„Spielst du auf deinem Spielplatz?“

by Zeichensetzerin Alexa

Was wol­len wir eigent­lich im Leben errei­chen? Wel­chen Sinn sehen wir in den Din­gen, denen wir tag­täg­lich nach­ge­hen? John Streleckys Buch „Wie­der­se­hen im Café am Rande der Welt“ erschien pünkt­lich vor Urlaubs­be­ginn, als wollte es dem einen oder ande­ren Zweif­ler einen Schubs in Rich­tung Lebens­freude geben. Ein Buch über den Mut, das Leben zu leben, das man leben will. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Ich gebe zu, anfangs sehr skep­tisch gewe­sen zu sein, nicht zuletzt wegen des Unter­ti­tels „Eine inspi­rie­rende Reise zum eige­nen Selbst“. Aber ein Blick ins Buch gab mir das Gefühl, dass es sich hier­bei um eine kurz­wei­lige Urlaubs­lek­türe han­deln könnte. Die kur­zen Kapi­tel von nur weni­gen Sei­ten und die Illus­tra­tio­nen von Root Leeb erweck­ten den Ein­druck einer locker­leich­ten Lek­türe. Eine, die man mit zum Strand oder in den Gar­ten nimmt, um bis zum Son­nen­un­ter­gang zu lesen. Dies mag eine kit­schige Vor­stel­lung sein, genauso wie die ers­ten Sei­ten des Buches kit­schig klin­gen, aber hin­ter all dem ste­cken viele tief­sin­nige Gedanken.

Zuge­ge­ben, die Dia­loge wir­ken sehr gestellt und alles andere als rea­lis­tisch. So wür­den „nor­male“ Men­schen wohl kaum mit­ein­an­der spre­chen, wenn sie sich zum ers­ten Mal begeg­nen, und auch die Art wie ein sie­ben­jäh­ri­ges Mäd­chen argu­men­tiert, ent­spricht sicher­lich nicht der Rea­li­tät. Schnell ent­steht der Ein­druck, dass der Autor seine Theo­rien und Gedan­ken los­wer­den will und dafür fik­tive Cha­rak­tere als Ver­mitt­ler braucht. Wenn man sich die­sem Aspekt aber bewusst wird, beginnt man das Buch auf einer ande­ren Ebene zu lesen.

Ein Café, das dein Leben ver­än­dern wird

Es beginnt alles in einem Café am Rande der Welt. „Warum am Rande der Welt?“ wird man sich ver­mut­lich fra­gen. Auch die Prot­ago­nis­tin Jes­sica, die zufäl­lig an die­sen Ort gelangt war, ist über­rascht über die eigen­ar­tige Atmo­sphäre. Als sei die­ser Ort der Erde fern, weit weg vom Tru­bel des All­tags. Vor allem für sie, die das Gefühl hat, nur für ihren Job zu leben, ist das Café wie eine ret­tende Insel inmit­ten des wei­ten Oze­ans. Erzählt wird im unre­gel­mä­ßi­gen Wech­sel aus ihrer Sicht (Sie-Form) und der des Ich-Erzäh­lers. Bei die­sem han­delt es sich um John, der frü­her ein­mal ein gestress­ter Mana­ger war – bis er das Café gefun­den hat.

Als Jes­sica das Café betritt, weiß er, in wel­cher Lage sie sich befin­det und kann ver­ste­hen, wie sie sich fühlt. So wie er einst, muss nun auch sie Ant­wor­ten auf drei Fra­gen fin­den: „Warum bist du hier? Spielst du auf dei­nem Spiel­platz? Hast du MPS? (Mul­ti­ple Per­sön­lich­keits­stärke)“ Eigen­ar­tig erscheint Jes­sica die Situa­tion, der Ort, die Men­schen. Alles um sie herum ist so anders als in ihrer nor­ma­len Welt. Aber bald ent­schließt sie sich, die Reise „zum eige­nen Selbst“ anzu­tre­ten. Die Gesprä­che mit den Men­schen, die sich hier befin­den, hel­fen ihr, den rich­ti­gen Weg zu finden.

Das Uni­ver­sum sieht zu

Men­schen reden gerne – über die Arbeit, die Kin­der, ihre Wün­sche, ihre Lebens­ziele. Aber sel­ten set­zen sie ihre Vor­ha­ben in die Tat um. Auch wenn einem klar ist, wie sinn­los es ist, sich über die Arbeit zu ärgern, ohne etwas dage­gen zu tun: meckern scheint die gän­gige Lösung zu sein für alles. Doch das Uni­ver­sum sieht zu. Es sieht, dass wir viele Stun­den im Büro ver­brin­gen und glaubt, dass es uns Spaß macht, denn sonst wür­den wir nicht so viel Zeit mit die­ser Arbeit ver­brin­gen – und schickt uns wei­tere Arbeit in die­sem Bereich. Dabei ist das Uni­ver­sum gar nicht böse gestimmt. Es passt sich nur unse­rem Ver­hal­ten an. Sobald wir eine Tätig­keit fin­den, die uns wirk­lich Spaß macht, in einem Tätig­keits­feld, in dem wir gerne Zeit ver­brin­gen, belohnt uns das Uni­ver­sum auch hier wie­der mit mehr Arbeit in die­sem Bereich. Dies zu bestim­men liegt in unse­rer Hand.

Big Five for Live

Was ist denn nun der Sinn des Lebens? Diese Frage zu beant­wor­ten ist gar nicht so ein­fach. Das weiß auch der Autor und bie­tet des­halb eine Lösung an: wenn man diese große Frage nicht beant­wor­ten kann, dann zer­teile man sie in fünf Teile. Wel­che fünf Dinge sind einem im Leben so wich­tig, dass sie das Leben lebens­wert machen? Was will man errei­chen? Was will man unbe­dingt im Leben gemacht haben? Die Ant­wor­ten dar­auf bie­ten uns Ziele im Leben, eine Rich­tung, die wir ein­schla­gen kön­nen und etwas Hoff­nung, wenn uns der All­tag wie­der packt. Eins die­ser fünf Dinge könnte sein: Rei­sen. Wenn man unbe­dingt rei­sen will, dann arbei­tet man dar­auf hin und man weiß, wofür man das macht. Aber auch hier gilt wie­der: Nur reden bringt nichts, man muss auch machen!

Man lebt nur ein Mal

Neben die­sen Theo­rien wer­den auch noch viele wei­tere Gedan­ken geäu­ßert. Nicht sel­ten habe ich mich dabei gefragt, inwie­weit das rea­lis­tisch bzw. umsetz­bar ist. Kann ich tat­säch­lich von jetzt auf gleich meine Tasche packen und los­zie­hen, nur weil ich rei­sen will? Bin ich bereit, andere Dinge dafür zu opfern? Man muss die Ansätze, die hier beschrie­ben wer­den, nicht genauso umset­zen. Aber man kann sich davon inspi­rie­ren las­sen. Und so werde ich mich nun den drei Fra­gen wid­men und mei­nen „Big Five for Live“, um meine Kraft in Dinge zu ste­cken, die mir etwas brin­gen. Denn vor allem hat mir die­ses Buch in Erin­ne­rung geru­fen: Man lebt nur ein Mal.

Wie­der­se­hen im Café am Rande der Welt. John Strelecky. Illus­tra­tion: Root Leeb. Über­set­zung: Bet­tina Lemke. dtv. 2015.

„Wie­der­se­hen im Café am Rande der Welt“ ist die Fort­set­zung von „Das Café am Rande der Welt“. Der zweite Teil kann aller­dings auch gele­sen wer­den, wenn man den ers­ten nicht kennt. Der Autor lebt in Flo­rida und ver­an­stal­tet Work­shops und hält Vor­träge, die Men­schen dabei hel­fen sol­len, den Sinn des Lebens zu fin­den. Auch in Deutsch­land: jsand​friends​.com. Wei­tere Infor­ma­tio­nen und eine Lese­probe gibt es hier.

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1 comment

Rückkehr ins Café am Rande der Welt – Bücherstadt Kurier 11. November 2019 - 16:50

[…] „Das Café am Rande der Welt“ und „Wie­der­se­hen im Café am Rande der Welt“ ist mit dem Titel „Aus­zeit im Café am Rande der Welt“ der dritte Teil der Reihe von John […]

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