Über sich selbst im Bilde

by Worteweberin Annika

Mit „Liebe mit zwei Unbe­kann­ten“ wurde Antoine Lau­rain inter­na­tio­nal bekannt. Inzwi­schen ist auch sein Debüt­ro­man „Das Bild aus mei­nem Traum“ auf Deutsch erschie­nen. Worte­we­be­rin Annika hat ihn gelesen.

Pierre-Fran­çois, der Prot­ago­nist in „Das Bild aus mei­nem Traum“, liebt Anti­qui­tä­ten. Wahr­schein­lich mehr als sei­nen Job als Jurist, auf jeden Fall aber deut­lich mehr als seine Frau Char­lotte. Sie kann nicht ver­ste­hen, dass Pierre-Fran­çois in den alten Gegen­stän­den die See­len ihrer vori­gen Besit­zer zu spü­ren glaubt und ver­bannt des­we­gen alle Anti­qui­tä­ten in ein klei­nes „Arbeits­zim­mer“. Die Begeg­nung zwi­schen Pierre-Fran­çois und einem Gemälde setzt eine Kette von Ereig­nis­sen in Gang, die sein Leben – und das Dasein der Anti­qui­tä­ten im Arbeits­zim­mer – aus den Fugen hebt.
Im Auk­ti­ons­haus stol­pert er näm­lich über ein altes Por­trait, auf dem er sich ganz deut­lich selbst erkennt. Aber wie kann das sein? Und warum kön­nen die Men­schen in sei­nem Umfeld die Ähn­lich­keit nicht erken­nen? Pierre-Fran­çois beginnt nach­zu­for­schen, und reist schließ­lich in die Bour­go­gne, um der Sache auf den Grund zu gehen.

„Das Bild aus mei­nem Traum“ ist ein kur­zer Roman über Iden­ti­tät und dar­über, sich selbst wie­der­zu­ent­de­cken. Pierre-Fran­çois muss näm­lich ler­nen, dass er erst ganz er selbst sein kann, wenn er sich auf­gibt. Dass er dabei auch noch eine neue Liebe fin­det, ist viel­leicht typisch für Antoine Lau­rain, in des­sen ande­ren bei­den auf Deutsch erschie­ne­nen Roma­nen die Liebe immer min­des­tens eine Neben­rolle gespielt hat.
Aber ebenso wie „Liebe mit zwei Unbe­kann­ten“ und „Der Hut des Prä­si­den­ten“ ist auch Lau­rains ers­ter Roman, „Das Bild aus mei­nem Traum“ nicht kit­schig oder pathe­tisch. Gleich­wohl hat auch die Geschichte um Pierre-Fran­çois etwas Traum­haf­tes, selbst wenn sich für alle Ereig­nisse um das Por­trait logi­sche Erklä­run­gen fin­den. Für diese Erklä­run­gen hätte sich der Roman ruhig ein wenig mehr Zeit neh­men kön­nen, statt zum Bei­spiel den Grund für die Ähn­lich­keit von Pierre-Fran­çois und dem por­trä­tier­ten Mann in nicht mehr als einem Satz abzu­han­deln. Dadurch hätte der Haupt­cha­rak­ter an Tiefe und die Hand­lung an Span­nung dazu­ge­win­nen können.

Mög­li­cher­weise erkennt man an die­sen Punk­ten, dass es sich um Lau­rains ers­ten Roman han­delt. Dafür ist aber beson­ders die Liebe des Prot­ago­nis­ten zu Anti­qui­tä­ten deut­lich spür­bar – kein Wun­der eigent­lich, arbei­tet doch der Autor selbst als Anti­qui­tä­ten­händ­ler (und Dreh­buch­au­tor) in Paris.

Das Bild aus mei­nem Traum. Antoine Lau­rain. Aus dem Fran­zö­si­schen von Sina de Mala­fosse. Atlan­tik. 2016.

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