­ten beschäf­tigt. Even­tu­ell spielt der Roman in Göt­tin­gen, mei­ner Geburts­stadt, die ich so gar nicht kenne und auf diese Weise mal erfor­schen könnte.

BK: Sie waren jetzt auf Lese­reise – wel­che Ein­drü­cke sind Ihnen in Erin­ne­rung geblieben?

SL: Ganz beson­ders war natür­lich die Pre­mie­ren­le­sung in Han­no­ver, die in einer Kir­che statt­ge­fun­den hat – vor den ers­ten Lesun­gen aus einem neuen Buch habe ich immer hef­ti­ges Lam­pen­fie­ber. Dann bin ich das erste Mal zum Lesen nach Däne­mark ein­ge­la­den wor­den, in die Büche­rei einer deut­schen Min­der­hei­ten­ge­meinde. Es waren nicht viele Zuhö­rer gekom­men, trotz­dem fühlte ich mich sehr will­kom­men und habe anschlie­ßend noch lange mit den Leu­ten dort zusammengesessen.

BK: Auf Ihren Lesun­gen sin­gen Sie auch. Wie kamen Sie dazu, Lite­ra­tur und Musik zu verbinden?

SL: Als Kind konnte ich mich nicht ent­schei­den, was ich ein­mal wer­den will, wenn ich groß bin: Schrift­stel­le­rin, Schau­spie­le­rin oder Sän­ge­rin ... Jetzt kann ich bei Lesun­gen alles mit­ein­an­der ver­bin­den. In die­sem Jahr habe ich ein ganz neues Kon­zept: ich habe eigene Songs und Geräusch­col­la­gen zusam­men­ge­stellt, die wäh­rend mei­ner Lesung wie ein Sound­track ein­ge­spielt wer­den, dazu singe ich auch, spiele Trom­pete und Säge. Kommt gut an!

BK: Nicht jede Ihrer Lesun­gen wird musi­ka­lisch beglei­tet. Was sind die Vor­aus­set­zun­gen für eine musi­ka­li­sche Lesung? Kön­nen Sie das selbst entscheiden?

SL: Das ist Sache des Ver­an­stal­ters. Die Lesung mit Musik kos­tet etwas mehr, da ich meine eigene Anlage mit­bringe und der Auf- und Abbau sowie der Sound­check deut­lich mehr Zeit braucht, als wenn ich ledig­lich mit einem Buch in der Tasche her­ein­spa­ziert komme und nur lesen muss.

BK: Sie waren nicht nur auf Lese­reise, son­dern auch im Krimi-Camp. Worum ging es da? Und wel­che Erfah­run­gen konn­ten Sie davon mitnehmen?

SL: Das Kri­mi­camp war eine Wahn­sinns­wo­che! Acht Kri­mi­au­toren schrei­ben in acht Tagen gemein­sam einen Roman ... Geht das? Wir waren in einer sehr schi­cken Villa in einem sehr abge­le­ge­nen Ort in der Ucker­mark nahe der pol­ni­schen Grenze unter­ge­bracht und durf­ten uns im Vor­feld keine Gedan­ken machen, worum es in dem Roman gehen soll. Es ist also alles – vom Hand­lungs­auf­bau bis zum Epi­log – vor Ort ent­stan­den. Und weil wir ein sehr dis­zi­pli­nier­ter und krea­ti­ver Hau­fen waren und unser Pro­jekt wirk­lich auch ernst genom­men haben, hat es geklappt.
Die nach­hal­tigste Erfah­rung, die ich dort machen konnte: alle Kol­le­gen machen beim Schrei­ben die sel­ben Höhen und Tie­fen durch, kämp­fen mit logi­schen Feh­lern, mit der rich­ti­gen Spra­che und den Figu­ren, die nicht immer das tun, was wir gern hät­ten. Doch da wir ver­schie­dene Stär­ken und Schwä­chen haben, ließ sich das Ganze prima auf alle Schul­tern verteilen.

BK: Wenn Sie an das Krimi-Camp zurück­den­ken und es mit drei Wör­tern beschrei­ben müss­ten, wel­che wären es? Und warum diese?

SL: Anstren­gend! – Wir haben nach dem Früh­stück mit dem Schrei­ben begon­nen und uns dann nach dem Abend­essen die Ergeb­nisse des Tages vor­ge­le­sen und bespro­chen – das dau­erte eigent­lich immer bis weit nach Mitternacht.
Anre­gend! – So ein Mit­ein­an­der unge­fähr gleich­ge­sinn­ter Krea­ti­ver hält ein Füll­horn an Inspi­ra­tio­nen bereit, davon werde ich noch lange profitieren.
Amü­sant! – Wir hat­ten trotz der Arbeit unglaub­lich viel Spaß mit­ein­an­der, haben zusam­men gekocht und geges­sen, gere­det und getrun­ken. Streit gab es kei­nen, nur kon­struk­tive Diskussionen.

BK: Wann erscheint das gemein­same Buch-Pro­jekt? Kön­nen Sie uns ein wenig über den Inhalt verraten?

SL: Der 280-Roman erscheint im Novem­ber bei KBV. Und er heißt – natür­lich – 8! Wir erle­ben Andy Otto, den etwas schlur­fi­gen Kult­mo­de­ra­tor einer ange­sag­ten Mor­gen­ra­dio­show, der schein­bar zufäl­lig in eine Mord­se­rie hin­ein­ge­rät. Erst nach und nach wird ihm deut­lich, wel­che gefähr­li­che Rolle er bei die­ser Insze­nie­rung spielt.

BK: Und nun zu unse­ren letz­ten zwei BK-Fra­gen: Wenn Sie ein Buch wären, wel­ches wären Sie?

SL: „Beim nächs­ten Mann wird alles anders“ von Eva Heller.

BK: Gibt es eine Frage, die Sie sich in einem Inter­view schon immer mal gewünscht haben? Wenn ja, wel­che wäre es und wie würde die Ant­wort dar­auf lauten?

SL: Nein, die gibt es eigent­lich nicht. Ich schmuggle die Dinge, die ich gern erzäh­len möchte, immer zwi­schen die Antwortzeilen...

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