Tischlein, deck dich!

by Worteweberin Annika

Die Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­le­rin und Köchin Cara Nico­letti liebt – klar, Lite­ra­tur und Essen. In ihrem aus einem Blog ent­stan­de­nen Buch „Yummy Books! In 50 Rezep­ten durch die Welt­li­te­ra­tur“ kom­bi­niert sie bei­des. Worte­we­be­rin Annika konnte sich daran gar nicht satt lesen.

Eins ist klar, auch Figu­ren in einem Buch müs­sen essen. Egal, ob das nun Ber­tie Botts Boh­nen aller Geschmacks­rich­tun­gen sind, oder Suppe, die man bis zum letz­ten Rest aus der Schüs­sel lecken kann, wie Michel. In man­chen Roma­nen spielt Essen eine sehr große Rolle, in ande­ren wie­derum kommt es eigent­lich gar nicht vor.

Was den Otto-Nor­mal-Lese­rIn­nen viel­leicht gar nicht auf­fal­len würde, dafür hat Cara Nico­letti ein geschärf­tes Auge. Es sind die Essens­sze­nen in Roma­nen, die es ihr ange­tan haben. In drei Tei­len arbei­tet sich Nico­letti in ihrem Buch „Yummy Books“ chro­no­lo­gisch durch ihre eigene Lese- und Koch-Bio­gra­fie: Von der Kind­heit über die Jugend und das Stu­dium bis zum Erwach­se­nen­al­ter ver­bin­det sie wich­tige Romane des jewei­li­gen Lebens­ab­schnitts mit ihrer per­sön­li­chen Geschichte und dazu pas­sen­den Rezepten.

„So kochte und las ich mich durch die schwie­ri­gen Jahre der Middle School, durch die erste Liebe, durch mehr­fa­chen ver­hee­ren­den Lie­bes­kum­mer, durch Ver­luste und Ver­än­de­run­gen. Und je älter ich wurde, desto mehr ent­wi­ckel­ten sich Lesen und Kochen zu den Kräf­ten, die mei­nen Pan­zer auf­bra­chen, mich Bin­dun­gen ein­ge­hen lie­ßen und mich zu der Welt, die mich umgab, in Bezie­hung setz­ten.“ (S. 11)

Wel­che Bedeu­tung die jewei­lige Geschichte für sie hatte, wie und was in den Büchern geges­sen wird und wie es zum aus­ge­wähl­ten Rezept kam, das alles erzählt die Autorin mit viel Witz und Charme. Die Kapi­tel machen nicht nur Lust auf Essen, auch die Romane und Geschich­ten macht Cara Nico­letti ihren Lese­rIn­nen schmack­haft. Schnell merkt man, dass hier eine wahre Bücher­när­rin schreibt, die sich, wie sie erzählt, zwi­schen zwei Buch­de­ckeln schon so man­che Nacht um die Ohren geschla­gen hat. Ihre Begeis­te­rung steckt an und so nimmt man nicht nur den ein oder ande­ren Koch-Tipp, son­dern auch viele Lese­emp­feh­lun­gen mit aus „Yummy Books“.

Welt­li­te­ra­tur?

Bei dem Titel „In 50 Rezep­ten durch die Welt­li­te­ra­tur“ kann diese Tat­sa­che etwas über­ra­schen, aber Nico­let­tis Begriff von „Welt­li­te­ra­tur“ ist teil­weise zumin­dest unge­wöhn­lich. Als Ame­ri­ka­ne­rin gehö­ren für sie andere Titel zum Kanon als für deutsch­spra­chige Lese­rIn­nen. Das wird ins­be­son­dere bei den aus­ge­wähl­ten Kin­der­bü­chern deut­lich, denn wäh­rend Nico­letti mit „Nancy Drew“ und „Die Kin­der aus dem Güter­wa­gen“ auf­wuchs, sind diese Texte hier nicht son­der­lich popu­lär, der zweite wurde nicht ein­mal ins Deut­sche über­setzt. Aber auch Gegen­warts­li­te­ra­tur gehört hier mit zur „Welt­li­te­ra­tur“ dazu. Trotz­dem fin­den sich auch viele all­seits bekannte Titel wie „Stolz und Vor­ur­teil“, „Pippi Lang­strumpf“ oder „Anna Karenina“.

Die Rezepte in die­sem Band sind sehr viel­fäl­tig: Donuts, Pasta, Pfann­ku­chen, Roll­bra­ten, Aus­tern, Pfef­fer­minz-Eis­creme, Lamm­keule… Zur Zube­rei­tung wer­den haupt­säch­lich gän­gige Zuta­ten gebraucht, die in den meis­ten Küchen­schrän­ken oder Super­märk­ten zu fin­den sind. Einige Rezepte wie die Donuts mit Gelee­fül­lung brau­chen viel Zeit, wor­auf im Rezept aber auch hin­ge­wie­sen wird. Die meis­ten ande­ren sind nichts für ein schnel­les Abend­essen oder Koch­an­fän­ger, da sie recht kom­plex sind. Trotz­dem erklärt Nico­letti gut, wel­che Schritte beach­tet wer­den müs­sen und gibt hilf­rei­che Tipps. Aber selbst dann, wenn man hier keine Rezepte für die Essens­pla­nung der nächs­ten Woche fin­det, macht das Stö­bern in den Geschich­ten rund um Essen und Lite­ra­tur ein­fach Spaß! Wem nach dem Lesen die­ses Buches Essen in der Lite­ra­tur begeg­net, der wird es mit einem ande­ren Blick betrachten.

Yummy Books! In 50 Rezep­ten durch die Welt­li­te­ra­tur. Cara Nico­letti. Aus dem ame­ri­ka­ni­schen Eng­lisch von Tanja Han­dels und Susanne Kam­me­rer. Suhr­kamp. 2017.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #lit­fut­ter.
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