Sei eine Meerjungfrau, kleiner Julian!

by Satzhüterin Pia

Der kleine Julian liebt Meer­jung­frauen. Als er unter­wegs mit sei­ner Oma auf drei junge, als Meer­jung­frauen ver­klei­dete Frauen trifft, setzt er prompt sei­nen Traum in die Tat um: Warum nicht auch selbst eine Meer­jung­frau sein? – Von Satz­hü­te­rin Pia

Das Bil­der­buch „Julian ist eine Meer­jung­frau“ von Jes­sica Love ist zau­ber­haft – im Gesamt­pa­ket und in sei­nen vie­len klei­nen Details. Nur wenige Zei­len Text fin­den sich auf den bunt illus­trier­ten Sei­ten – sie beglei­ten Juli­ans Geschichte, eine schöne Lek­tion in Eigenliebe.

Die Illus­tra­tio­nen laden zum Betrach­ten und Bewun­dern ein. Juli­ans Tag­träu­me­reien wäh­rend einer Bahn­fahrt wer­den nicht in Wor­ten, dafür in spie­le­ri­schen und far­ben­fro­hen Bil­dern gezeigt. Er taucht ab, in eine bunte Unter­was­ser­welt, in der er zur Meer­jung­frau wird. Ein wun­der­sa­mer Fisch schenkt ihm eine Kette – dann ist die Fahrt zu Ende.

„Meer­jung­frauen“, flüs­tert Julian.
„Genau wie du, mein Schatz. Komm, wir gehen mit.“

Als Julian sich zu Hause mit Vor­hang und grü­nem Farn in eine Meer­jung­frau ver­wan­delt, wird sein Traum wahr: Seine Oma gibt ihm eine pas­sende Kette… und lässt das Kind ein­fach es selbst sein.

Indi­vi­dua­li­tät, Diver­si­tät und Viel­falt fin­den sich in vie­len Details. Ganz selbst­ver­ständ­lich darf Julian sei­nen Traum aus­le­ben. Seine Oma unter­stützt ihn, nie­mand schaut ihn des­we­gen schräg an – im Gegen­teil, er fin­det eine ganze Ansamm­lung an Men­schen, die als Meer­jung­frauen ver­klei­det am Meer ent­lang­zie­hen. Dabei sind zusätz­lich alle Figu­ren im Buch Schwarze, die bis hin zu ihren For­men und Far­ben in alle Rich­tun­gen gehen: groß und klein, dick und dünn, jung und alt.

Ganz streng genom­men gibt es kleine Stol­per­stel­len, die nicht hät­ten sein müs­sen: der Gesichts­aus­druck sei­ner Oma, als sie ihn in sei­ner Ver­klei­dung sieht und dazu das erschro­ckene „Oh!“ von Julian sowie sein „Oh, oh.“, als seine Oma wort­los weg­geht. Ja, die Oma holt ihm eine Kette für seine Ver­klei­dung, aber die erste Bot­schaft ist den­noch, dass hier etwas Unge­wöhn­li­ches geschieht, even­tu­ell sogar etwas, das nicht ein­mal die Oma sehen sollte? Auch ist es etwas schade, dass Julian nicht im All­täg­li­chen eine Meer­jung­frau ist, son­dern ein gan­zer Kar­ne­vals­zug im Mee­res­thema umher­zieht. Julian fügt sich begeis­tert ein, er fällt hier nicht wei­ter auf, ist einer von hun­der­ten Meer­jung­frauen-Men­schen. Die Kri­tik erfolgt auf hohem Niveau. Noch schö­ner wäre es nur gewe­sen, wenn er im All­täg­li­chen sei­nen Traum hätte aus­le­ben können.

Den­noch: Eine klare Emp­feh­lung, mit klei­nen Kin­dern diese schöne Bot­schaft zu betrach­ten. Sei ein­fach du selbst! Auch eine Meer­jung­frau, klei­ner Julian.

Julian ist eine Meer­jung­frau. Jes­sica Love. Über­setzt von Tat­jana Kröll. Kne­se­beck. 2020. Vor­le­se­buch für Kin­der ab 4 Jah­ren. // Illus­tra­tio­nen: Knesebeck/Jessica Love.

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