Songtexte und ihre Bedeutung

by Bücherstadt Kurier

Mit­sum­men, mit­sin­gen, mitg­röh­len. Warum hört man Musik, außer um sich beschal­len zu las­sen? Um Unter­hal­tung zu haben, mit­zu­sin­gen, Gefühle und Gedan­ken mit­zu­neh­men und nicht zuletzt auch in den Tex­ten auf­zu­ge­hen. Viele Lebens­wei­sen, viele wahre Worte, manch­mal auch die eige­nen Wün­sche, die man noch nicht oder nur schwer ver­wirk­li­chen las­sen kann, spie­geln sich in den Wor­ten der Sän­ger und Bands wie­der. Vom Lie­bes­lied, dem Par­ty­song, dem Trau­er­lied bis hin zum rebel­li­schen Schrei nach Frei­heit ist alles ver­tre­ten und wird je nach Vor­liebe quer durch die Musik­gen­res ver­wen­det und benutzt.
Texte und Lie­der erzäh­len Geschich­ten. Hier sol­len ein paar vor­ge­stellt wer­den. Lie­der, die ihren Ursprung an geschrie­be­nen Vor­la­gen, Geschich­ten, Mär­chen, Sagen, Büchern haben. Davon gibt es ziem­lich viele, nur nicht immer erkennt man dies auf Anhieb.

Mär­chen

„Ein Mül­ler hatte sie­ben Söhne, Söhne klug gescheit und stark, doch im Tausch für eine Toch­ter, baut er jedem Sohn den Sarg. Die Mut­ter weint um jeden Buben, sie­ben Trä­nen in ein Tuch, und zur Ret­tung ihrer Söhne, spricht sie einen bösen Fluch.“
Erkannt, um wel­ches Mär­chen es sich han­delt? Eigent­lich nicht schwer. Hier wer­den die „Sie­ben Raben“ von der Mit­tel­al­ter-Rock-Band Salta­tio Mor­tis ver­tont, ein Mär­chen das ebenso tra­gisch wie span­nend ist und wie viele andere den oft­mals recht blut­rüns­ti­gen Cha­rak­ter deut­scher Mär­chen wie­der­spie­gelt. Nicht nur die Mär­chen der Gebrü­der Grimm sind eigent­lich Gru­sel­ge­schich­ten, oft­mals von Tod und Feuer beglei­tet, von hef­ti­gen Stra­fen und Kon­se­quen­zen. Und den­noch wer­den diese an Kin­der weitergegeben.

Mytho­lo­gie

Egal ob ägyp­tisch, grie­chisch oder römisch, Mytho­lo­gien, obwohl fest­ge­schrie­ben und unver­än­der­bar, sind Ansporn für die Fan­ta­sie vie­ler, wie man in Fil­men, Büchern und ande­ren Medien erken­nen kann. Immer­hin wer­den teils Ele­mente her­aus­ge­pickt, damit gear­bei­tet, teil­weise bestehende Ereig­nisse in neue Set­tings gepackt. Die neu­es­ten Filme (z. B. „Thor“) und Bücher (z.B. „Percy Jack­son“) allein zei­gen, wie aktu­ell die anti­ken Mythen noch immer, oder schon wie­der sind.
Natür­lich machen auch Musi­ker vor die­sen Erzäh­lun­gen nicht Halt. Die nor­di­schen Göt­ter­dich­tun­gen mit Wal­halla, den Wal­kü­ren und all den Hel­den spie­len bei vie­len Bands und Grup­pen eine große Rolle. Die Sagen­we­sen der Grie­chen, wie zum Bei­spiel Hydra oder Medusa wer­den ebenso besun­gen, wie auch Hel­den, Tita­nen und Halb­göt­ter bei Ägyp­tern und Römern. Auch ich musste nicht lange suchen, hatte auf Anhieb gleich zwei Lie­der der glei­chen Gruppe im Kopf und erneut beeh­ren uns Salta­tio Mor­tis, die nicht nur ein Lied über Pro­me­theus, der das Feuer brachte, geschrie­ben haben, son­dern auch auf wun­der­schöne Weise die trau­rige Geschichte von Orpheus ver­tont haben. Die­ses Mal der Aus­schnitt aus den letz­ten Zei­len, als Orpheus seine Geliebte aus der Unter­welt führt: „Plötz­lich nur Stille, wo bleibt dein Schritt, nur eiser­ner Wille hält mich zurück. Hin­ter mir bleibt es still, ich weiß nicht warum. Bist du noch bei mir. Ich drehe mich um. Sing für mich, Orpheus, wir hat­ten kein Glück, du wan­delst ins Leben, doch ich bleib zurück. Und wenn deine Stimme nie mehr für mich singt, werd ich erfah­ren, wie laut Stille klingt.“

Bibli­sches

Obwohl die Bibel eines der am meis­ten ver­kauf­ten Bücher welt­weit ist, glaubt man nicht, dass Texte aus die­sen uralten Schrift­stü­cken in irgend­ei­ner Weise von „moder­nen“ Bands ver­tont wer­den. Weit gefehlt! Zwar sind es oft­mals die Wider­sa­cher, die Unheil­stif­ter, die in Song­tex­ten auf­tau­chen, doch was wäre die Bibel ohne diese. Denn so könnte sie nicht anhand von Ver­glei­chen und Bei­spie­len auf­zei­gen, was rich­tig und was falsch ist.
Luzi­fer als der schönste Engel und der erste, der gefal­len ist, bie­tet natür­lich aus­rei­chend Stoff als Ver­rä­ter und Rebell, sodass sich – erneut – die Spiel­män­ner von Salta­tio Mor­tis Gedan­ken über ihn gemacht haben, wie er gethront hat, wie er gefal­len ist. Und dies mit einer sehr bild­haf­ten Spra­che. „Ich war der Sohn der Mor­gen­röte, der Glanz­stern an Got­tes Fir­ma­ment. Ich war Che­ru­bim, ein Wäch­ter des Him­mels, der den man heut nur Satan nennt. Doch bin ich gefal­len mit flam­men­den Schwin­gen, ein bren­nen­der Stern am Him­mels­zelt. Ver­sto­ßen vom Vater, hüte ich heute, die mäch­ti­gen Pfor­ten der Unterwelt.“

Nicht nur das alte Tes­ta­ment, son­dern auch das neue brin­gen genug Ideen für Kom­po­nis­ten und Tex­ter. So hat die fin­ni­sche Band Stra­to­va­rius sich den Ver­rat an Jesus her­aus­ge­pickt mit dem Lied „The Kiss of Judas“. Die zweite Stro­phe in der Über­set­zung lau­tet wie folgt: „In dei­nem eige­nen Zim­mer, bist du ganz allein, die gut ver­dien­ten Sil­ber­stü­cke fal­len zu Boden, die Flamme der Kerze wirft Bewe­gun­gen an die Wand, deine Augen vol­ler Schuld star­ren zur Tür.“
Die Kom­po­nis­ten geben sich große Mühe, Aspekte zu lie­fern, das Gut und Böse zu ver­mi­schen, Grau­zo­nen zu gestal­ten. Judas als Täter oder Judas als Schuld­be­wuss­ter, der seine Tat bereut. Dabei dür­fen die Schrei­ber natür­lich die Geschichte nicht ver­än­dern, gerade bei einem schon ver­schrift­lich­ten Werk müs­sen sie sich klar an Vor­ga­ben hal­ten. Diese Grat­wan­de­rung zwi­schen Fak­ten und eige­ner Krea­ti­vi­tät gelingt aber auf erzäh­lende Weise wun­der­bar. Stim­mung und Geschichte ein­zu­fan­gen, das kön­nen auch die Jungs von Sub­way to Sally, die sich hier dem alten Tes­ta­ment zuge­wandt haben, näm­lich der Eifer­sucht zwi­schen zwei Brü­dern und schließ­lich dem ers­ten Mord. Im Lied „Kain“ heißt es: „An jenem Mor­gen schwie­gen die Vögel, als Kain sei­nen Bru­der erschlug auf dem Feld, aus Neid und Begeh­ren am Anfang der Zei­ten, ward er zum ers­ten Mör­der der Welt.“

Bücher

Natür­lich sind Bücher, egal wie alt, der Quell end­lo­ser Ideen für Song­schrei­ber und Bands aller Art. ASP hat dem Buch „Kra­bat“ einen kom­plet­ten Lie­der­zy­klus gewid­met, Blind Guar­dian ist eine deut­sche Metal­band, die zu einem gro­ßen Teil Texte zu Tol­ki­ens Wer­ken ver­fasst. Nicht zuletzt sind sämt­li­che gesun­ge­nen Film­mu­sik-Titel, die auf Büchern basie­ren nichts ande­res als eben­sol­che Ver­to­nun­gen. Grup­pen wie Night­wish oder Schand­maul holen sich eben­falls Inspi­ra­tion von Büchern. Man kann also mit Fug und Recht behaup­ten, dass Musi­ker ein sehr bele­se­nes Volk sind.
Sagen
Mythen und Sagen wer­den bevor­zugt von Grup­pen bedient, die gerne düs­tere oder gru­se­lige Texte mögen, aber auch sol­che, die mit Wor­ten spie­len. Jede Sage hat einen direk­ten wahr­heits­ge­mä­ßen oder auch beleh­ren­den Kern und hat man die­sen gefun­den, kann man die eigent­li­che Geschichte auf viele andere Lebens­si­tua­tio­nen ummün­zen. Orte wer­den wie­der­erkannt, Per­so­nen tra­gen erkenn­bare Namen. König Artus, weiße Frauen, Stone­henge, sie alle bie­ten genü­gend Stoff für Lie­der und Gedichte. Doch man muss nicht so weit weg gehen. Die deut­sche Rock-Band Scor­pi­ons hat sich mit dem Rhein beschäf­tigt, genauer gesagt mit Lore­lei. Die­ser Fel­sen hat vie­len Schif­fen Ver­der­ben gebracht und auch der Mann im Text des Lie­des „Lore­lei“ hat kein Glück in der Liebe zu der Frau „Lore­lei“, die ihn ins Ver­der­ben stürzt.
Hier die Über­set­zung des Refrains: „Lore­lei, mein Schiff ist an dir vor­bei gezo­gen. Und obwohl du mir ver­spro­chen hast, dass du mir den Weg zei­gen wür­dest, hast du mich fehl gelei­tet. Lore­lei, was für ein Dumm­kopf ich war. Weil ich jedes Wort glaubte, das du mir sag­test. Und nun frage ich mich, warum. Lorelei.“

Geschichte/Historisches

Nicht nur geschicht­li­che Ereig­nisse wer­den in Tex­ten ver­tont, oft­mals Schlach­ten und Siege, ver­bun­den mit sagen­um­wo­be­nen Orten wie auch real. Die Band Saba­ton hat sich die Ver­to­nung geschicht­li­cher Fak­ten auf die Flagge geschrie­ben und besingt nicht nur Ereig­nisse der Welt­kriege, son­dern zum Bei­spiel auch das Han­deln gro­ßer Könige (Caro­lus Rex).
Doch auch Per­so­nen wer­den nicht sel­ten besun­gen. Sehr inter­es­sant sind dabei die­je­ni­gen, um wel­che sich nach wie vor Geheim­nisse weben. Je wei­ter die Geschichts­schrei­bung in die Ver­gan­gen­heit geht, umso unge­nauer wer­den die Auf­zeich­nun­gen. Nicht jeder konnte schrei­ben und nicht jeder blieb bei der Wahr­heit. Zudem wird Geschichte oft genug von den Sie­gern geschrie­ben. Die Band Kame­lot besingt in ihrem drei­tei­li­gen Lied „Eliza­beth“ den Jugend­wahn der Grä­fin Bathory aus Ungarn, der nach­ge­sagt wird, dass sie ihre Jugend mit Jung­frau­en­blut erhal­ten hätte. Die­ses Ver­bre­chens wurde sie auch ver­ur­teilt. (Klei­nes Detail am Rande: Die Grä­fin war sehr reich und sogar die dama­li­gen Habs­bur­ger-Herr­scher schul­de­ten ihr Unmen­gen von Geld. Nach­dem ihr Mann gestor­ben war, behaup­tete sie sich als Frau als Herr­sche­rin in einer von Män­nern regier­ten Welt und war den Habs­bur­gern erst recht ein Dorn im Auge.)
In der Über­set­zung beginnt das Lied mit den Wor­ten: „Spie­gel, kannst du mir sagen, wie man für immer jung bleibt? Lass mich das Geheim­nis erfah­ren, ich werde es auch nie­man­dem wei­ter sagen. Bitte beschütze mei­nen Kör­per, die sam­tene Haut so rein und weiß, höre mei­nen Namen, wie er wider­hallt, wie eine Hymne am Ende der Nacht“.

Jedes Lied erzählt eine Geschichte. Man­che kom­men mit wenig Text und wenig Hand­lung aus, andere Kom­po­nis­ten und Tex­ter lie­ben es, mit Spra­che zu spie­len, Bil­der zu pro­ji­zie­ren und Gefühle und Gedan­ken in den Zuhö­rer ein­zu­pflan­zen. Nun ist es nur noch die Auf­gabe des Zuhö­rers, diese geschrie­be­nen und gedich­te­ten Kunst­werke wert­zu­schät­zen, Text und Inten­tio­nen zu erken­nen. Wel­che Geschich­ten hin­ter den Lie­dern ste­cken ist meist gar nicht so schwer zu erra­ten. Man muss nur rich­tig hinhören.

Eli­sa­beth

Werft am 01. Juni 2014 einen Blick in den neuen Bücher­stadt Kurier, um mehr zum Thema „Musik & Lite­ra­tur“ zu erfahren!
Bild: dan­c­wart, Hal­le­lu­jah, piqs​.de

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1 comment

Neuköllner Botschaft 31. Mai 2014 - 14:21

Auch mein Groß­va­ter baute sich sei­nen Sarg schon zu Leb­zei­ten, aller­dings nicht aus “Blut­rüns­tig­keit”, son­dern aus Vor­sorge: Er war Zeit sei­nes Lebens nur ein­mal beim Arzt gewe­sen und genau das hatte ihn in den Tod getrieben.
Danke für diese “Wan­de­rung”.

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