Vom Glück des Untergangs

by Zeichensetzerin Alexa

Hein­rich von Kleist war ein deut­scher Autor und Publi­zist. Sein Lebens­lauf weist einen lan­gen Lei­dens­weg auf, den er 1811 selbst been­dete, indem er sich das Leben nahm. In „Kleist – Vom Glück des Unter­gangs“ gibt Adam Soboc­zyn­ski einen Ein­blick in das Leben Kleists.

Der Essay beginnt wie eine Erzäh­lung: „Der 21. Novem­ber 1811 ist ein kal­ter Herbst­tag. […] Kurz dar­auf hal­len zwei Schüsse durch die Herbst­land­schaft. Der preu­ßi­sche Dich­ter Hein­rich von Kleist hat in einer klei­nen Senke Hen­ri­ette Vogel in die Brust geschos­sen, dann sich selbst in den Mund.“ Außer dem gemein­sa­men Todes­wunsch hatte die bei­den nichts ver­eint. Wäh­rend Kleist unter Depres­sio­nen litt, war Vogel an Unter­leibs­krebs erkrankt. Beide hat­ten kei­nen Aus­weg mehr gese­hen. Was aber ver­an­lasste Kleist zu die­ser Tat?
Seine Werke wur­den zu sei­nen Leb­zei­ten kaum beach­tet. Unzu­frie­den­heit und Depres­sio­nen ver­folg­ten ihn. Was er schrieb, ver­brannte er, was er ver­öf­fent­lichte, blieb erfolg­los. Wäh­rend Schrift­stel­ler wie Johann Wolf­gang von Goe­the und Gott­hold Ephraim Les­sing über Ver­nunft, Ein­sicht und Fried­fer­tig­keit schrie­ben, ließ Kleist seine Prot­ago­nis­ten ster­ben. Seine Pen­the­si­lea (offen­sicht­lich das Gegen­stück zu Goe­thes Iphi­ge­nie) tötet ihren Gelieb­ten nicht nur, sie zer­fleischt ihn. Seine Werke bestimmte der Krieg: Das, was er selbst erlebte, ver­ar­bei­tete er in der Lite­ra­tur. „Kleists Kunst ist Kriegs­kunst als Lite­ra­tur“, meint Soboc­zyn­ski. Gewalt wird als unge­schminkte Wahr­heit dar­ge­stellt, auf eine Art, die als Kriegs­t­rau­ma­ti­sie­rung inter­pre­tiert wer­den kann. In „Masse und Macht“ schrieb Kleist: „Nichts fürch­tet der Mensch mehr als die Berüh­rung durch Unbekanntes.“
Kleist litte an einer unheil­ba­ren Krank­heit, so Goe­the, mit dem er Briefe schrieb. Gehol­fen hat ihm dies aber nicht. Immer mehr stürzte er in einen dunk­len Abgrund aus Gewalt und Lügen. Unter letz­te­ren muss­ten vor allem seine Schwes­ter und seine Ver­lobte lei­den. So zet­telte er ein Ver­wirr­spiel an, bei dem die jeweils andere glaubte, die ein­zige zu sein, die die Wahr­heit kenne. Belo­gen wur­den aber beide. Kleist schreckte nicht ein­mal davor zurück, eine töd­li­che Krank­heit vor­zu­täu­schen, um Auf­se­hen zu erregen.

Soboc­zynskis Essay gibt einen ers­ten Ein­blick in Kleists Leben und Werk auf eine sehr unter­halt­same, lockere Weise. Seine Über­le­gun­gen und Inter­pre­ta­tio­nen legt er nach­voll­zieh­bar dar und weckt den Wunsch, wei­ter­füh­rende Lite­ra­tur hin­zu­zu­zie­hen. „Kleist – Vom Glück des Unter­gangs“ eig­net sich her­vor­ra­gend als Ein­stieg und sei allen emp­foh­len, die sich mit Kleist beschäf­ti­gen wollen.

Alexa

Kleist – Vom Glück des Unter­gangs, Adam Soboc­zyn­ski, Luch­ter­hand, 2011

Weiterlesen

8 comments

Herr Hund 20. Mai 2015 - 15:34

Notiert, auch weil mich der Mann schon immer inter­es­sierte. Doch warum steht da ein Helmut?

Reply
Bücherstadt Kurier 20. Mai 2015 - 15:48

Huch! Da ist mir wohl ein Feh­ler unter­lau­fen. Ich meine natür­lich „Hein­rich“. Vie­len Dank für den Hin­weis! (Alexa)

Reply
Herr Hund 20. Mai 2015 - 17:07

Eigent­lich schade, es zu ändern. Fand ich nett.
Dachte kurz, es ginge um einen Cou­sin von Hein­rich. Oder so. 

Reply
Bücherstadt Kurier 20. Mai 2015 - 17:14

Das wäre natür­lich auch inter­es­sant gewe­sen. Aber es sollte schon alles seine Rich­tig­keit haben. Liebe Grüße! (Alexa)

Reply
Helmut – sein kurzer Ruhm | hundstrüffel 20. Mai 2015 - 18:38

[…] Bis ich ihn ver­riet und ihn in sein bedeu­tungs­lo­ses Leben zurück­stieß, wie ich es bereits mit Johann Wolf­ram von Goe­the, Fried­helm Höl­der­lin und Aaron Kier­ke­gaard gemacht habe. […]

Reply
diemadame5901 20. Mai 2015 - 20:19

Oh schön! Dann weiß ich ja, was ich in mei­nen immer näher rücken­den Ferien lesen werde 🙂

Reply
Bücherstadt Kurier 20. Mai 2015 - 20:47

Das freut mich! Das Buch liest sich auch locker und schnell. In etwa einer Stunde hat man es durch. Viel Freude beim Lesen! (Alexa)

Reply
diemadame5901 20. Mai 2015 - 20:48

Klasse, danke!

Reply

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr