„Sieben Heere“ oder: Wie man mit Mordlust die Leselust tötet

by Bücherstadt Kurier

Sieben HeereNach „Klin­gen­fie­ber“ habe ich erneut ein Buch von Tobias O. Meiß­ner auf mei­nen Rezen­si­ons­tisch lie­gen: „Sie­ben Heere“ ist der neue Titel, des­sen Cover beein­druckt und der Buch­rü­cken­text opu­lente Momente ver­spricht. Lei­der ist das fast alles, was den Kauf recht­fer­tigt. – Von Wör­ter­schmied Diungo

Das Buch beginnt völ­lig unspek­ta­ku­lär: die feind­li­che Armee mar­schiert gesit­tet in das Dorf ein und annek­tiert es fried­voll. Ins­ge­samt sind es drei­ßig Sol­da­ten und eine Art Haupt­mann auf einem gesat­tel­ten Greif. Vom qual­vol­len Tod und bedin­gungs­lo­ser Unter­wer­fung ist ebenso zu lesen wie von skru­pel­lo­ses­ten Krie­gern, wel­che mor­dend durch die Gegend ren­nen. Ganz im Gegen­teil hat es trotz Besat­zung ein sehr­dörf­li­ches Gesche­hen. Ein­zig ein wenig Rebel­lion keimt in den Jugend­li­chen des Dor­fes auf, nur weil sie dem vor Jahr­hun­der­ten aus­ge­foch­te­nen Krieg nicht bei­gewohnt haben.

Das ganze Dorf und seine 500 Bewoh­ner besit­zen keine Waf­fen, obwohl sie an der Reichs­grenze zum Feind woh­nen. Es gibt keine Sol­da­ten oder Wach­män­ner und der ein­zige, der den Schneid besit­zen könnte es mit Sol­da­ten auf­zu­neh­men, ist der Tunicht­gut Tau­tun. In der Schenke, in der gesit­tet zwei der Sol­da­ten spei­sen, greift er diese unter Alko­hol­ge­nuss an. Es gelingt ihm wie durch ein Wun­der zwei voll gerüs­tete und gut aus­ge­bil­dete Sol­da­ten zu über­rum­peln und zu töten. Das Dorf ist auf ein­mal in einem Kon­flikt: Sol­len wir den nicht gemoch­ten Voll­idio­ten Tau­tun mel­den oder set­zen wir uns zur Wehr?

Die Ent­schei­dung fällt auf die zweite Option und Tau­tun schleicht wie Rambo durch das Dorf und schal­tet eine Wach­mann­schaft nach der ande­ren aus. Ins­ge­samt zwölf Men­schen fal­len sei­ner Mord­lust zum Opfer und die ande­ren wer­den von dem in die Jahre gekom­me­nen Dorf­ma­gier durch ein Flam­men­in­ferno aus­ge­löscht. Nach die­ser heroi­schen Tat fin­det ein Pos­sen­spiel statt, denn alle ver­heim­li­chen beim nächs­ten Hafen­fest die Tat­sa­che der Besat­zer, gleich dem kind­li­chen Gedan­ken: nicht gese­hen, nicht pas­siert. „Sie­ben Heere“ umfasst knapp 400 Sei­ten, von denen ich nach 300 resi­gniert habe. Oder Tau­tun war da und hat mir mit blo­ßen Hän­den die Lust genom­men wie das Leben der Wachmänner.

Sie­ben Heere. Tobias O. Meiß­ner. Piper. 2015.

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