Von gebeutelten Geldbeuteln

by Zeilenschwimmerin Ronja

Finanz­krise, Euro­krise, Ban­ken­krise – viele Namen für ein viel­sei­ti­ges Pro­blem, das nicht nur das Schick­sal von Staa­ten ver­än­dert hat. Die Gra­phic Novel „Leichte Beute“ zeigt in atmo­sphä­ri­schem Schwarz-Weiß töd­li­che Fol­gen von halb­sei­de­nen Geschäf­ten. – Von Zei­len­schwim­me­rin Ronja

Es beginnt mit einem Todes­fall, der Kom­mis­sa­rin Taba­res und ihrem Kol­le­gen Sotillo erst ein­mal nicht son­der­lich besorg­nis­er­re­gend erscheint. Doch als inner­halb weni­ger Tage meh­rere Men­schen auf die glei­che Art und Weise getö­tet wer­den, dängt sich der Gedanke an einen Seri­en­mör­der auf. Die Toten scheint nichts zu ver­bin­den, außer dass sie alle in Bank­häu­sern arbeiteten …

In atmo­sphä­ri­schem Schwarz-Weiß erin­nert „Leichte Beute“ stark an alte Kri­mis mit Ermitt­lern in lan­gen Trench­coats, die durch dunkle Gas­sen schlei­chen. Gleich­zei­tig wir­ken die Panels durch die Bild­aus­schnitte und die klare Schrift in kan­ti­gen Sprech„blasen“ aber auch sehr modern. Beson­ders die Cha­rak­tere sind – im ganz wört­li­chen Sinne – scharf gezeich­net. Ihre cha­rak­ter­li­chen Eigen­schaf­ten wer­den dage­gen meist eher durch ihr Aus­se­hen ver­mit­telt als durch ihre Taten. Die Haupt­per­so­nen, Kom­mis­sa­rin Taba­res und Kom­mis­sar Sotillo, defi­nie­ren sich oft etwas sehr direkt gegen­sei­tig in der wört­li­chen Rede und gelan­gen (auch auf Grund der Kürze der Gra­phic Novel) nicht zu wirk­li­cher Tiefe. Das ange­deu­tete roman­ti­sche Inter­esse der bei­den anein­an­der hätte nicht sein müs­sen, stört aller­dings nicht die Hand­lung und ist daher erträglich.

Die Hand­lung aber ist, unter­stützt durch die recht fil­misch gestal­te­ten Panels, packend und span­nend. Auch die Auf­lö­sung ist, wenn auch nicht völ­lig über­ra­schend, unge­wöhn­lich für einen Krimi. Rück­blen­den spie­len dabei auch eine Rolle. Wäh­rend die meis­ten davon gut in den Kon­text ein­ge­bun­den und leicht als sol­che erkenn­bar sind, gibt es zwei, die etwas her­aus­fal­len. Zum einen lie­gen sie als ein­zige außer­halb des­sen, was Taba­res und Sotillo bei ihren Ermitt­lun­gen erfah­ren, zum ande­ren (dies betrifft nur eine Rück­blende) kom­men die darin auf­tre­ten­den Figu­ren in der eigent­li­chen Hand­lung gar nicht vor.

„Wenn das Sys­tem seine Funk­tio­nen nicht erfüllt, die Bür­ger schutz­los aus­lie­fert und zulässt, dass man sie aus­plün­dert, und es noch dazu mit lee­rem Schau­stel­ler­ge­rede recht­fer­tigt, ver­liert es seine Legi­ti­mi­tät.“ (S. 81)

Die Schuld­zu­wei­sung an die Ban­ken ist in „Leichte Beute“ ein­deu­tig. Allein die auf dem Cover abge­bil­de­ten Hyä­nen spre­chen Bände. Die Ban­ken und ihre Mitarbeiter*innen kom­men im Werk dabei kaum selbst zu Wort. Sie wer­den haupt­säch­lich von außen cha­rak­te­ri­siert, von jenen, deren Leben von zwie­lich­ti­gen Bank­ge­schäf­ten zer­stört wurde. Eher im Neben­satz wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass nicht alle Bank­an­ge­stell­ten zwin­gend gewis­sen­los sind. Den­noch ver­an­schau­licht „Leichte Beute“ auch ein­drück­lich, wie aus frü­he­ren Opfern Täter wer­den kön­nen. Dabei bleibt ein ein­deu­ti­ges mora­li­sches Urteil jedoch aus, obwohl die Täter iden­ti­fi­ziert wer­den und Kom­mis­sa­rin Taba­res Selbst­jus­tiz ankrei­det. Denn das Geschwo­re­nen­ur­teil liegt zum Schluss noch in der Zukunft und wird nicht als gesi­chert angesehen.

„Leichte Beute“ wird von einer ein­lei­ten­den „Gebrauchs­an­wei­sung“ des Autors und Zeich­ners beglei­tet, in der er auf die Hin­ter­gründe der Geschichte ein­geht und seine per­sön­li­che Mei­nung durch­klin­gen lässt. Die Gra­phic Novel ver­zich­tet dar­auf, unter­schied­li­che Sei­ten zu beleuch­ten, was in der Kürze auch über­haupt nicht mach­bar wäre. Migue­lanxo Prado prä­sen­tiert einen span­nen­den Krimi, der sich auf das Schick­sal der soge­nann­ten ‚klei­nen Leute‘ konzentriert.

Leichte Beute. Migue­lanxo Prado. Aus dem Spa­ni­schen von André Höche­mer. Carl­sen. 2018. Erhält­lich in der Buch­hand­lung dei­nes Vertrauens.

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