Von leblosen Figuren und Whitewashing: Die Legende von Aang Themenreihe: Goldene Himbeere

by Zeichensetzerin Alexa

„Die Legende von Aang“ erhielt die Gol­dene Him­beere in fünf Kate­go­rien: der schlech­teste Film, die schlech­teste Regie, der schlech­teste Neben­dar­stel­ler (Jack­son Rath­bone), das schlech­teste Dreh­buch und die schlech­teste 3D-Umset­zung. Ich habe mich nicht davon abschre­cken las­sen und den Film den­noch geschaut. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Feuer, Was­ser, Erde, Luft – in der Welt, in der „Die Legende von Aang“ spielt, kön­nen die Men­schen diese Ele­mente bän­di­gen. Doch nur einer ist in der Lage, sie alle zu beherr­schen: der Ava­tar. Die­ser wird immer wie­der gebo­ren, zuletzt im Kör­per von Aang. Er ist 12 Jahre alt, als er spur­los ver­schwin­det. 100 Jahre ver­ge­hen, bis Katara und ihr Bru­der Sokka ihn zusam­men mit sei­nem Bison im Eis fin­den und ihn befreien. Hier beginnt Aangs Geschichte.

Vom Zei­chen­trick zum Realfilm

„Die Legende von Aang“ basiert auf der Zei­chen­trick­se­rie „Ava­tar – Der Herr der Ele­mente“. Dass ein Film anders funk­tio­niert als eine Serie mit meh­re­ren Staf­feln und die Hand­lung ver­än­dert sein kann, ist mir bewusst gewe­sen. Wich­ti­ger war mir des­halb die ori­gi­nal­ge­treue Umset­zung der Cha­rak­tere und die Dar­stel­lung der Welt, in der die Geschichte spielt. Ich bin mit kei­nen gro­ßen Erwar­tun­gen an die­sen Film her­an­ge­gan­gen, denn ich habe bereits viel Schlech­tes über den Real­film gehört. Nicht nur wegen der Aus­zeich­nung mit der Gol­de­nen Him­beere, son­dern auch weil der Film im Bekann­ten­kreis kei­nen guten Ruf hat. „Der kommt nicht an die Serie heran!“, hörte ich. Und: „Tu dir das nicht an. Das ist Zeit­ver­schwen­dung.“ Ich bilde mir gerne selbst ein Urteil, also nahm ich es in Kauf, mög­li­cher­weise meine Zeit damit zu verschwenden.

Ich frage mich, ob die Umset­zung als Real­film nicht von Anfang an zum Schei­tern ver­ur­teilt war, da sich der Witz der über­zeich­ne­ten Cha­rak­ter­mi­mi­ken und ‑hand­lun­gen aus der Zei­chen­trick­se­rie nicht eins zu eins auf Schauspieler:innen über­tra­gen lässt. Aber genau hier liegt die Stärke der Serie: mit indi­vi­du­el­len Cha­rak­te­ren, die sehr unter­schied­lich agie­ren und den­ken und sich auf diese Weise gegen­sei­tig berei­chern. Als Zei­chen­trick­fi­gu­ren über­zeu­gen sie mit ihren Eigen­schaf­ten, Mimi­ken und Ges­ti­ken. Das Über­trie­bene bringt Witz in eine Geschichte, die eine sehr ernste Hin­ter­grund­the­ma­tik beinhaltet.

Dies fehlt im Film gänz­lich. Die Figu­ren wir­ken platt und alle­samt aus­tausch­bar. Was ist mit dem ver­spiel­ten Aang pas­siert? Warum ist es ihm im Film plötz­lich nicht mehr wich­tig, Spaß zu haben, her­um­zu­al­bern und sich Quatsch aus­zu­den­ken? Wer ist diese Katara, die so gar nicht aus­sieht wie Katara? Ist das wirk­lich der Sokka, der sonst gerne Witze reißt? Und wo bleibt diese Wut und der Hass, die Ant­ago­nist Zuko ver­kör­pern sollte? Von all die­sen Eigen­schaf­ten ist im Film nichts zu spü­ren. Es hät­ten auch völ­lig andere Figu­ren sein kön­nen, die nichts mit der Zei­chen­trick­se­rie zu tun haben. Und damit hat der Film per se schon verloren.

Hallo White­wa­shing

Es gibt neben der Cha­rak­ter­dar­stel­lung noch einen Hau­fen wei­te­rer Ver­än­de­run­gen, die nega­tiv auf­fal­len. Ein zen­tra­ler Punkt ist das White­wa­shing: Obwohl die Cha­rak­tere in der Zei­chen­trick­se­rie alle­samt asia­ti­sche Züge und auf­grund unter­schied­li­cher Her­kunft ver­schie­dene Haut­töne haben, wird diese Dar­stel­lung im Real­film bei­nahe kom­plett igno­riert. Die feind­lich gesinnte Feu­er­na­tion ist die ein­zige mit einem dunk­le­ren Haut­typ und da fragt man sich schon, wes­halb das so ist. Wäh­rend die unter­schied­li­chen Haut­töne in der Zei­chen­trick­se­rie Diver­si­tät auf­zei­gen, wirkt die Dar­stel­lung in Hell (gut) und Dun­kel (böse) im Real­film rassistisch.

Was mir wei­ter­hin miss­fällt, ist die Ver­än­de­rung von Gene­ral Iroh, der im Real­film im Gegen­satz zur Zei­chen­trick­se­rie schlank ist. Von sei­ner gut­mü­ti­gen und ruhi­gen Art, die Prinz Zuko oft­mals zurück­ge­hal­ten hat, ist nichts zu mer­ken. Wo ist seine Lei­den­schaft fürs Tee­trin­ken und Paisho geblie­ben? Und auch hier wie­der: Keine Spur von Diversität.

Gekürzt, gestri­chen, verändert

„Die Legende von Aang“ bedient sich zwar der Geschichte aus der Zei­chen­trick­se­rie, es wurde jedoch an so vie­len Stel­len her­um­ge­bas­telt, dass der Film auch unab­hän­gig von der Serie betrach­tet wer­den könnte. Die Cha­rak­tere sind anders, man­che wur­den kom­plett weg­ge­las­sen, die Hand­lung ist ver­än­dert und die asia­ti­schen Kul­tu­ren kom­men nicht mehr zur Gel­tung. Ist das Bän­di­gen noch eine Anleh­nung an ver­schie­dene Kampf­künste? Was bedeu­tet Bän­di­gen in die­ser Welt über­haupt? Wel­chen Wert haben die vier Ele­mente und wie funk­tio­nie­ren sie? Hätte ich den Film geschaut, ohne die Serie vor­her gese­hen zu haben, wäre der Film für mich nur einer die­ser 0815-Fan­ta­sy­filme, in denen Men­schen mit Ele­men­ten zau­bern können.

Fai­rer­weise muss man dazu­sa­gen, dass in „Die Legende von Aang“ ledig­lich das erste Buch „Was­ser“ behan­delt wurde und somit zwei wei­tere Teile feh­len. Die Geschichte ist also noch nicht abge­schlos­sen und die Ver­mu­tung liegt nahe, dass ursprüng­lich eine Tri­lo­gie geplant war. Nach­dem sich die­ser Film als Flop her­aus­ge­stellt hat, kann man sich aber den­ken, wes­halb nie­mals eine Fort­set­zung erschie­nen ist.

Net­flix-Real­se­rie

Net­flix kün­digte eine Real­se­rie an, die auf der Zei­chen­trick­se­rie basiert. Geplant war eine Zusam­men­ar­beit mit den Schöp­fern der Zei­chen­trick­se­rie Michael Dante DiM­ar­tino und Bryan Konietzko, die kürz­lich aller­dings ihren Rück­tritt bekannt gaben. Die Dinge hät­ten sich nicht wie erhofft ent­wi­ckelt, wie DiM­ar­tino in sei­nem offe­nen Brief schrieb:

„Net­flix said that it was com­mit­ted to hono­ring our vision for this retel­ling and to sup­por­ting us on crea­ting the series. And we expres­sed how exci­ted we were for the oppor­tu­nity to be at the helm. Unfor­tu­n­a­tely, things did not go as we had hoped.“ (www​.micha​eld​an​te​dim​ar​tino​.com)

Das ist bedau­er­lich und die Befürch­tung groß, dass auch diese Adap­tion zum Flop wird. Gespannt bin ich dennoch.

Fazit: Ver­diente Gol­dene Himbeere?

Noch­mal zur Erin­ne­rung: „Die Legende von Aang“ erhielt die Aus­zeich­nung in fünf Kate­go­rien. Ich stimme zu, dass der Neben­dar­stel­ler Jack­son Rath­bone (Sokka) nicht über­zeu­gend gespielt hat, andere Mit­wir­kende hät­ten die­sen Preis jedoch genauso ver­dient. Alle nega­ti­ven Punkte, die ich auf­ge­führt habe, las­sen sich mit einem schlech­ten Dreh­buch und einer schlech­ten Regie erklä­ren – und das allein reicht schon für den Stem­pel „schlech­tes­ter Film“. Ein­zig zur 3D-Umset­zung kann ich nichts anmer­ken, da ich sie nicht gese­hen habe.

Mein Fazit also: Ja, „Die Legende von Aang“ hat die Gol­dene Him­beere zu Recht bekom­men, vor allem, wenn man den Film mit der Zei­chen­trick­se­rie ver­gleicht. Hätte diese nicht als Vor­lage gedient, würde weni­ger auf­fal­len, was schief gelau­fen ist. Dann hätte der Film mög­li­cher­weise bes­sere Chan­cen gehabt.

Die Legende von Aang. Regie & Dreh­buch: M. Night Shy­a­malan. Dar­stel­ler: Noah Rin­ger, Dev Patel, Jack­son Rath­bone, Nicola Peltz u.a. Para­mount Pic­tures. 2011.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #Gol­de­ne­H­im­beere. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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