Bre­men – Peer Meter und David von Bas­se­witz haben am Don­ners­tag, den 6. März, in der Stadt­bi­blio­thek Bre­men ihre neue Gra­phic Novel „Vas­mers Bru­der“ vor­ge­stellt. Diese Gele­gen­heit konn­ten sich Bücher­städ­ter Alexa und Aaron nicht ent­ge­hen lassen.

„Wer mit Unge­heu­ern kämpft, mag zusehn,
dass er nicht dabei zum Unge­heuer wird.
Und wenn du lange in einen Abgrund blickst,
blickt der Abgrund auch in dich hinein.“
Fried­rich Nietz­sche (Jen­seits von Gut und Böse)

Bereits in den ers­ten Minu­ten ent­steht eine düs­tere Atmo­sphäre im Raum. Die­ser ist dun­kel, nur ver­ein­zelte Lam­pen leuch­ten, so zum Bei­spiel am Pult, an dem Peer Meter und David von Bas­se­witz sit­zen. Dane­ben ist eine Lein­wand ange­bracht, auf der ein­zelne Sei­ten des Buches abge­bil­det wer­den. Gleich das erste Bild, das Cover, nimmt den Betrach­ter gefan­gen. Dun­kel und düs­ter ist es, blut­rot leuch­tet einem der Titel ent­ge­gen. „Vas­mers Bru­der“, die neue Gra­phic Novel, geschrie­ben von Peer Meter und illus­triert von David von Bas­se­witz, erschien die­ses Jahr im Carl­sen Verlag.

Wie düs­ter und bru­tal der Inhalt ist, wird gleich zu Anfang deut­lich. Bevor die Autoren mit der eigent­li­chen Buch­vor­stel­lung begin­nen, war­nen sie die Anwe­sen­den: jedes Mal, bevor ein anstö­ßi­ges Bild gezeigt wird, wird es mit einem Klang ange­kün­digt, sodass Zuschauer, die schwa­che Ner­ven haben, die Mög­lich­keit haben, weg­zu­schauen. Im Laufe der Buch­vor­stel­lung sehen einige Anwe­sen­den tat­säch­lich weg, zwei von ihnen ver­las­sen irgend­wann den Raum.

Unbe­grün­det ist die­ses Ver­hal­ten nicht, eher ver­ständ­lich, wenn man sich die Geschichte näher anschaut. Diese han­delt vom Seri­en­mör­der und Kan­ni­ba­len Karl Denke, der zwi­schen 1903 und 1924 im schle­si­schen Städt­chen Müns­ter­berg (heute Zie­bice) rund 30 Men­schen getö­tet und zum Teil ver­speist haben soll. Auf den gezeig­ten Bil­dern, wel­che sich übri­gens auch in der Gra­phik Novel wie­der­fin­den, sind Men­schen­kno­chen, Haut­reste und abge­trennte Brust­war­zen zu sehen. Ein Anblick, der so ver­stö­rend ist, dass einem übel wird, vor allem mit dem Gedan­ken im Hin­ter­grund, dass diese Geschichte auf wah­ren Bege­ben­hei­ten beruht. Erst durch einen Zufall wurde man auf Den­kes Taten auf­merk­sam und ver­haf­tete ihn. Doch noch bevor man ihn ver­hö­ren konnte, erhängte er sich.

Wie konnte man zu einem sol­chen Ver­hal­ten fähig sein? Was waren seine Motive? Viele Fra­gen, die bis heute unge­klärt sind. In „Vas­mers Bru­der“ grei­fen die Autoren diese Bege­ben­hei­ten auf und erzäh­len sie aus der Per­spek­tive Mar­tin Vas­mers, der nach Polen reist, um sei­nen ver­schwun­de­nen Bru­der zu suchen. Die­ser hatte den Auf­trag, eine Film­do­ku­men­ta­tion über den Fall Denke vor Ort zu machen, ange­nom­men. Die Ergeb­nisse sei­ner Recher­che­ar­beit fin­det Mar­tin in sei­nem Zim­mer, das aus­sah, als hätte sein Bru­der es in Eile ver­las­sen. Mar­tin beginnt zu for­schen und merkt nicht, wie er lang­sam, aber unauf­hör­lich in den Bann Den­kes gezo­gen wird, bis er sich schließ­lich selbst ver­liert. Eine erschre­ckende Geschichte, düs­ter und span­nend umgesetzt.

Fes­selnd ist auch die Buch­vor­stel­lung. Peer Meter und David von Bas­se­witz lesen so ange­nehm, dass man sich wünscht, sie wür­den noch lange so fort­fah­ren. Vor allem Bas­se­witz‘ Stimme in Zusam­men­hang mit der Erzäh­lung Mar­tins in der Ich-Per­spek­tive ist so pas­send, dass man glaubt, Mar­tin selbst sei vor Ort. Ganz so abwe­gig ist die­ser Gedanke nicht, wenn man erst weiß, dass Bas­se­witz vor Ort gewe­sen ist, um für das Buch zu recherchieren.

Den Autoren zuzu­hö­ren und vor sich die Bil­der zu sehen, lässt einen die Zeit ver­ges­sen. Man ist so gefan­gen von der Geschichte, dass man die Umge­bung kaum noch wahr­nimmt. „Wie kann man so etwas nur zulas­sen? Wie kann man nur weg­schauen?“, fragt eine ältere Frau ent­setzt, als Peer Meter erwähnt, dass Den­kes Nach­barn Kör­per­teile in sei­nem Gar­ten gefun­den, die Poli­zei jedoch nicht benach­rich­tigt hät­ten. „Kann so etwas auch heute noch pas­sie­ren?“ „Natür­lich“, bestä­tigt Peer Meter. „Das ist ja gru­se­lig!“, erwi­dert die Frau. Der Autor macht deut­lich, dass ihm genau die­ser Punkt der Geschichte wich­tig ist: das Ver­hal­ten der Gesell­schaft, das Nichts­tun der Men­schen, auch wenn sie wis­sen, dass etwas nicht stimmt.

Das Inter­esse der Anwe­sen­den ist groß. Viele stel­len Fra­gen, begin­nen sich zu unter­hal­ten und füh­ren ihre Unter­hal­tung wäh­rend der Aus­stel­lung wei­ter. In die­ser sind Ori­gi­nal­zeich­nun­gen Bas­se­witz‘ zu sehen wie auch ein Sto­ry­board, an dem man merkt, dass Ideen auch wie­der ver­wor­fen wer­den kön­nen. Die Aus­stel­lung ist noch bis zum 29. März in der Ring-Gale­rie der Stadt­bi­blio­thek Bre­men zu sehen.

Es war eine rundum fas­zi­nie­rende Buch­vor­stel­lung mit einem äußerst sym­pa­thi­schen Autoren­duo. Wer Peer Meter und David von Bas­se­witz eben­falls live erle­ben möchte, kann hier wei­tere Lesungs-Ter­mine fin­den. Ein klei­ner Trost für alle, die an den Buch­vor­stel­lun­gen nicht teil­neh­men kön­nen: die Gra­phic Novel könnt ihr lesen, wann immer ihr die Zeit fin­det. Aber Vor­sicht: der Inhalt ist nichts für schwa­che Nerven!

Details zum Buch:

Titel: Vas­mers Bruder
Autor: Peer Meter
Illus­tra­tor: David von Bassewitz
Ver­lag: Carlsen
Erschei­nungs­jahr: 2014

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1 comment

Peer Meter und David von Bassewitz | BÜCHERSTADT KURIER 9. April 2014 - 15:03

[…] der Vor­stel­lung ihrer neuen Gra­phic Novel “Vas­mers Bru­der“, sind Peer Meter und David von Bas­se­witz im Stadt­ge­spräch. In einem Inter­view erzäh­len sie […]

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