Von der Liebe im Mondschein und bei Tageslicht

by Worteweberin Annika

F. Scott Fitz­ge­rald ist beson­ders für sei­nen Roman „Der große Gatsby“ bekannt gewor­den. Ver­fasst hat der ame­ri­ka­ni­sche Schrift­stel­ler aber auch viele kür­zere Geschich­ten, von denen nun eine Aus­wahl im Dio­ge­nes Ver­lag erschie­nen ist: „Liebe in der Nacht“ heißt der Band, und genau darum geht es auch in den Geschich­ten. – Von Worte­we­be­rin Annika

Liebe in der NachtWas haben ein jun­ges Mäd­chen auf einem Segel­boot, ein rus­si­scher Fürs­ten­sohn in Frank­reich, ein Ame­ri­ka­ner im Kamel­kos­tüm und ein ver­kapp­ter Riff­pi­rat gemein­sam? Sie alle sind auf der Suche nach der Liebe, in Europa oder Ame­rika, wäh­rend, vor oder nach dem ers­ten Welt­krieg. In Fitz­ge­ralds Love­sto­rys geht es um Mäd­chen, die sich nicht ent­schei­den kön­nen, wel­chem Mann sie als nächs­tes das Herz bre­chen sol­len, um Män­ner, die ihre Ange­be­tete schließ­lich doch noch zu einem „ja“ über­re­den (oder über­lis­ten) kön­nen, um Abende auf Segel­jach­ten, Nächte mit Tanz­ver­an­stal­tun­gen und gebro­chene Her­zen. „Liebe in der Nacht“ ent­hält sie­ben sehr unter­schied­li­che Lie­bes­ge­schich­ten, die bis auf eine 2009 zum ers­ten Mal in deut­scher Spra­che ver­öf­fent­licht und nun von Sil­via Zano­vello aus­ge­wählt wurden.

„Liebe in der Nacht“ sieht ein­fach schön aus. Mit dem dun­kel­blauen Lei­nen­ein­band und den gol­de­nen Ver­zie­run­gen erin­nert es an das Mond­licht, das über dem fran­zö­si­schen Mit­tel­meer fun­kelt, wäh­rend die Liebe sich lang­sam anschleicht. Allein das macht schon viel Spaß. Noch dazu die traum­haft schö­nen Geschich­ten, die an eine Zeit erin­nern, als junge Män­ner noch „Ver­eh­rer“ genannt wur­den und die in die dama­lige Welt der Rei­chen und Schö­nen ent­füh­ren. Auch die Liebe, den Ein­druck kann man gewin­nen, ver­lief damals noch nach ganz ande­ren Regeln als heute, egal ob bei Mond­schein oder Tages­licht, irgend­wie lang­sa­mer – und viel­leicht auch größer.

Schön ist, dass die Geschich­ten mit jeweils unge­fähr 50 Seite bequem an einem Abend oder auf einer Zug­fahrt ver­schlun­gen wer­den kön­nen, so dass sich „Liebe in der Nacht“ auch für die­je­ni­gen eig­net, die nicht immer Zeit fin­den, einen gan­zen Roman zu lesen.

Ins­be­son­dere Fitz­ge­ralds Schreib­stil ist beein­dru­ckend, seine Spra­che ist reich an Meta­phern und hat einen ganz ande­ren Klang, als man sie aus heu­ti­gen Roma­nen kennt. So kann man sich direkt in das Süd­frank­reich der 20er Jahre ein­füh­len und hat nicht nur fast das Gefühl, dabei zu sein, son­dern auch ein wah­res Kunst­werk vor sich zu haben. Denn Fitz­ge­rald ist ein wah­rer Künst­ler im Umgang mit der Spra­che. Auch das macht den Band zu einer klei­nen Zeit­ma­schine in die 20er Jahre und alles in allem sehr emp­feh­lens­wert, wenn man Spaß an ein biss­chen klas­si­scher Lite­ra­tur hat.

Liebe in der Nacht und andere Love­sto­rys. F. Scott Fitz­ge­rald. Dio­ge­nes. 2015. Aus dem Ame­ri­ka­ni­schen von Bet­tina Abar­ba­nell, pociao, Chris­tine Schünke und Mela­nie Walz.

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1 comment

„Z: The Beginning of Everything“: Eine Liebe aus der Hölle? – Bücherstadt Kurier 29. April 2020 - 10:38

[…] zu „Liebe in der Nacht und andere Love­sto­rys“ von F. Scott […]

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