Von Hexen und Geheimnissen

by Bücherstadt Kurier

Lange hat Emma geglaubt, dass es ihr Ziel wäre, einen guten Ehe­mann zu fin­den und sich in die Gesell­schaft ein­zu­fü­gen. Doch dann ent­deckt sie, dass es Hexe­rei gibt. Sätz­chen­bä­cke­rin Daniela hat Alyx­an­dra Har­veys „Eis­kal­ter Atem“ gelesen.

Emma und ihre Cou­si­nen Gret­chen und Pene­lope sind Debü­tan­tin­nen der obe­ren Schicht in Lon­don und genervt von all den Vor­schrif­ten. Als auf einem Ball ein Feuer aus­bricht und ein Gewit­ter wie geru­fen auf­zieht, beginnt es merk­wür­dig zu wer­den. Dann wird auch noch ein Mäd­chen tot auf­ge­fun­den, deren Kör­per von einer Schicht aus Eis über­zo­gen ist. Was hat das alles mit Emma zu tun? Und warum tritt gerade jetzt Cor­mac wie­der zurück in ihr Leben, wo sie ihn doch für immer ver­ges­sen wollte?
„Eis­kal­ter Atem“ von Alyx­an­dra Har­vey spielt in einem par­al­le­len Lon­don des 19. Jahr­hun­derts, in dem Magie keine Fik­tion ist. Wäh­rend im Pro­log schnell klar wird, dass die Magie auf einer Form von Hexe­rei basiert, folgt die Haupt­hand­lung lange dem Weg der sieb­zehn­jäh­ri­gen Emma, die keine Ahnung von Magie hat.

Kein roter Faden

Das führt dazu, dass nach dem schnel­len Ein­stieg zunächst auf lan­gen Stre­cken die Hand­lung still steht. Es rei­hen sich bis zum letz­ten Drit­tel des Buches Sze­nen anein­an­der, die kei­nen roten Faden besit­zen. Die ein­zel­nen Sze­nen sind meis­tens in sich unter­halt­sam – es gesche­hen immer wie­der span­nende Dinge wie Ver­fol­gungs­jag­den oder Angriffe auf jeman­den. Doch immer wie­der fragt man sich: Warum pas­siert das alles? Wie sind die ein­zel­nen Ereig­nisse mit­ein­an­der ver­knüpft? Was hat das mit dem Tod des Mäd­chens vom Anfang zu tun?
Die Ant­wort ist ein­fach: Nichts. Die Sze­nen bauen nicht auf­ein­an­der auf. Es gibt keine Erklä­rung dafür und keine Kon­se­quen­zen. Jede Szene steht für sich und dient nur dazu, zu unter­hal­ten oder wei­tere Ein­bli­cke in die Welt zu geben. Sie las­sen einen fra­gend und unbe­frie­digt zurück.
Diese Zusam­men­hang­lo­sig­keit spie­gelt sich auch im Schreib­stil wider. Auf der einen Seite gibt es aus­schwei­fende Beschrei­bun­gen, die den Ton und die Atmo­sphäre der Szene ein­fan­gen, dann gibt es wie­der Stel­len, an denen der Schreib­stil flach und plump wirkt. Die auf­ge­baute Stim­mung kippt augen­blick­lich. Wirk­lich solide ist das Buch damit weder in Hand­lung noch in Stil. Es zeigt jedoch immer wie­der gute Ansätze und vor allem: Es unter­hält auf leichte Art und Weise, die man nicht hin­ter­fra­gen muss.

Vor­her­seh­bar

Keine Frage, das Buch macht stel­len­weise wirk­lich Spaß, aller­dings über­wie­gen gerade gegen Ende die Sze­nen, in denen wenig pas­siert. Dass die Hand­lung vor­her­seh­bar ist, macht es nicht bes­ser. Ab etwa der Mitte des Buches, sobald die Haupt­hand­lung wie­der auf­ge­nom­men wird, ist klar, wie es aus­ge­hen wird. Die Ent­hül­lun­gen sind nicht beson­ders über­ra­schend und man fragt sich, wieso die Haupt­per­so­nen so lange brau­chen, um etwas her­aus­zu­fin­den, was dem Leser bereits nach weni­gen Hin­wei­sen klar ist.

Ein­fa­che Charaktere

Die Prot­ago­nis­tin ist größ­ten­teils sym­pa­thisch und man folgt ihr gerne. Anders jedoch zu ihrem männ­li­chen Pen­dant. Der männ­li­che Prot­ago­nist hat in dem Buch auch einen eige­nen Erzähl­strang, aller­dings pas­sen seine Hand­lun­gen nicht zu dem Ver­hal­ten, das er in Emmas Erzähl­strang an den Tag legt. Bei ihr ist er immer nur der coole Typ und weiß alles und kann alles, wäh­rend er in sei­nem eige­nen Erzähl­strang erfri­schen­der­weise Gefühle an den Tag legt. Das macht seine Hand­lun­gen jedoch für den Leser nicht nach­voll­zieh­bar. Man lernt ihn durch seine Abschnitte ken­nen, in allen ande­ren han­delt er jedoch schein­bar wider sei­nem Cha­rak­ter oder lässt sich kei­ner­lei Schwä­che anmer­ken. Dadurch bleibt er in sei­ner ein­di­men­sio­na­len Rolle als Love Inte­rest und die Lie­bes­ge­schichte ent­wi­ckelt kei­ner­lei Span­nung. Auch die Neben­cha­rak­tere blei­ben ihren Rol­len treu und erschei­nen des­halb oft wie Papp­auf­stel­ler: Die Mut­ter, die Tante. Sie wir­ken alle­samt austauschbar.

Hoch­wer­ti­ger Umschlag

Abseits des Inhalts ist bei die­sem Buch der Umschlag löb­lich zu erwäh­nen. Er besteht aus einem fle­xi­blen Hard­co­ver, das selbst in Taschen das Buch gut schützt, kratz­fest ist und beim Lesen den Ein­druck eines fes­ten Umschlags macht. Außer­dem gibt es ein Lesebändchen.

Kurz­wei­li­ger Spaß

Für Fans der his­to­ri­schen Fan­tasy ist das Buch eine schöne Abwechs­lung von der klas­si­schen Fan­tasy, die oft­mals im Mit­tel­al­ter ange­sie­delt ist. Die Ideen sind inter­es­sant und die ein­zel­nen Sze­nen in der ers­ten Hälfte in sich span­nend zu lesen. Jedoch über­wie­gen die Schwä­chen des Buches, wie die Vor­her­seh­bar­keit, eine Lie­bes­ge­schichte, die keine Span­nung zwi­schen den recht ein­di­men­sio­na­len Prot­ago­nis­ten erzeu­gen kann und ein Stil, der immer wie­der holp­rig wird. So bleibt es bei einem kurz­wei­li­gen Spaß, des­sen Geschichte viel zu schnell ver­ges­sen ist.

Eis­kal­ter Atem. Alyx­an­dra Har­vey. Über­set­ze­rin: Ann-Kath­rin Kar­schnick. Papier­ver­zie­rer. 2014.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr