Unterholz

by Bücherstadt Kurier

Es ist ein Genuss, neben den abstru­sen Figu­ren, von Ideen skur­rils­ter Art zu lesen.

*Klick* ama​zon​.de; Cover © FISCHER Scherz

Der Schau­platz des neuen Alpen­kri­mis von Jörg Mau­rer ist eine idyl­li­sche, schwer zugäng­li­che Alm, unweit vom Kur­ort und dem Loi­sach­tal, inmit­ten von Zug­spitze, Waxen­stein und Hoch­blas­sen. Ein per­fek­ter Ort für einen per­fek­ten Mord, für ein undurch­sich­ti­ges Semi­nar und reich­lich Unterholz.
„Unter­holz“ ist nicht nur Titel, son­dern auch der rote Faden. Jedes Kapi­tel beginnt mit einer erneu­ten Begriffs­er­klä­rung oder lite­ra­risch-geo­gra­fi­schen Ver­or­tung: Von Richard Wag­ner (Sieg­fried jagt den Dra­chen im Unter­holz) über beliebte Witze asia­ti­scher Come­di­ans (Untel­horz) bis hin zur Feng-Shui-Bera­tung: (Umarme die Büsche des Unterholzes).

Unter einem Alpen­krimi könnte man sich nun eine harm­lose Pro­vinz-Poli­zei-Geschichte vor­stel­len, nicht jedoch, wenn sie aus der Feder von Jörg Mau­rer stammt. Für die skur­rilste Fan­ta­sie unter den Kri­mi­au­toren bekannt, weiß er: „Gerade hin­ter den Gera­nien lau­ert das Grauen“. So fin­det auf der Alm in Gar­misch-Par­ten­kir­chen auch kein gewöhn­li­ches Semi­nar für Mana­ger oder Tanz­the­ra­peu­ten statt, son­dern es trifft sich die Crème de la Crème der Aus­knip­ser, die oberste Liga der Pro­fi­kil­ler und Auf­trags­mör­der, aus Paris, Tune­sien, Ita­lien, Russ­land, Indien etc. Gran­dios! Und es wer­den abson­der­li­che Vor­träge abge­hal­ten, z. B. über „Opto­gra­phie“, die Wis­sen­schaft der Fixie­rung des letz­ten Bil­des, das ein Lebe­we­sen vor dem Tod sieht. Diese gibt es wirk­lich, ist aber lei­der für foren­si­sche Ana­ly­sen unbrauchbar.

Natür­lich sind die Teil­neh­mer under­co­ver vor Ort, nur der Bür­ger­meis­ter weiß Bescheid. Es hätte nun auch nie­mand von außer­halb etwas über das kuriose Semi­nar auf der abge­schie­de­nen Alm erfah­ren, wäre nicht gleich am zwei­ten Tag eine Kurs­teil­neh­me­rin ermor­det auf­ge­fun­den wor­den. Dass es sich bei der Toten um die „Äbtis­sin“ han­delt, eine bran­chen­be­rühmte Kil­le­rin und Meis­te­rin des Spu­ren­ver­wi­schens, ahnt das Bestat­ter­pär­chen. Aller­dings dür­fen gerade diese bei­den kei­nen noch so klei­nen Ver­dacht auf sich len­ken: Sie haben sich wegen Ent­sor­gens von Lei­chen für die ita­lie­ni­sche Mafia ein Berufs­ver­bot ein­ge­han­delt ... Und wäh­rend die Span­nung mit jedem Kapi­tel steigt, haben wir über­haupt keine Ahnung, wer der Mör­der sein könnte.

Den wun­der­bar ele­gan­ten Humor des Autors, der selbst aus Gar­misch-Par­ten­kir­chen stammt, erkennt man an den Details: von der Mord­in­sze­nie­rung bis hin zur Schil­de­rung der Tat aus der Sicht der Mord­waffe: Ein Klapp­spa­ten der Marke Gar­ten­freund, die der Mör­der nach Gebrauch fein säu­ber­lich putzt und wie­der in der Ori­gi­nal­ver­pa­ckung ins Kauf­haus­re­gal stellt. Eine herr­li­che Idee!
Es ist ein Genuss, neben den abstru­sen Figu­ren, von Ideen skur­rils­ter Art zu lesen. Mau­rers Kult-Ermitt­ler Huber­tus Jen­ner­wein lässt sich auch in die­sem Buch nicht abschre­cken. Es sei dies­mal sein abgrün­digs­ter Fall. Und am Ende frage ich mich, ob der Name zufäl­lig gewählt sei. Ob über­haupt irgend­was zufäl­lig ist im Roman. „In bestimm­ten Gegen­den in den Kar­pa­ten ist es Brauch, im Wald Mün­zen ins Unter­holz zu wer­fen. Einem alten Volks­glau­ben nach hat man pro Münze eine Lüge frei.“

Im Sep­tem­ber 2013 ist Jörg Mau­rer mit dem Radio-Bre­men-Kri­mi­preis aus­ge­zeich­net wor­den. Die Begrün­dung der Jury: „Es han­delt sich bei den Alpen­kri­mis nicht um bloße Regio­nal­kri­mis, son­dern es ist große deut­sche Unterhaltungsliteratur.“

Carla

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr