Sich selbst verlieren und wiederfinden

by Zeichensetzerin Alexa

Wir erträu­men uns das Schönste und das Beste. Aber oft­mals ver­ges­sen wir dabei, was wir für unsere Ziele auf­ge­ben müs­sen und dass wir auf dem Weg ver­lo­ren gehen kön­nen. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

„Eines Tages wen­de­ten die Vögel ihren Blick von den Zwei­gen und Blät­tern ab und stell­ten sich ein ande­res Leben vor.“ Damit beginnt nicht nur das Bil­der­buch „Als die Vögel ver­ga­ßen, Vögel zu sein“, son­dern auch ein neues Zeit­al­ter für die in der Geschichte vor­kom­men­den Vögel. Sie fra­gen nach dem Wie und dem Warum, sie bauen „die schöns­ten Nes­ter“ und erfin­den neue Flug­mög­lich­kei­ten. Ihre Lebens­weise, ihr Cha­rak­ter – alles ver­än­dert sich.

Aber die posi­tive Ver­än­de­rung – die Frei­heit, selbst­wirk­sam etwas Neues erschaf­fen zu kön­nen – wird über­schat­tet von ihrem Gefühl, nie­mals genug zu haben. Sie wol­len die Kon­trolle über alles und die Ent­schei­dung über das Schick­sal ande­rer. Zuneh­mend ver­ges­sen die Vögel, wer sie einst waren. Ihre Iden­ti­täts­krise treibt sie zu Gewalt und Ver­fall. Und den­noch: Irgendwo gibt es noch jeman­den, dem all das nicht wich­tig ist und der sich nichts ande­res wünscht als ein­fach nur wie­der flie­gen zu können.

„Als die Vögel ver­ga­ßen, Vögel zu sein“ gibt zu den­ken: Wer sind wir und was wol­len wir? Gehen all die Wün­sche von uns selbst aus oder ent­wi­ckeln sie sich aus einer gesell­schaft­li­chen Ver­än­de­rung her­aus? Was wer­den wir letzt­end­lich ver­lie­ren, wenn wir unser Ziel erreicht haben? Und ist es das wirk­lich wert? María Julia Díaz Gar­rido und David Daniel Álva­rez Hernán­dez zei­gen in Text und Bild die Schat­ten­sei­ten einer gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lung. Wäh­rend der Text posi­tive wie nega­tive Aspekte auf­zeigt, neh­men die schwarz-wei­ßen Illus­tra­tio­nen eine meta­pho­ri­sche Funk­tion für Licht und Schat­ten ein. Die Grau­stu­fen kön­nen sinn­bild­lich für Grau­zo­nen stehen.

„Als die Vögel ver­ga­ßen, Vögel zu sein“ stand zu Recht auf der Short­list der Stif­tung Buch­kunst für „Die Schöns­ten deut­schen Bücher 2015“. Das Werk nimmt die Lesen­den ein, zieht sie in die Dun­kel­heit der Zeich­nun­gen und wie­der her­aus ins Licht. Beein­dru­ckend tief­sin­nig sind Text und Bild in ihrer Kom­bi­na­tion. Ein klei­nes, dys­to­pisch-phi­lo­so­phi­sches Werk, das trotz der bedrü­cken­den Stim­mung nicht ver­säumt, ein wenig Hoff­nung mitzugeben.

Als die Vögel ver­ga­ßen, Vögel zu sein. María Julia Díaz Gar­rido. Illus­tra­tion:‎ David Daniel Álva­rez Hernán­dez. Über­set­zung: Lydia Thie­ßen. ara­cari Ver­lag. 2015.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #phi­lo­so­phie­stadt. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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