Sie fürchtet den Tod nicht

by Buchstaplerin Maike

Nnedi Oko­ra­for erzählt scho­nungs­los, atem­be­rau­bend und berüh­rend, fin­det Buch­stap­le­rin Maike. Der preis­ge­krönte Sci­ence-Fic­tion-Roman „Wer fürch­tet den Tod“ ver­bin­det hoch­ak­tu­elle The­men in einem post­apo­ka­ly­ti­schen Set­ting. Im Mit­tel­punkt: Ein Mäd­chen, das die Welt verändert.

Sie weiß, dass sie ster­ben wird. Doch ihr Name bedeu­tet „Wer fürch­tet den Tod?“ und so erzählt Onye­sonwu vor ihrer Hin­rich­tung ihre Geschichte. Das post­apo­ka­lyp­ti­sche Afrika ist wort­wört­lich ver­wüs­tet. Nach alter Über­lie­fe­rung haben die hell­häu­ti­gen Nuru das Recht, die dun­kel­häu­ti­gen Okeke zu ver­skla­ven. Onye­sonwu ist ein Kind, das bei der bru­ta­len Ver­ge­wal­ti­gung einer Okeke-Frau durch einen Nuru ent­stan­den ist. Durch ihr Aus­se­hen und Vor­ur­teile gegen­über „Ewus“ wie sie ist sie aus­ge­sto­ßen, wohin sie mit ihrer Mut­ter auch zieht. Doch je älter sie wird, desto mehr lernt Onye­sonwu über die Unge­rech­tig­keit der alten Tra­di­tio­nen und ihre eige­nen Fähig­kei­ten. Denn sie beherrscht starke Magie. Zusam­men mit Freun­den bricht sie in die Wüste auf, um die Geschichte ihres unter­drück­ten Vol­kes umzu­schrei­ben – und Rache an ihrem leib­li­chen Vater zu nehmen.

Viel­schich­tig und atemberaubend

„Wer fürch­tet den Tod“ ist mehr als Com­ing of Age in magi­schem Set­ting. Oko­ra­for ver­schmilzt leichte und bru­tale Momente in Onye­son­wus Lebens­ge­schichte zu einer Ein­heit. Mit Onye­sonwu als Ich-Erzäh­le­rin kön­nen trotz des sehr erns­ten Plots „nor­ma­len“ Ele­men­ten des Erwach­sen­wer­dens Raum gege­ben wer­den, seien es Freund­schaf­ten, Liebe, Sexua­li­tät oder das Aus­tes­ten der eige­nen Gren­zen. Tat­säch­lich hat der Roman sol­che unbe­schwer­ten Momente drin­gend nötig, denn durch die Augen der Prot­ago­nis­tin wird scho­nungs­los erzählt. Der Blick der Lese­rIn­nen wird aus­ge­dehnt auf Sze­nen der Gewalt und Kriegs­ver­bre­chen wie etwa Ver­ge­wal­ti­gun­gen gezwungen.
So ver­langt das Buch Atem­pau­sen, aber nie sind bru­tale Sze­nen grund­los ein­ge­setzt. Statt­des­sen bil­den sie Unrecht ab, wel­ches die Pläne der auf­brau­sen­den Onye­sonwu begrün­den. Hin­ter ihren Rache­ge­lüs­ten ver­birgt sich viel mehr: Indem sie sich über unhin­ter­fragte Tra­di­tio­nen hin­weg­setzt und plant, die Geschichte umzu­schrei­ben, auch wenn sie dafür alles ris­kie­ren muss, wird Onye­sonwu zu einem Vor­bild. Dass sie als Prot­ago­nis­tin viel­schich­tig, vol­ler Stär­ken und Schwä­chen geschrie­ben ist, macht sie nah­bar. Allen voran ihr hit­zi­ges Tem­pe­ra­ment beflü­gelt und bremst sie gleichermaßen.

Sci­ence-Fic­tion, Fan­tasy, Afrofuturismus?

Oko­ra­for ver­packt in dem post­apo­ka­ly­pisch-magi­schen Set­ting hoch­ak­tu­elle The­men, die nicht nur in Dys­to­pien, son­dern auch in den Nach­rich­ten ihr Abbild fin­den. Sie ver­ar­bei­tet in „Wer fürch­tet den Tod“ neben Bür­ger­krie­gen so auch weib­li­che Geni­tal­ver­stüm­me­lung, frau­en­feind­li­che Gesetze und Ras­sis­mus. Mit Onye­sonwu hat sie der Hoff­nung auf Ver­än­de­rung ein Gesicht gege­ben. In die­ser Hin­sicht ist Nnedi Oko­ra­for eine Sci­ence-Fic­tion-Autorin, die man nicht aus den Augen ver­lie­ren sollte: Sie bedient vor allem das Genre des Afro­fu­tu­ris­mus, wel­ches afri­ka­ni­sche Erfah­run­gen, ver­mischt mit Mytho­lo­gien und Magie, in das Zen­trum der Erzäh­lun­gen stellt. Eine Per­spek­tiv­ver­schie­bung, die den Buch­markt zu Recht auf­mischt: Nicht nur, dass „Wer fürch­tet den Tod“ mit dem World Fan­tasy Award aus­ge­zeich­net wurde, kürz­lich hat sich George R. R. Mar­tin als Pro­du­zent für eine Seri­en­ver­fil­mung des Romans gefunden.

Wer fürch­tet den Tod. Nnedi Oko­ra­for. Über­set­zung: Clau­dia Kern.
Cross Cult. 2017. BK-Alters­emp­feh­lung: 16 Jahre.

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1 comment

Wenn sie brennt, brennt die Welt mit ihr – Bücherstadt Kurier 2. März 2018 - 17:43

[…] schafft die nige­ria­nisch-ame­ri­ka­ni­sche Au­to­rin Nne­di Oko­ra­for ein Pre­quel zu „Wer fürch­tet den Tod“ . Der Ro­man prä­sen­tiert sich zu gro­ßen Tei­len als […]

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