Und jährlich ruft die Buchmesse – Ein Erfahrungsbericht

by Bücherstadt Kurier

lbm2016-35

Auf der Leip­zi­ger Buch­messe hat man immer mehr das Gefühl, in einem gro­ßen Bie­nen­stock zu sit­zen. Das habe ich fest­ge­stellt, als ich mit ein paar Freun­den am Sams­tag in der Glas­halle auf einem erhöh­ten Platz geses­sen und die rie­sige Men­schen­menge betrach­tet habe. Die Buch­messe erfreut sich seit Jah­ren schon an wach­sen­den Besu­cher­zah­len, beson­ders der Mes­se­sams­tag ist außer­or­dent­lich gut besucht. Wie der MDR berich­tet hat, waren es die­ses Mal ins­ge­samt 260.000 Besu­cher, die auf der Messe selbst und zu zuge­hö­ri­gen Ver­an­stal­tun­gen zuge­gen waren. Was die Buch­messe und die „Manga-Comic-Con“ die­ses Jahr zu bie­ten hat­ten, erzähle ich euch in die­sem Erfah­rungs­be­richt. – Von Bücher­horte­rin Claudia

End­lich wie­der Buchmesse!

Wie jedes Jahr ruft die Buch­messe wie­der nach eif­ri­gen Bücher­wür­mern und nach­dem ich die ver­traut wir­kende Glas­halle betre­ten habe, stellt sich gleich die­ses in mir alt­be­kannte „Buch­messe-Gefühl“ ein. Geschäf­tige Ver­lags­men­schen arbei­ten an ihren Stän­den, Buch-Neu­hei­ten lie­gen zum Schmö­kern aus und kön­nen teil­weise sogar schon käuf­lich erwor­ben wer­den. Es sind viele neu­gie­rige Besu­cher, die sich umschauen oder Vor­trä­gen und Gesprä­chen auf den ver­schie­de­nen Büh­nen lau­schen oder ein­fach nur von A nach B unter­wegs sind.
Frei­tags kann ich mich noch gut durch die Gänge bewe­gen, es ist nicht all zu voll und rela­tiv kühl im Gegen­satz zu den vor­he­ri­gen Tagen in den Hal­len. Sehr ange­nehm, so kann man sich in Ruhe die Stände anschauen und den ein oder ande­ren Ein­kauf tätigen.
Wie­der sind die alten Ver­däch­ti­gen da, die Fern­seh- und Radio­sen­der, sowie die gro­ßen Zei­tun­gen, die jedes Jahr ordent­lich Pro­gramm in der Glas­halle auf­fah­ren und groß­zü­gig Abos ver­tei­len. Auch die Imbiss­stände kom­men mir ver­däch­tig bekannt vor. „Same pro­ce­dure as every year.“

Poli­tisch aktu­ell: Der Schwer­punkt auf Zuwan­de­rung und Integration

Gro­ßer Schwer­punkt der Messe ist die­ses Jahr das Thema, das uns alle bewegt: Die Zuwan­de­rung und Inte­gra­tion von Flücht­lin­gen. Die­ses Thema zieht sich durch viele Ver­an­stal­tun­gen und Dis­kus­si­ons­run­den mit Poli­ti­kern, Wis­sen­schaft­lern und Jour­na­lis­ten. „Europa 21“ nennt sich die­ses Son­der­pro­gramm. Gleich im Ein­gangs­be­reich der Messe ste­hen Hör­sta­tio­nen, an denen man sich die per­sön­li­chen Geschich­ten von Flücht­lin­gen anhö­ren kann.
Wie es bei einer Buch­messe der Fall ist, gibt es wie­der einige Ver­an­stal­tun­gen auch außer­halb des Mes­se­ge­län­des in der Innen­stadt und das gleich­zei­tig lau­fende Lese­fest „Leip­zig liest“. Lei­der fal­len daher so ein paar Ver­an­stal­tun­gen, die mich inter­es­siert hät­ten, für mich raus, zum Bei­spiel eine über das Ver­lags­we­sen im Drit­ten Reich – die war sogar schon am Diens­tag, wie ich über­rascht fest­stel­len musste. Das zeigt, wie viel­fäl­tig das Pro­gramm ist und schon Tage davor auf­ge­fah­ren wird. Neu ist die­ses Jahr auch eine App, damit man nicht im Meer der Ange­bote stran­det und nach sei­nen Inter­es­sen gezielt nach Ver­an­stal­tun­gen suchen kann. Die App ist außer­dem aktu­ell und über­sicht­li­cher als das Programmheft.

Neben den Hal­len, die the­ma­tisch nach Bil­dung, Kin­der- und Jugend­buch und Fan­tasy, sowie der Bel­le­tris­tik und Buch­kunst & Gra­fik gerich­tet sind, besu­che ich die­ses Jahr auch die Manga-Comic-Con in Halle 1, die nun­mehr zum drit­ten Mal in die­sem Rah­men statt­fin­det. Noch vor drei Jah­ren war der Bereich um gezeich­nete Lite­ra­tur, sprich Comics und Manga, sowie ergän­zend Anime, zusam­men mit den Jugend- und Kin­der­bü­chern in einer Halle unter­ge­bracht. Nach­dem die Besu­cher­zah­len aber der­ma­ßen gestie­gen sind, dass man sich dort nur noch gegen­sei­tig auf die Füße tre­ten konnte, hat die Ver­an­stal­tungs­lei­tung ein neues Kon­zept für eine eigene „Con­ven­tion“ auf die Beine gestellt, wel­ches sich als ein gro­ßer Erfolg her­aus­ge­stellt hat.

Von Land­kar­ten und Mini­bü­chern – es gibt viel zu sehen

Man sollte mei­nen, ein Wochen­ende müsste rei­chen, um sich meh­rere Hal­len anzu­se­hen oder mög­lichst viel vom Pro­gramm mit­zu­neh­men. Das ist aber weit gefehlt. Wie schon erwähnt, kann ich mich am Frei­tag in Ruhe umschauen und unge­stört für die­sen Bericht in den ver­schie­de­nen Hal­len foto­gra­fie­ren. Nur sind es so viele Aus­stel­ler, dass ich oft kaum mehr als einen kur­zen Blick auf die Stände wer­fen kann und immer noch nicht alles gese­hen habe.
Denn zu sehen gibt es unheim­lich viel Ver­schie­de­nes! In Halle 3 locken mich bei­spiels­weise Land­kar­ten und ver­schie­den beleuch­tete wun­der­schöne Glo­ben zum Bestau­nen. Die künst­le­ri­schen Fakul­tä­ten meh­re­rer Uni­ver­si­tä­ten, die jung und alt für die Kunst begeis­tern möch­ten, haben so manch inter­es­san­tes Kunst­werk mit zu ihrem Auf­tritt gemacht.

Ein High­light war für mich die Her­stel­lung von win­zi­gen Büchern – zu fin­den am Stand der Buch­bin­der-Lan­des­in­nung Sach­sen. Dort arbei­tet ein Herr mit diver­sen Mate­ria­lien an einer ziem­lich gro­ßen Maschine an die­sen klei­nen Wun­dern und auch ein paar fer­tige Exem­plare sind vor­han­den. Auch das Guten­berg Museum aus Mainz hat eine rekon­stru­ierte Guten­berg-Presse dabei, an der das Druck­ver­fah­ren vor­ge­führt wird und das Museum für Druck­kunst Leip­zig stellt erneut ihre Lino­type-Setz­ma­schine aus.
Das Gesund­heits­we­sen wird von meh­re­ren Ver­la­gen reprä­sen­tiert. Es gibt neben dem Psy­cho­the­ra­pie-Ver­lag, der zahl­rei­che Ver­öf­fent­li­chun­gen über unter­schied­li­che The­ra­pie­ver­fah­ren ver­öf­fent­licht und der Mabuse-Ver­lag, der eine Zeit­schrift und einen Buch­ver­sand für alle Gesund­heits­be­rufe anbie­tet. Sams­tag­mor­gen stellt die Autorin Karla Hein­rich ihr illus­trier­tes Buch „Als die schwarze Dame kam. Tage­buch einer Depres­sion in Bil­dern“ vor – ein Zeug­nis ihrer eige­nen Gene­sung anhand von Bil­dern, die sie selbst wäh­rend ihrer The­ra­pie gemalt hat.

Bil­dung und Fan­tasy Seite an Seite

In Halle 2 erwar­tet mich dann eine nost­al­gi­sche Erin­ne­rung an meine Schul­zeit: Diverse Schul­buch­ver­lage, wie Cor­nel­sen und die Wes­ter­mann Gruppe, geben sich die Klinke in die Hand und stel­len ihre Unter­richts­ma­te­ria­lien und Zube­hör vor. Kurz denke ich, ich stehe auf der Frank­fur­ter Buch­messe, denn viel ver­än­dert scheint sich seit­dem nicht zu haben – ist ja auch noch nicht so lange her. Zusätz­lich gibt es hier auch Stände, die Zube­hör für Leh­rer ver­kau­fen, dar­un­ter prak­ti­sche Taschen und flüs­sige Krei­de­stifte. An einem ande­ren Stand sind inter­es­sante Che­mie­kof­fer aus­ge­stellt. Bücher­bän­di­ge­rin Eli­sa­beth, mit der ich unter­wegs bin, ist auf der Suche nach Mate­rial für Sei­ten­ein­stei­ger im Deutsch­un­ter­richt, sprich Kin­der mit fremd­spra­chi­gem Hin­ter­grund, wie Flücht­lings­kin­der. Lei­der fin­det sie nur rela­tiv wenig Unterrichtsmaterial.

In der­sel­ben Halle sind noch die Kin­der- und Jugend­bü­cher unter­ge­bracht, bei denen es – hätte man es gedacht? – von Kin­dern und Fami­lien nur so wim­melt. Neben einem Bereich, wo die Kin­der spie­len kön­nen, gibt es nicht nur Bücher, son­dern auch coole Kar­ten­spiele! Der Mit­ar­bei­ter am Adlung-Spiele-Stand hatte sicht­li­che Freude daran, die Spiele mit den emsi­gen Kin­dern aus­zu­pro­bie­ren und neben­her alles Mög­li­che zu erklä­ren, zum Bei­spiel was eigent­lich eine Tele­fon­zelle ist.
Gleich nebenan befin­det sich die Fan­tasy-Lese­insel. Sie ist ver­hält­nis­mä­ßig wie­der eher klein gehal­ten. Und das obwohl es schon ein paar Stände mehr gegen­über dem letz­ten Jahr gewor­den sind. Mit dem Ver­lag Tors­ten Low sieht man hier ein bekann­tes Gesicht. Lei­der suche ich ver­geb­lich nach Sci­ence-Fic­tion. Es gibt zwar einen gro­ßen Perry Rho­dan-Stand, der ist aber auch so ziem­lich der ein­zige aus dem Genre.

Cos­player über­all: das ist die „Manga-Comic-Con“

Halle 1 beher­bergt schließ­lich die „Manga-Comic-Con“ und wenn es schon in den ande­ren Hal­len am Sams­tag voll ist, ist hier die Hölle los. Da ich am Frei­tag erst rela­tiv spät ange­kom­men bin, habe ich nur einen ober­fläch­li­chen Blick rein­wer­fen kön­nen und Ver­an­stal­tun­gen wie „Die Simp­sons auf Säch­sisch mit live-zeich­nen“ ver­passt. Es hätte so lus­tig wer­den können.
Aus der Menge ste­chen auf ein­mal die Köpfe zweier Dead­pool-Cos­player und einer Har­ley Quinn her­vor, die auf dem Schwar­zen Sofa her­um­ham­peln – ich weiß immer noch nicht, wozu das eigent­lich gut war, aber es muss wohl Wer­bung für Panini Comics gewe­sen sein. Auch die groß ange­kün­digte Live-Ninja-Action Show mit „Hat­tori Hanzo and the Nin­jas“ aus Japan zum Ende der belieb­ten Reihe „Naruto“ wird zahl­reich besucht. Und beim Vor­ent­scheid des „Euro­pean Cos­play Gathering“-Wettbewerbs sind die Plätze vor der gro­ßen Bühne bis auf den letz­ten Platz besetzt.

Konnte man am Frei­tag noch rela­tiv kleine Schlan­gen an den Signier­stän­den der gro­ßen Ver­lage Egmont Manga, Carl­sen Manga und Tokyo­pop sehen, plat­zen dage­gen heute die Gänge aus den Näh­ten. Beson­ders die beliebte Shojo-Zeich­ne­rin Moe Yuki­maru bei Tokyo­pop ist gut besucht und beim Live-Zeich­nen ihrer Cha­rak­tere auf dem Schwar­zen Sofa lau­schen viele Leser dem Inter­view, zu dem man im Vor­hin­ein Fra­gen an den Ver­lag schi­cken konnte.
Ähn­lich schaut es mit Egmonts Gast­star Ken Akamatsu aus, auch die­ser zeich­net live und gibt Ein­bli­cke in seine Arbeits­weise. An der Signier­stunde des Sailor Moon Ger­man-Stands sind zur Feier der Ver­öf­fent­li­chung der neuen „Sailor Moon Crystal“-Serie die deut­schen Syn­chron­spre­cher eini­ger Cha­rak­tere zuge­gen und es gibt auch ein Q&A Panel. Auch die klei­ne­ren Ver­lage, wie z.B. Schwar­zer Turm haben eini­ges an Zeich­nern und Autoren zu bieten.
Aber nicht nur das – die Ver­lage suchen mit eini­gen Aktio­nen ihre Leser anzu­wer­ben. Carl­sen Manga und KAZÉ ver­an­stal­ten in Kol­la­bo­ra­tion eine Schatz­su­che ganz im Stile von „One Piece“. Am KAZÉ-Stand kann man sich mit Leucht­schminke bema­len las­sen – eine Wer­be­ak­tion zu einer Mes­se­neu­heit. An der Rück­wand des Stan­des kann man sich eine große Aus­stel­lung zur „Tokyo Ghoul“-Serie anschauen. Zahl­rei­che Goo­dies lie­gen aus, die man sich mit­neh­men kann.

Comics für Groß und Klein und alles, was das Herz begehrt

Nicht nur Manga sind groß­zü­gig ver­tre­ten. Am rie­si­gen gemein­sa­men Stand von Cross Cult, dem Split­ter Ver­lag und POPCOM liegt eine Menge Comics für Inter­es­sierte aller Alters­stu­fen aus, in die man rein­schnup­pern kann. Ich ste­cke meine Nase kurz in einen „The Wal­king Dead“-Comic und muss mich zurück hal­ten, nicht doch noch zuzu­schla­gen. Wenigs­tens ist Band 1 aus, als ich wie­der vor­bei schaue und meine Geld­börse dankt es mir.
Split­ter bie­tet sogar eine Buch­prä­sen­ta­tion und Dis­kus­si­ons­runde zur Neu­heit „Alte Kna­cker“ von Wil­frid Lupano und Paul Cauuet an. Spä­ter kann man sich auch die Bände signie­ren las­sen. Panini Comics setzt ganz auf ihre Super­hel­den und ver­an­stal­tet einen eige­nen Cos­play­wett­be­werb. Ganz beson­ders begehrt sind die Mes­se­va­ri­an­ten neu erschei­nen­der Comics, die es nur hier zu kau­fen geben wird.

Auch die deut­schen Zeich­ner nut­zen die Messe, um sich selbst zu pro­mo­ten. An einer gan­zen Reihe von Stän­den im Man­ga­markt kann man selbst­ge­zeich­nete Manga, Lese­zei­chen, Pos­ter und Dru­cke erwer­ben. Carl­sen Manga holt seine deut­schen Zeich­ner eben­falls auf die Bühne: Auf dem Schwar­zen Sofa tref­fen sich Tama­sa­buro, Inga Stein­metz, Kami­neo und Anne Del­seit um über ihre Arbeit zu spre­chen. Egmont Manga schickt das Team CHASM, bestehend aus Michel Deco­main und Marika Her­zog ins Ren­nen, die zu ihrem im Ver­lag erschie­ne­nen Manga „Demon King Camio“ signieren.

Der Sonn­tag steht im Zei­chen der Bühnenshows

Am Sonn­tag gelingt es mir, den Vor­trag zur Japa­ni­schen Tee­ze­re­mo­nie der Deutsch-Japa­ni­schen Gesell­schaft Leip­zig zu ver­fol­gen und die Vor­stel­lung von „Ani­mes in Con­cert“ zu sehen. Ein Pro­jekt, das für mehr Auf­merk­sam­keit für psy­chi­sche Erkran­kun­gen bei Kin­dern und Jugend­li­chen sor­gen will: Nächs­tes Jahr soll in Leip­zig ein rie­si­ges Kon­zert mit unter­schied­li­chen Inter­pre­ten, die Anime-Musik umset­zen, statt­fin­den. Grund für die­ses Pro­jekt ist der Selbst­mord eines jun­gen Mäd­chens, das der Manga-Szene ange­hörte – ihr Vater ist der Grün­der der Stif­tung, Eck­art Bor­mann. Impo­sante Live-Musik der Band „Unloved“ beglei­tet die Vor­stel­lung des Pro­jek­tes, an der auch Kai von Klit­zing, der Direk­tor der Kin­der- und Jugend­psy­cha­t­rie am Uni­kli­ni­kum Leip­zig und die jün­gere Schwes­ter der Ver­stor­be­nen teilnehmen.
Die neu gegrün­dete Dimitroff Foun­da­tion Leip­zig Stif­tung Kin­der­de­pres­sion hat bereits die Unter­stüt­zung der Leip­zi­ger Buch­messe und Tokyo­pop. Die­ses Pro­jekt kann jeder durch Crowd­fun­ding rea­li­sie­ren – Hel­fen durch Spaß haben ist die Devise.

Alles in Allem ver­lasse ich die Buch­messe mit plat­ten Füßen und Mus­kel­ka­ter, bli­cke aber auf ein ereig­nis­rei­ches und loh­nens­wer­tes Wochen­ende zurück. Nun beginnt erneut die War­te­zeit – bis es wie­der heißt: Die Buch­messe ruft!

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1 comment

Neko 25. März 2016 - 6:11

Hat dies auf Nekos Geschich­ten­körb­chen rebloggt.

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