Schreiben, um zu leben

by Worteweberin Annika

In Kath­rin Lan­ges neuem fan­tas­ti­schen Roman „Die Fabel­macht-Chro­ni­ken: Flam­mende Zei­chen“ geht es um die Macht des Schrei­bens. Worte­we­be­rin Annika hat sich ange­se­hen, ob auch der Roman selbst die Macht dazu hat, seine Leser zu fesseln.

Eigent­lich will sie nur weg aus Ber­lin, weg von ihrer ner­vi­gen Mut­ter, weg nach einem hef­ti­gen Streit. Doch als Mila sich in den Zug nach Paris setzt, um bei ihrer Freun­din Isa­belle unter­zu­tau­chen, weiß sie noch nicht, dass sie damit einen Kampf ins Rol­len bringt. Einen Kampf, bei dem sie und der Junge aus all ihren Geschich­ten, Nicho­las, die Haupt­fi­gu­ren sein wer­den. Denn Mila, genau wie der echte Nicho­las, besitzt eine Gabe, die nur in Paris leben­dig wird: die Gabe der Fabel­macht. Alles, was ein Fabel­mäch­ti­ger hier schreibt, wird Wirk­lich­keit. Und das ist auch der Schlüs­sel des Pro­blems, weil Nicho­las eine ver­hee­rende Geschichte geschrie­ben hat, die nun unauf­halt­sam droht wirk­lich zu werden.

Anspie­lun­gen auf lite­ra­ri­sche Texte

Wäh­rend in vie­len ande­ren Fan­tasy-Roma­nen eher das Lesen im Fokus ste­hen – man denke zum Bei­spiel an Cor­ne­lia Funkes Tin­ten-Tri­lo­gie – geht es in „Die Fabel­macht-Chro­ni­ken“ haupt­säch­lich darum, dass die Prot­ago­nis­ten lei­den­schaft­lich (und auf magi­sche Weise) schrei­ben. Trotz­dem fin­den sich zahl­rei­che Anspie­lun­gen auf lite­ra­ri­sche Texte, die junge Leser in die Welt der Bücher ein­füh­ren kön­nen. Dazu macht der Roman aber auch Lust, selbst den Stift in die Hand zu neh­men, denn wer weiß, was aus den eige­nen Geschich­ten wer­den könnte?

In Kath­rin Lan­ges Roman wird durch das magi­sche Schrei­ben eine andere Form der soge­nann­ten „nar­ra­ti­ven Metalepse“ durch­ge­spielt, näm­lich die Ver­mi­schung zweier Erzähl­ebe­nen, hier des von den Figu­ren Geschrie­be­nen und der Welt des Romans. Dadurch wird die Auf­merk­sam­keit auf die Gemacht­heit von Lite­ra­tur gelenkt, aber auch dar­auf, die eigene Wirk­lich­keit kri­tisch zu hin­ter­fra­gen. Wer weiß, wer unsere eigene Geschichte auf­ge­schrie­ben hat?

Lite­ra­risch „vor­ge­schrie­bene“ Liebe

In der im Roman wich­ti­gen, fata­len Geschichte, die Nicho­las als klei­ner Junge schon geschrie­ben hatte, geht es darum, dass Mila sich in ihn ver­liebt und des­halb schreck­lich lei­den muss, weil Nicho­las kurz dar­auf stirbt. Dadurch ist die erste, voll­kom­mene Liebe selbst­ver­ständ­lich wich­ti­ger Bestand­teil von Kath­rin Lan­ges Roman, ganz typisch für das Genre der All-Age-Fan­tasy-Lite­ra­tur. Milas und Nicho­las‘ Liebe jedoch ist lite­ra­risch „vor­ge­schrie­ben“ und aus einer Ver­gan­gen­heit moti­viert, die die Leser nicht mit­er­lebt haben. So wirkt die tief emp­fun­dene Liebe der bei­den teil­weise unbe­lebt und, in Ange­sicht von Nicho­las‘ abwei­sen­dem Ver­hal­ten, unglaubhaft.

Zwei­ter wich­ti­ger Fak­tor in „Flam­mende Zei­chen“ ist, dass Mila ahnungs­los in die Welt der Fabel­mäch­ti­gen hin­ein stol­pert und nach und nach erst erfährt, was es mit ihrer Gabe und auch dem Drama um Nicho­las und sie auf sich hat. Durch die wech­seln­den Erzähl­per­spek­ti­ven wis­sen die Leser jedoch von Anfang an sehr viel mehr als Mila, sodass stel­len­weise keine Span­nung auf­kom­men kann oder Kon­flikte vor­her­seh­bar wer­den. Umso über­ra­schen­der kommt dann das Ende der Ret­tungs­ver­su­che, aber auch der durch die letz­ten Sätze gege­bene Aus­blick auf den nächs­ten Teil der Reihe. Auch wenn „Die Fabel­macht-Chro­ni­ken: Flam­mende Zei­chen“ einige Schwä­chen hat, gelingt es der Autorin doch, Lust auf mehr zu machen.

Die Fabel­macht-Chro­ni­ken: Flam­mende Zei­chen. Kath­rin Lange. Arena. 2017.

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