Torben Kuhlmann im Interview

by Seitenkünstler Aaron

„Die wirk­li­chen Aben­teuer, wie man sie sich vor­stellt, kann man nicht unbe­dingt so erle­ben. Des­halb muss man sie erfin­den, dar­über malen und schreiben.“

Auf der Leip­zi­ger Buch­messe traf Sei­ten­künst­ler Aaron auf den Autor und Illus­tra­tor Tor­ben Kuhl­mann, der Anfang die­ses Jah­res sein ers­tes Bil­der­buch mit dem Titel „Lind­bergh – Die aben­teu­er­li­che Geschichte einer flie­gen­den Maus“ ver­öf­fent­lichte.

BK: Erst Ende Januar erschien dein Buch und heute wurde es mit dem Leip­zi­ger Lese­kom­pass aus­ge­zeich­net. Wie ist es für dich, so schnell so posi­ti­ves Feed­back zu erhalten?

TK: Ich bin nach wie vor über­wäl­tigt von der Geschwin­dig­keit wie das alles pas­siert und von der Rück­mel­dung. Auf der Messe selbst war der Lese­kom­pass wohl das wich­tigste Ereig­nis. Das ist ja allein schon eine große Aus­zeich­nung. Anfangs hatte ich nicht damit gerech­net. Ich habe lange Zeit in mei­nem klei­nen Käm­mer­chen dage­ses­sen, an der Geschichte gebas­telt und musste immer wie­der gegen den eige­nen Schwei­ne­hund ankämp­fen, um dann wei­ter­zu­ma­chen. Das war haupt­säch­lich ein Pro­jekt, das ich für mich gemacht habe. Es ist toll, jetzt auf der Messe zu sein und das eigene Buch im Regal zu sehen und die Rück­mel­dung zu bekommen.

BK: Hat­test du anfangs das Ziel, das Buch auch zu ver­öf­fent­li­chen? Wie fing es damit an?

TK: Das war eine Sache, die sich erst nach und nach ein­ge­schli­chen hat. Ange­fan­gen hat es als meine Diplom­ar­beit. Das Ziel war auch haupt­säch­lich, mei­nen Abschluss zu machen. Und natür­lich guckt man, wenn man ein Buch macht, immer schon ein biss­chen mit dar­auf, ob man es danach auch ver­le­gen könnte. Aller­dings bin ich davon lange Zeit nicht aus­ge­gan­gen. Ich habe nicht ver­sucht eine Ziel­gruppe zu bedie­nen oder der­glei­chen. Ich habe es so gemacht, wie ich es gerne wollte.

BK: Damit das Buch dein Gefühl und dei­nen Stil, den du ent­wi­ckelt hast, bekommt?

TK: Genau. Ich dachte, das ist wahr­schein­lich rela­tiv schwie­rig unter­zu­brin­gen, da es ein sehr lan­ges Buch ist. Es ist in den gedeck­ten Far­ben auch eher unüb­lich und ich hatte mir auch Sachen über­legt über das Zusam­men­spiel mit den Bil­dern und dem Text. Ich wusste auch nicht, ob das vom Buch­markt gewollt ist oder nicht. Also habe ich es so fer­tig­ge­macht, wie ich mir das vor­ge­stellt hatte, bevor ich dann erst das fer­tige Buch nach und nach bei den Ver­le­gern gezeigt habe. Und DANN merkte ich, dass es gut ankommt und dass viele Leute sofort auf irgend­eine Weise auf das Buch reagiert haben.

BK: Und damit hat­test du auch Erfolg. Wie war das Gefühl, das fer­tige Buch in den Hän­den zu halten?

TK: Es war unge­wöhn­lich. Nicht im Sinne von „über­wäl­tigt“, denn es hatte noch so den Cha­rak­ter, wie ich es vor­her auch hatte. Ich hatte zuvor auch eigene Dum­mies pro­du­ziert, die schon rela­tiv ähn­lich wie die­ses Buch waren. Die habe ich dann in Kleinst­auf­la­gen dru­cken und mir zuschi­cken las­sen. Mit den Dum­mies war ich auch immer sehr zufrieden.
Jetzt habe ich ein Paket vom Ver­lag gekriegt, wo auch unge­fähr die glei­che Menge von Büchern drin war. Ich hab’s wirk­lich erst rea­li­siert, dass es offi­zi­ell ver­legt ist, als ich es dann zum ers­ten Mal in Buch­lä­den gese­hen habe. Als es nicht mehr bei mir im Kar­ton zu Hause lag, son­dern im Laden. Der Moment war dann auch umso erfreu­li­cher. In Ham­burg wurde es bei Tha­lia pro­mi­nent neben der Kasse aufgestellt.

BK: Es hat ja auch ein klasse Cover bekommen.

TK: Vie­len Dank!

BK: Am Rand sieht es aus wie altes Leder. Kommt das noch von dir...?

TK: Ja.

BK: ...oder gab es da vom Ver­lag noch Eingriffe?

TK: Also man muss sagen, das Buch ist fast 1 zu 1 über­nom­men. Der Ver­lag hat noch ein mini­ma­les Lek­to­rat gemacht und Text­sa­chen kor­ri­giert, aber an der all­ge­mei­nen Gestal­tung eigent­lich nichts.

BK: Muss­test du zwi­schen­durch oder im Nach­hin­ein noch etwas ändern?

TK: Nein. Das Pro­jekt war ja schon fer­tig, die Diplom­ar­beit war so weit abge­schlos­sen. Der Nord­Süd-Ver­lag hat die Diplom­ar­beit auch so in Bolo­gna am Stand mei­ner Hoch­schule gese­hen und gesagt: „Das wol­len wir so machen.“ An Bild­kor­rek­tu­ren gab es gar nichts. Die ein­zige Sache war: kurz bevor es in den Druck gehen sollte, kam vom Ver­lag noch ein Anruf, dass sie aus druck­tech­ni­schen Grün­den statt 80 Sei­ten lie­ber 96 hät­ten. Aber da hatte ich auch noch Sachen der Diplom­ar­beit in der Hin­ter­hand. Dazu gibt es einen Theo­rie-Teil, einen Quer­schnitt durch die Geschichte der Luft­fahrt. Das passt jetzt sehr gut als klei­ner Anhang ins Buch.

BK: Man merkt, dass hin­ter dem Buch noch mehr (Geschichte und Skiz­zen) steckt, als hät­test du nur die Auf­gabe gehabt, weil du unter Ver­trag stehst. Du hast auch noch einen wun­der­ba­ren Buch­trai­ler gemacht. War es mehr Arbeit den Trai­ler oder das Buch zu machen?

TK: Das Buch. Daran habe ich in der Summe – neben­bei im Urlaub und am Wochen­ende – im End­ef­fekt 2 Jahre gear­bei­tet. Immer wie­der in Schü­ben. Das war ein­deu­tig mehr Arbeit. Am Ende hatte ich ja das ganze Bild­ma­te­rial und so musste ich für den Trai­ler nur noch einige Klei­nig­kei­ten machen. Das heißt, einige kleine Bil­der, die aber so im Buch nicht sind, malen. Aber das war weit weni­ger auf­wän­dig und den Trai­ler hatte ich auch inner­halb von 2–3 Wochen fertig.

BK: Wie kamst du dar­auf, den Trai­ler zu machen? Ist es, weil es ein moder­ner Ansatz ist, so mit Büchern umzugehen?

TK: Nee. Die grund­le­gende Sache ist, dass ich neben mei­nem Illus­tra­ti­ons­stu­dium auch Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­sign mit Film- und Ani­ma­ti­ons­kur­sen stu­diert habe. Die­sen Teil mei­ner Aus­bil­dung wollte ich ursprüng­lich auch zum Teil des Buches machen.

BK: Warum ver­la­gerst du die Hand­lung nach Amerika?

TK: Das liegt so ein biss­chen an der Zeit. Die Hand­lung spielt zum Beginn des 20. Jahr­hun­derts, noch in etwa eine Zeit der klas­si­schen Aus­wan­de­rung. Aus die­ser Zeit hat man noch das Bild eines düs­te­ren Europa und den Hoff­nun­gen auf ein bes­se­res Leben in der neuen Welt. Das wurde beim Ent­wi­ckeln der Geschichte der Hin­ter­grund des Gan­zen. Die ursprüng­li­che Idee war, dass eine Maus flie­gen lernt und sich dafür Maschi­nen baut, doch ich brauchte einen Auf­hän­ger dafür. Mit der Idee der Mau­se­falle kam hinzu, dass die Maus dort, wo sie lebt, nicht blei­ben konnte und den Plan hat, auszuwandern.

BK: Warum eine Maus und kein ande­res Tier?

TK: Die Idee, die den Kern der Hand­lung aus­macht, ist, dass eine Maus eine Fle­der­maus fin­det und denkt: „Das sind ja auch Mäuse, aber sie kön­nen flie­gen. Das will ich auch.“ Es kam auch begüns­ti­gend hinzu, dass es ein Tier sein sollte, das in der Welt der Men­schen lebt und diese klei­nen Die­bes­tou­ren star­tet, um Bau­ma­te­rial zu sammeln.

BK: Es ist erstaun­lich, wie die Vogel­per­spek­tive im Buch rüber­kommt. Hast du dafür in einem Flug­zeug gesessen?

TK: Ich bin nicht mehr oder weni­ger als andere geflo­gen, mal ab und an im Urlaub. Die Begeis­te­rung für die klas­si­sche Luft­fahrt war schon immer da. Ich würde auch gerne mal in so einem alt­mo­di­schen Pro­pel­ler-Flug­zeug flie­gen. Was die Luft­fahrt­ge­schichte angeht, so habe ich kurz vor der Messe etwas wie­der­ge­fun­den, das ich als kleine Anek­dote dazu zei­gen kann. (Er holt aus sei­ner Tasche ein Foto hervor.)

Kin­der­zim­mer Wand­ma­le­rei, © Tor­ben Kuhl­mann, 1994

TK: Das habe ich Anfang der 90er gemalt. Das sind Sze­nen aus der Luftfahrtgeschichte.

BK: Wie alt warst du da?

TK: Ich würde sagen so unge­fähr 10 oder 11. Das Foto ist spä­ter ent­stan­den, als diese Schrank­wand abge­baut wor­den ist. Die Begeis­te­rung für die­ses Thema war also schon immer da.

BK: Ich habe noch die zwei Bücher­stadt Kurier – Spe­zi­al­fra­gen. Wenn du ein Buch wärst, wel­ches wärst du?

TK: Oh. Ich glaube, ich muss wirk­lich sagen, dass ich am ehes­ten mein eige­nes Lind­bergh-Buch wäre. Eben weil es auch mit die­sen klei­nen Maschi­nen, die die Maus baut und den Zeich­nun­gen, die sie vor­her macht, eine mini­malst auto­bio­gra­phi­sche Note hat. Das ist eben dadurch, dass ich keine Vor­ga­ben hatte, ein 100prozentig selbst­ver­ant­wort­lich gemach­tes Pro­jekt und mich am meis­ten repräsentiert.

BK: Schön! Und wel­che Frage hast du dir schon immer mal in einem Inter­view gewünscht und was wäre deine Ant­wort auf diese Frage?

TK: Oh. Das ist eine schwie­rige Frage... Ich habe nicht so wirk­lich irgend­was, wo ich spon­tan sagen würde „Frag mich das doch mal!“, da ich ganz gut das, was ich zu sagen habe, erzäh­len kann… Viel­leicht die Frage, ob ich gerne Luft­fahrt­pio­nier gewor­den wäre.

BK: Und wärst du es gerne geworden?

TK: Ich glaube ja. Als Kind hatte ich auch die­sen Wunsch, ein Flug­zeug oder zumin­dest einen Hän­ge­glei­ter zu bauen.

BK: Und jetzt bist du Illus­tra­tor, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­si­gner, Autor und machst das alles in dei­ner Fantasie.

TK: Ja. Die wirk­li­chen Aben­teuer, wie man sie sich vor­stellt, kann man nicht unbe­dingt so erle­ben. Des­halb muss man sie erfin­den, dar­über malen und schreiben.

BK: Wenn man sich traut.

TK: Wenn man sich traut, ja.

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7 comments

Büchernische 19. September 2014 - 13:57

Ich habe „Lind­bergh“ sooo geliebt ♥ ein wun­der­vol­les Buch. Danke für die­ses tolle Inter­view, ich hoffe ich lerne Tor­ben mal auf einer Buch­messe oder Lesung / Aus­stel­lung kennen.

Liebe Grüße
Sandra

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Bücherstadt Kurier 21. September 2014 - 12:19

Ich finde das Buch auch groß­ar­tig! Es gehört zu den Büchern, die man immer im Bücher­re­gal ste­hen haben möchte. 🙂 (Alexa)

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Eine inszenierte Lesung für Groß und Klein | Bücherstadt Kurier 10. Dezember 2015 - 21:45

[…] Lind­bergh: Die aben­teu­er­li­che Geschichte einer flie­gen­den Maus. Tor­ben Kuhl­mann. Spre­cher: Bas­tian Pas­tewka. Regie: Mar­lene Breuer. Bear­bei­tung: Gud­run Hart­mann. der Hör­ver­lag. 2015. Wei­tere Infor­ma­tio­nen: Lind­bergh: Die aben­teu­er­li­che Geschichte einer flie­gen­den Maus (Bil­der­buch) | Maul­wurf­stadt | Inter­view mit Tor­ben Kuhl­mann | www​.tor​ben​-kuhl​mann​.com […]

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Modernes Stadtleben unter der Erde – Bücherstadt Kurier 12. Februar 2017 - 23:08

[…] Tor­ben Kuh­l­mann im Interview […]

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Lindbergh - Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus 12. Februar 2017 - 23:10

[…] Tor­ben Kuh­l­mann im Interview […]

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„Ein kleiner Schritt für eine Maus“ – Bücherstadt Kurier 13. Februar 2017 - 11:15

[…] Tor­ben Kuh­l­mann im Interview […]

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Ein Schatz in den Tiefen des Meeres – Bücherstadt Kurier 7. Juni 2019 - 9:11

[…] Tor­ben Kuhl­mann im Interview […]

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