Über Freundschaft und Mut: Der Junge aus der letzten Reihe Shortlist-Kandidat beim Deutschen Hörbuchpreis

by Satzhüterin Pia

Onjali Q. Raúfs Geschichte um ein paar ganz beson­dere Kin­der und ihren Freund Ahmet, einem Flücht­lings­jun­gen, berührt: Mit „Der Junge aus der letz­ten Reihe“ hat die Autorin ein ganz beson­de­res Debüt geschrie­ben, das Birte Schnöink im Hör­buch ange­nehm und ein­fühl­sam erzählt, fin­det Satz­hü­te­rin Pia.

Als nach den Ferien der freie Stuhl in der letz­ten Reihe des Klas­sen­zim­mers nicht mehr frei ist, beginnt für Alexa und ihre Freunde Tom, Josie und Michael eine auf­re­gende Zeit: Denn Alexa beschließt mit dem neuen Jun­gen Ahmet befreun­det zu sein. Dass Ahmet nicht spricht und nur still sei­nen roten Ruck­sack umklam­mert, stört Alexa dabei herz­lich wenig und ihre hart­nä­ckig-lie­be­vol­len Ver­su­che Kon­takt auf­zu­neh­men (offen­bar mag Ahmet Oran­gen lie­ber als Scho­ko­rie­gel), füh­ren dazu, dass sich der Junge immer bes­ser ein­le­ben kann. Nach und nach erfah­ren wir von sei­ner Geschichte – wie er aus sei­nem Hei­mat­land Syrien weg­lau­fen musste, weil dort böse Mob­ber Bom­ben run­ter­war­fen, und wie ihm seine Fami­lie unter­wegs ver­lo­ren ging. Ahmet ist nicht komisch, er hat nur schreck­li­che Dinge erle­ben müs­sen und ver­misst seine Eltern.

Doch dann erfährt Alexa im Bus zufäl­lig, dass in zwei Wochen die Gren­zen zuge­macht wer­den sol­len und keine Flücht­linge mehr nach Eng­land gelas­sen wer­den. Sie und ihre Freunde über­le­gen fie­ber­haft, wie sie es vor­her noch schaf­fen kön­nen, Ahmets Eltern wie­der­zu­fin­den. Es scheint nur eine hel­fen zu kön­nen: die Queen. Und damit geht das Aben­teuer erst rich­tig los.

Was für eine Geschichte!

„Der Junge aus der letz­ten Reihe“ ist eine Geschichte über Freund­schaft und den muti­gen Ein­satz für eben­diese Freunde. Eine Geschichte, die Zuver­sicht schafft und Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer berührt lächeln oder amü­siert schmun­zeln lässt, wäh­rend sie an ande­rer Stelle auch mal feuchte Augen bekom­men. Eine Geschichte, die zeigt, dass es wich­tig ist, die Flucht vor Krieg (beson­ders als unbe­glei­tet flüch­ten­des Kind!) nicht nur ratio­nal, son­dern beson­ders auch emo­tio­nal zu begrei­fen. Es ist eine Geschichte, die ein sehr kom­ple­xes und schreck­li­ches Thema kind­ge­recht erzählt – auf eine ein­fühl­same und unauf­dring­li­che Art und über­ra­schend viel Humor.

Nicht nur etwas für Kinder

Das vor­ur­teils­freie Den­ken der 9‑jährigen Ich-Erzäh­le­rin Alexa tut gut und von ihrem Mit­ge­fühl und Enga­ge­ment darf sich die Mensch­heit gerne große Schei­ben abschnei­den. Onjali Q. Raúf schafft in ihrem Debüt glaub­hafte Kin­der­prot­ago­nis­tin­nen und ‑prot­ago­nis­ten. Sowohl die kind­li­che Logik als auch die Logik der Erwach­se­nen aus Kin­der­sicht sind nach­voll­zieh­bar (mehr als ein­mal könnte man sich dafür schä­men, wie dumm Erwach­sene doch sein kön­nen). Die Hand­lun­gen und Gedan­ken der Kin­der sind – zumin­dest für mich als Erwach­sene – durch­aus glaub­haft, wenn auch natür­lich sehr aben­teu­er­lich. Eine sol­che Por­tion Mut braucht es aber manch­mal einfach!

Es ist nicht zuletzt der Ver­dienst der Spre­che­rin Birte Schnöink, dass die kind­li­che Per­spek­tive so gut funk­tio­niert. Ihre ruhige Stimme ist warm, ein­fühl­sam und klingt zudem sehr jung. Das Buch stellt Fra­gen, denen sich Kin­der heute sehr häu­fig gegen­über wie­der­fin­den, und beant­wor­tet sie kindgerecht.

„Der Junge aus der letz­ten Reihe“ hallt nach und ich möchte es euch wärms­tens ans Herz legen – ob ihr nun Kin­der oder Erwach­sene seid.

Der Junge aus der letz­ten Reihe. Onjali Q. Raúf. Gele­sen von Birte Schnöink. Über­set­zung: Katha­rina Nau­mann. Hör­com­pany. 2020. BK-Alters­emp­feh­lung: Ab 8 Jahre.

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